Waseem Butt (3. v.l.) und Ursula Hummel (3. v.r.) mit Studentinnen und Studenten des "Cothm College" in Lahore. Foto: privat
Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Taliban, Extremismus, Steinigungen, Naturkatastrophen: Taucht der Name Pakistan in den Medien auf, dann oft im Zusammenhang mit Begriffen wie diesen. Auch Ursula Hummel, Lehrerin an der Heidelberger Hotelfachschule, hatte anfangs so ihre Vorurteile. "Ich wusste nicht, ob ich als Frau alleine nach Pakistan fahren soll." Sie rief Stadtrat Waseem Butt an. Kurze Zeit später sagte der zu ihr: "Ich komme mit."
Einige Wochen zuvor ist Hummel Gast einer internationalen Konferenz führender Hotelfachschulen. Dort spricht sie mit Ahmed Shafiq, Leiter des "Cothm College of Tourism and Hotel Management" im pakistanischen Lahore. Er erzählt Hummel, dass seine Absolventen allesamt gut ausgebildet seien, viele von einer Karriere in Europa träumten. Hummel - sie engagiert sich seit vielen Jahren mit Projekten wie "Cook Your Future" für die Integration von Geflüchteten und Migranten in den hiesigen Arbeitsmarkt - wird sofort hellhörig. Kurze Zeit später sitzt sie gemeinsam mit Butt beim pakistanischen Botschafter in Frankfurt.
"Für mich war das auch alles wie Neuland", erzählt Butt. "Der war anfangs total nervös", lacht Hummel. Die beiden kennen sich aufgrund ihres lokalen Engagements schon länger. Butt wuchs selbst in Pakistan auf. Doch es ist fast 30 Jahre her, dass er das letzte Mal dort war. Dem Medienrummel um den Besuch der beiden Heidelberger tut das keinen Abbruch. Schon vor dem Abflug am Flughafen in Frankfurt wartet ein Fernsehteam auf Butt und Hummel. Die Begeisterung über einen, der es "in Germany" geschafft hat, ist groß. Vor Ort empfängt sie Martin Kobler, der deutsche Botschafter. Das Ziel ihrer Reise - pakistanische Fachkräfte für Deutschlands Gastronomie- und Hotelgewerbe zu gewinnen - stößt schnell auf Anklang.
Die Heidelberger besuchen Schulen und Universitäten, geben Interviews, besichtigen Sehenswürdigkeiten, lernen Land und Leute kennen. Eine Reise, die beide tief beeindruckt hat. "Diese Offenheit der Menschen dort hat mich umgehauen", sagt Hummel. Etwa, dass viele Frauen in den Städten keinen Schleier tragen. Dass Konzerte in Moscheen veranstaltet werden. Oder dass die Menschen dort ganz offen über Dinge wie Transsexualität sprechen. "Es gibt so viel Positives in Pakistan", sagt Butt. "Leider erfährt man davon in den Medien hierzulande nichts."
Der Stadtrat und die Lehrerin möchten daran etwas ändern. "Wir wollen einen Beitrag leisten zur Völkerverständigung", sagt Butt. In der Praxis sieht das so aus: Im Rahmen eines Pilotprojektes bereitet sich derzeit eine Gruppe von zehn angehenden pakistanischen Gastronomen - fünf Frauen und fünf Männer - auf ein Leben in Deutschland vor.
Ab April sollen sie dann bei Heidelberger Gastronomen in die Lehre gehen. Für Hummel eine klassische "Win-win-Situation": "Europa ist ein alternder Kontinent. Hier fehlen Fachkräfte." In Pakistan dagegen gebe es viele junge, gut ausgebildete Menschen, die sich zudem nicht zu schade für die Gastronomie seien.
Aber auch kulturell möchte Butt etwas auf den Weg bringen. So plant der Stadtrat eine Kooperation der Städte Heidelberg und Lahore im Rahmen des Netzwerks "Unesco City of Literature". Das liegt für Butt sozusagen auf der Hand. Denn: Muhammad Iqbal, Dichter, Philosoph und "geistiger Gründer" Pakistans, studierte einst am Neckar. "Heidelberg", so Butt, "war seine absolute Lieblingsstadt".