Kamingespräch: Alt-Oberbürgermeisterin Beate Weber-Schuerholz (l.) tauschte sich mit Stefanie Jansen, der künftigen Sozialbürgermeisterin der Stadt, aus. Nach Webers Abgang 2006 ist Jansen die erste Frau, die es wieder in ein Bürgermeisteramt schaffte. Foto: ani/RNZ-Repro
Von Anica Edinger
Heidelberg. 14 Jahre hat es gedauert – ab dem 23. Januar 2021 ist es wieder so weit: Eine Frau wird in der Riege der sonst ausschließlich männlichen Stadtoberen mitmischen. Stefanie Jansen (SPD) ist ab dem neuen Jahr Dezernentin für Familie, Soziales, Bildung und Chancengleichheit. Sie ist dann die zweite Frau, die es nach ganz weit oben geschafft hat in der Heidelberger Stadtverwaltung. Als Frau noch höher schaffte es vor Jansen nur Beate Weber-Schuerholz, die von 1990 bis 2006 Oberbürgermeisterin in Heidelberger war – und damit die erste Frau in Baden-Württemberg, die dieses Amt bekleidete. Grund genug für die Heidelberger SPD und die SPD-Fraktion im Gemeinderat, ihre beiden Frauen in Top-Positionen einmal zusammenzubringen.
"Stefanie meets Beate" – Stefanie trifft Beate – hieß das Online-Format, das am Donnerstagabend auch aus einem weiteren Anlass stattfand: Beate Webers 50-jähriger Mitgliedschaft in der SPD. Wie sie denn ihren Start als Oberbürgermeisterin in Heidelberg erlebt habe, wollte Jansen wissen. "Heftig", sagt die heute 76-Jährige. Denn der Druck war hoch. "Ich durfte nicht scheitern." Als erste Frau im Ländle in einem solchen Amt seien alle Augen auf sie gerichtet gewesen. Und: "Am Anfang war es schon so, dass ein ziemlich großer Prozentsatz der Männer nur darauf gewartet hat, dass ich heulend aus dem Rathaus laufe." In der Wahlnacht sei sie mehrfach gefragt worden, ob sie denn glaubte, dass sie diese große Aufgabe überhaupt schaffen könnte.
Von solchen Erfahrungen kann auch Jansen berichten: "Ich wurde schon oft gefragt, ob ich denn Angst vor der neuen Aufgabe habe." Das sei doch irritierend, findet Jansen. Denn: "Ich bin sicher, dass niemand das gleiche einen Mann in meiner Situation fragen würde." Weber schüttelt den Kopf: "Nein, ganz sicher nicht." Die beiden Frauen sind sich sehr häufig sehr einig an diesem Abend.
Auch, wenn es um die Situation von Frauen in der Corona-Krise geht. "Es trifft wieder die Frauen, von denen erwartet wird, dass sie zu Hause bleiben", sagt Jansen. Dringend müsse dafür gesorgt werden, dass auch Männer Verantwortung für die Kinderbetreuung übernehmen. Im Amt wolle sie dafür sorgen, dass es auch in der Verwaltung attraktiver für Männer wird, Elternzeit zu nehmen und in Teilzeit zu arbeiten. "Das darf nicht immer auf Frauen minimiert werden", fordert Jansen.
Auch Weber-Schuerholz unterstreicht: "Es ist dramatisch mit Corona." Männer jedenfalls, da ist sie sich sicher, hätten schlicht kein Interesse an Themen wie Kinderbetreuung oder Sozialem im Allgemeinen, "weil es zu schlecht bezahlt wird". Deshalb müsse man auch daran arbeiten – und diese Tätigkeiten viel besser entlohnen. Weber-Schuerholz zeigt Artikel 3 des Grundgesetzes in die Kamera: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin", liest sie vor. Nur, die Gleichberechtigung: "Wir haben sie immer noch nicht." Deshalb findet Weber-Schuerholz: "Ohne Quote geht es nicht."
Solange die nicht kommt, will Stefanie Jansen das Thema Gleichstellung als Dezernentin im Kleinen in Heidelberg angehen. "Ich will genau hinschauen, was Frauen in manchen Situationen daran hindert, ihr Potenzial auszuschöpfen." Sich einmischen, die Stimme erheben, konzeptionell arbeiten: Das ist es auch, was Weber-Schuerholz am Job der Oberbürgermeisterin so liebte. "Mir hat das Riesenspaß gemacht", sagt sie. Mit fachlicher Kompetenz und Menschlichkeit schaffe man es auch als Frau, sich Autorität zu verschaffen, ohne autoritär zu sein. Und in Richtung Stefanie Jansen gab sich die Alt-Oberbürgermeistern zuversichtlich: "Das wird auch Dir gelingen."