Prof. Peter Leins ist begeistert von dem „Auwald“, der hier entstand. Fotos: Karin Katzenberger-Ruf
Von Karin Katzenberger-Ruf
Heidelberg. Es ist ein Großversuch der besonderen Art. Im Gewann Hühnerstein im Handschuhsheimer Feld, das jüngst in der Diskussion um den Masterplan Neuenheimer Feld eine entscheidende Rolle spielte, ließ die Universität im Februar 2001 zwei Erdhügel aufschütten: Rund 4000 Lkw-Ladungen Erdaushub, der bei Bauarbeiten des Universitätsklinikums angefallen war. Dabei handelte es sich um "Schluff", also eiszeitliches Material aus drei Metern Tiefe, frei von organischen Elementen. Welche Pioniere aus der Pflanzen- und Tierwelt werden sich als erste auf dem Gelände ansiedeln? Das war die zentrale Frage der Forschergruppe.
Rund einen Hektar groß ist das Areal, von zwei hölzernen Hochsitzen aus kann es überblickt werden. Prof. Peter Leins, seinerzeit Leiter des Instituts für Systematische Botanik und Pflanzenbiologie, begleitete das groß angelegte Experiment. Für ihn handelte es sich beim ersten Pressetermin damals um "reine Grundlagenforschung" und er freute sich über die Spuren, die Regenwürmer hinterlassen hatten. Heute, fast zwei Jahrzehnte später, ist der Wissenschaftler vom Laubmischwald begeistert, der auf der Fläche gewachsen ist. "Hier sieht es aus wie in einem Auwald", sagt er. Dabei liegt Leins’ besonderes Augenmerk auf den "Bastarden", die aus Zitterpappel und Silberpappeln hervorgegangen sind.
Auch Kreuzungen aus Zitter- und Silberpappeln wachsen hier. Fotos: Karin Katzenberger-RufWeiden, Eichen, Buchen, Robinien und Traubenkirschen haben sich auf dem einstigen Versuchsgelände ebenfalls angesiedelt. "Auf Dauer werden hier wohl nur die Buchen überleben", ist sich Leins aber angesichts des Klimawandels sicher. Noch immer wächst zu seinem Erstaunen Schilf an der Stelle, wo sich einst ein Teich befand. "Das war ein beliebter Platz für Wasservögel", erinnert er sich.
Singvögel und Schmetterlinge haben das Areal inzwischen erobert. Bei der Mini-Exkursion hoppelt sogar ein Hase den Hügel hoch. Weißdorn, Haselnuss und der blutrote Hartriegel bilden die Vegetation auf halber Höhe. Am Boden sind Pflanzen wie Hornklee oder Odermennig zu entdecken.
Vor knapp 20 Jahren bestand dieses Gelände nur aus zwei großen Haufen Erdaushub. Doch die Natur hat es sich im Rahmen des Großversuchs zurückerobert. Fotos: Karin Katzenberger-Ruf"Versuchsgelände – Betreten strengstens verboten" war auf Schildern zu lesen, als das Gelände noch von einem Maschendrahtzaun umgeben war. Erklärungen zum Großversuch lieferte eine Informationstafel. Schon seit Jahren ist das Gelände wieder frei zugänglich, die Hügel wegen der dichten Vegetation kaum noch zu erkennen. Als die Versuchshügel angelegt wurden, stand das Gelände im Gewann Hühnerstein noch als neuer Standort für den Botanischen Garten zur Disposition. Solche Planungen sind inzwischen begraben. Was immer aber der Masterplan für das Gelände bringt: Eine Bebauung wäre mit einer größeren Abholzungsaktion verbunden – und dem Verlust eines wertvollen Biotops.