Streicheleinheiten sind sehr wichtig: Manuela Pollok mit dem neuen Familienmitglied. Foto: bms
Von Maria Stumpf
Heidelberg. Um die Ecke wohnt jetzt ein kleiner Mops, die Nachbarn haben Hund Nacco aus Portugal als neues Familienmitglied aufgenommen und bei den Hundeschulen gab es in den vergangenen Monaten einen Anmelde-Boom: In der Corona-Pandemie mit Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen und Homeoffice haben viele Menschen reichlich Zeit, sich einem neuen tierischen Freund zu widmen. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Was für ein Glück: Elli hat Schwein gehabt. Der Pinscher-Mix kam vor wenigen Tagen mit einem Tiertransport aus Ungarn. Jetzt wohnt das Hündchen in Heidelberg bei netten Menschen. "Klingt kitschig, stimmt aber: Es war Liebe auf den ersten Blick", erinnert sich Manuela Pollok an ihre erste Online-Bild-Begegnung mit Elli vor wenigen Wochen. Die 60-jährige Heidelbergerin ist also auf den Hund gekommen – allerdings gehören sie und Ehemann Reiner Schmitt (64) nicht zu denen, die sich die Entscheidung für einen Hund leicht machten. Seit vielen Monaten schon war der Gedanke gereift. Jetzt ist die Sachbearbeiterin zu 80 Prozent im Homeoffice, der Ehemann geht zum Monatsende in Rente. "Eine Corona-Laune war der Hundekauf nicht, aber die Umstände haben es auf jeden Fall beschleunigt", bestätigt Manuela Pollok.
Elli hat Schwein gehabt. Der Pinscher-Mix kam vor wenigen Tagen mit einem Tiertransport aus Ungarn nach Heidelberg. Foto: bmsAls Vermittler für Ellis Adoption war die deutschlandweit agierende Tierschutzorganisation "Tierheimleben in Not" (T.I.N.) zwischengeschaltet, die mit Tierheimen in Ungarn zusammenarbeitet. Mitarbeiterin Nadine Herkert hat den Eindruck, dass die Nachfrage nach Hunden tendenziell in jüngster Zeit gestiegen ist: "Zurzeit fahren wir alle zwei bis drei Wochen Transporte nach Deutschland mit bis zu 30 Hunden an Bord. Im vergangenen Jahr waren wir nur alle vier bis fünf Wochen unterwegs."
Ob die neuen Besitzer langfristig Zeit und Lust haben, sich täglich zwei bis drei Stunden mit dem Hund zu beschäftigen, werde genau besprochen. "Wir fragen immer nach Plan B. Der gilt, wenn Homeoffice und die Corona-Einschränkungen mal vorbei sind", betont Herkert. Wie auch der Deutsche Tierschutzverband warnt sie in diesem Zusammenhang vor unseriösem Welpenhandel im Internet.
Während Hundeschulen und Tiervermittlungen also boomen, ist ein Ansturm auf das Tierheim der Stadt hingegen bisher ausgeblieben. "Die Nachfrage ist nicht unverhältnismäßig viel mehr als sonst", berichtet Mitarbeiterin Marita Bohrer. Offensichtlich ziehen es die meisten Menschen vor, ihren Hund anderswo zu kaufen. Das Tierheim an der "Speyerer Schnauz" ist für den Besucherverkehr zurzeit auch geschlossen.
Und die Einrichtung pflegt keine Kooperationen mit Tierheimen im Ausland. "Deshalb haben wir in der Regel nur abgegebene Hunde aus der Region und selten die niedlichen Welpen." Das Konzept sei wohl überlegt: "Es gibt genug Tiere von hier, die Hilfe brauchen. Wer Interesse hat, kann sich telefonisch gerne bei uns im Tierheim melden", sagt Bohrer.
Die neuen Hundebesitzer Manuela Pollok und Reiner Schmitt genießen inzwischen viel gemeinsame Zeit mit der vier Monate alten Elli. Der Hund kann schon an der Leine gehen, zeigt (meist) an, wenn er raus muss und freut sich lebhaft über sein neues Zuhause. Was für ein Glück – für alle Beteiligten.