Baubürgermeister Odszuck wirbt für die Wolfsgärten
Jürgen Odszuck hält die diskutierten Standorte PHV und Airfield für ungeeignet. Die neue SPD-Standort-Idee Nordwest-PHV sei "weit weg von jeglicher Realität".

Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Die Heidelberger entscheiden am 11. April darüber, ob das Ankunftszentrum für Geflüchtete in die Wolfsgärten zieht. Die Verwaltung wirbt für die Verlagerung – und beim Bürgerentscheid aufgrund der Fragestellung damit für ein "Nein". Die Stadt ist der Ansicht, in dem Wieblinger Gewann eine vorbildliche und menschenwürdige Landeserstaufnahmeeinrichtung bauen zu können. Diese Überzeugung machte Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck im Rahmen eines Pressegesprächs am Montag in der Pfaffengrunder "Maulbeeranlage" noch einmal deutlich.
Dass das Gespräch in einer Kleingartensiedlung stattfand, liegt an deren besonderem Umfeld. Die Anlage am westlichen Rand des Stadtteils Pfaffengrund ist nur durch eine Schallschutzmauer von der Autobahn A5 getrennt. Beim Vor-Ort-Termin ist der Autolärm zwar nicht zu überhören, allerdings kann man sich auch unter Einhaltung des Mindestabstands gut verständigen. Seit 1972 gibt es den Kleingartenverein an der Oberen Rödt. Die Gärten würden durchgängig verpachtet, erzählt Michael Segner, der die Geschicke der Anlage leitet. Gerade zu Beginn der Pandemie im letzten Sommer seien die Parzellen besonders nachgefragt gewesen, heute erhalte der Verein ein bis zwei Anfragen in der Woche. "Die Menschen", sagt Segner, "verbringen hier gerne ihre Freizeit."
Eine Freizeitanlage an der Autobahn – für Bürgermeister Odszuck ein gutes Beispiel, dass auch an Standorten in unmittelbarer Nähe zu Verkehrsachsen "eine sehr gute Aufenthaltsqualität geschaffen werden kann". Die Wolfsgärten liegen zwischen einer Bahntrasse und einem Zubringer, der von der A656 auf die A5 führt. Auf diesem Zubringer fahren laut Odszuck 7000 Fahrzeuge pro Tag. Im Vergleich zu anderen bewohnten oder freizeitlich genutzten Gebieten, die unmittelbar in Straßennähe liegen, sei das wenig. So werde die Vangerowstraße in Bergheim täglich von 36.000 Fahrzeugen befahren, die "Maulbeeranlage" im Pfaffengrund passierten auf der A5 jeden Tag sogar 70.000 Fahrzeuge – und damit zehn Mal so viele wie bei den Wolfsgärten.
"In den Wolfsgärten wäre die Situation also noch sehr viel besser als hier" so Odszuck. Wie die Kleingartensiedlung sollen dem Bürgermeister zufolge auch die Wolfsgärten eine Lärmschutzwand erhalten, die die Verkehrsbelästigung für die Bewohner verringert. Die Stadt kann sich verschiedene Lösungen für den Schallschutz vorstellen, etwa einen begrünten, bis zu acht Meter hohen Erdwall – zum Vergleich: Der Schallschutz der "Maulbeeranlage" ist geschätzte drei bis vier Meter hoch. Den größten Erfolg hinsichtlich des Lärmschutzes bringe aber immer "eine Kombination von Maßnahmen", so Odszuck.
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So könnten auch die Form der Gebäude und deren Anordnung zum Schallschutz beitragen. Die Stadt schlägt vor, das Ankunftszentrum in Holzmodulbauweise zu errichten. Die einzelnen Bauten könnten auf lärmschonende Weise platziert werden, sagte Odszuck. "Indem man zum Beispiel die Unterkünfte, in denen die untergebrachten Personen schlafen, mit den Verwaltungsgebäuden von der Lärmquelle abtrennt."
Odszuck sagte, es gebe drei gute Gründe, warum die Wolfsgärten als Standort "prädestiniert" seien. Erstens sei das Gewann im Flächennutzungsplan als Siedlungsfläche ausgewiesen, zweitens sei es bereits im Besitz der Stadt. Und drittens plane man einen ökologischen Neubau, der genügend Raum für Freizeitflächen lasse. Der Bürgermeister erinnerte zudem daran, mit einem Ankunftszentrum in den Wolfsgärten lediglich umsetzen zu wollen, womit der Gemeinderat ihn beauftragt habe. Und er bekräftigte: "Wir haben den Willen, etwas Gutes daraus zu machen."
Odszuck verneint PHV und Airfield
Kurz vor dem Bürgerentscheid am 11. April hat die Heidelberger SPD vorgeschlagen, das Ankunftszentrum künftig im Nordwesten von Patrick-Henry-Village (PHV) unterzubringen. Für Bürgermeister Jürgen Odszuck ist diese Idee "weit weg von jeglicher Realität". Das sagte er bei einem Pressegespräch in der Pfaffengrunder "Maulbeeranlage". Der Wunsch der SPD widerspreche der Beschlusslage des Gemeinderats. Dieser hatte im Sommer 2020 für den "Dynamischen Masterplan" von Stadt und Internationaler Bauausstellung (IBA), also für die Entwicklung von Heidelbergs 16. Stadtteil in PHV, gestimmt – und zugleich eine Verlagerung des Ankunftszentrums auf die Wolfsgärten beschlossen.
Gegen den Nordwesten von PHV sprechen laut Odszuck mehrere Punkte. So seien dort laut Masterplan Frischluftschneisen vorgesehen. Die Bestandsbauten, die der SPD zufolge der Unterbringung der Geflüchteten dienen könnten, seien für eine Nachnutzung, "völlig ungeeignet", sagte der Bürgermeister. "Sie gehören zu den ältesten und schlechtesten Gebäuden auf PHV." Ob man die Gebäude aufstocken könne, wie es die SPD vorschlug, sei "mehr als fraglich". Wegen der speziellen Raumstruktur müsste man dort zudem acht Personen in einem Zimmer unterbringen, um auf die gewünschte Zahl von 2000 Bewohnern zu kommen. "Der Vorschlag entspringt reinem Wunschdenken", sagte Odszuck.
Genauso wenig kommt für ihn das Airfield als Standort für ein Ankunftszentrum infrage. Der Verein Urban Innovation hatte den alten US-Flugplatz in Kirchheim ins Spiel gebracht. Odszuck verwies auch hier auf einen Beschluss des Gemeinderats, wonach Stadt und IBA auf dem Airfield einen Landwirtschaftspark entwickeln sollen.