Rund 130 Menschen begleiten sie jedes Jahr an deren Lebensende: Frank Schöberl, Jule Schneider und Annedore Tepperberg (v.l.) vom Hospiz Louise. Foto: Alex
Von Maria Stumpf
Heidelberg. Hospizarbeit heißt, Menschen mit einer unheilbaren Erkrankung in der Zeit ihres Sterbens in einer respektvollen Weise zu begleiten. Es ist Hilfe beim Sterben, nicht zum Sterben. Das Heidelberger Hospiz Louise in der Weststadt ist seit Jahrzehnten ein Ort, wo man dem Leben nicht mehr Tage gibt, sondern der verbleibenden Zeit mehr Leben. "Geborgenheit und Sicherheit suchen unsere Gäste", sagt Frank Schöberl, der Leiter des Hauses. In Corona-Zeiten ist das eine besondere Herausforderung.
Etwas mehr als 30 Hospize gibt es in Baden-Württemberg, die Heidelberger Einrichtung wurde 1992 als fünftes Haus dieser Art in Deutschland von einer Ordensschwester des benachbarten Sankt Josefskrankenhauses gegründet. Pro Jahr gibt es laut Schöberl rund 300 Anfragen. Überwiegend würden die Gäste aus den Krankenhäusern der Stadt in das Hospiz entlassen, es gebe aber auch private Anfragen aus ganz Deutschland. Hospizbewohner seien meist Tumor- oder Herzpatienten. "Wir könnten theoretisch auch Corona-Patienten aufnehmen. Das war bislang aber nicht nachgefragt und wäre letztlich etwas schwierig wegen der Isolation."
19 Pflegekräfte arbeiten in Teilzeit hauptberuflich in der Kaiserstraße, dazu kommen zwölf ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. In der Region gibt es außer dem "Hospiz Louise" ähnliche Einrichtungen in Mannheim, Ludwigshafen, Bensheim, Wiesloch und Speyer. In Ilvesheim wurde kürzlich ein Tageshospiz eröffnet. Darüber freut sich Frank Schöberl sehr. "Dieses Angebot ist ganz im Sinne der Idee einer Hospizbegleitung. Denn die meisten Menschen wollen ja zu Hause sterben." Viel Not wäre vermeidbar, wenn die "eigentliche Hospizarbeit mehr nach draußen" getragen würde. "Letzte Hilfe" heißt deshalb ein öffentliches Kursangebot im Hospiz Louise, das demnächst für Angehörige auch online abrufbar sein soll. Ein virtueller Rundgang durchs Haus, der über Angebote im Hospiz informiert, ist schon freigeschaltet.
Viel Behaglichkeit empfangen die Gäste und deren Angehörige derweil auf allen Etagen, familiär ist die Atmosphäre. Acht Zimmer hat das Haus. "In der Regel können wir den Heidelberger Bedarf damit decken", meint Schöberl. "Rund 130 Menschen begleiten wir pro Jahr bei ihrem Lebensende." Was suchen seine Gäste besonders? "Vertrauen, Nähe und Sicherheit. Das muss dann auch mit Maske und Hygieneregeln gehen, so wie in anderen Pflegeeinrichtungen auch." Im Alltag der Pflegenden helfen inzwischen Corona-Schnelltests. Und: Angehörige müssen sich zwar für Besuche anmelden, für die Sterbebegleitung gibt es jedoch gesetzliche Ausnahmeregelungen für den Zeitrahmen. "Wir schicken niemanden nach zwei Stunden weg. Wer Verantwortung hat, muss Risiken abwägen."
In der großen Wohnküche rund um den geschmückten Weihnachtsbaum ist derweil nichts los in diesen Tagen. "Leider sind wegen Corona alle Gäste auf ihren Zimmern", erklärt Hospiz-Mitarbeiterin Jule Schneider. "Sonst sitzen hier bis zu 20 Leute und es geht ihnen gut dabei."
Die Corona-Pandemie habe den Alltag der Bewohner schon sehr verändert, sagt sie. Für Sterbende und Angehörige sei Kommunikation essenziell. "Ich stehe da und kann noch nicht einmal die Hand geben zur Begrüßung." Eigentlich nehme sie die Menschen gerne mal in den Arm, tröste und streichle sie. "Das ist schwierig geworden mit Abstand und Maske. Gerade bei Schwerstkranken ist das aber doch so wichtig."
Als kleine Hilfe steckt jetzt ein Ansteckbutton mit ihrem Gesicht am Revers. "Damit mich die Leute wenigstens erkennen. Und wir reden sehr viel mehr als früher. Mit Stimme und Tonfall lässt sich auch viel ausdrücken." Es bleibt aber, so Jule Schneider, die Hoffnung auf das Jahr 2021: "Es wird wieder besser."
Info: Hospiz Louise, Kaiserstraße 21, Heidelberg, Telefon: 06221 / 526520, www.hospiz-louise.de