Nur wenige Gaslaternen sind heute noch erhalten, die meisten in der Häusserstraße. Foto: Liselotte-Vortrag
Heidelberg. (bec) "Als Kind habe ich mich nicht für Eisenbahnen interessiert - das haben alle gemacht!", erinnert sich Klaus Gevatter. Er war schon als Junge "Gaslaternenfan". Die Begeisterung ist ihm geblieben und begleitet ihn sein ganzes Leben. Fünf Gaslaternen stehen um sein Haus, in der Freizeit kämpft er an der "Gaslichtfront" gegen das Aussterben der historischen Beleuchtungen.
"Trotz ihres historischen Wertes machen die Städte alles weiterhin platt, obwohl sie als technisches Kulturdenkmal verdient hätten, erhalten zu werden", klagt der Gaslichtliebhaber und wünscht sich, "dass sich die Bewohner über Gasbeleuchtung freuen". Viel Einsatz ist gefordert, um wenigstens einige Zeugen dieser frühen Industriekultur in Funktion zu erhalten. Zu diesem Zweck sind die Gaslichtliebhaber deutschlandweit vernetzt, sie unterstützen Bürgerinitiativen, die sich für die Erhaltung einsetzen, und informieren mit ihrer Zeitschrift "Der Zündfunke".
In der Apothekergasse leuchtet eine Gaslaterne. Allerdings nicht nur in der Nacht, sondern auch bei Tag. An diesem Morgen sind zwei Mitarbeiter der Stadtwerke mit einem Hubsteigerfahrzeug angerückt, um den Fehler zu beseitigen. Klaus Gevatter ist mit von der Partie; er unterstützt die Stadtwerke ehrenamtlich. Dazu trägt er nicht nur mit seinen Kenntnissen bei, er hat im Laufe der Jahre auch ein großes Lager von Ersatzteilen zusammengetragen, die immer schwerer zu beschaffen sind. Das hilft, die Geräte so weit wie möglich im Originalzustand zu erhalten.
Der Hubsteiger hebt Gevatter zusammen mit dem Mitarbeiter der Stadtwerke in die Höhe der ersten Etage, wo sie beginnen, die defekte Leuchte zu demontieren. Eine Frau schiebt ihr Fahrrad auf dem Gehweg vorbei: "Lassen Sie die Lampe bitte da!", ruft sie hinauf, weil es so aussieht, als wollten die beiden Männern die historische Beleuchtung ganz abschrauben - immerhin die letzte in der gesamten Altstadt. Aber nein. Sie wird repariert, überholt und abschließend mit "Leckfinder" auf Dichtigkeit geprüft. Jetzt kann sie den Altstädtern wieder heimleuchten wie seit den fünfziger oder sechziger Jahren, als das "Rech Modell Modern" in Heidelberg eingesetzt wurde.
Klaus Gevatter und ein Stadtwerke-Mitarbeiter bei der Gaslaterne in der Apothekergasse. Foto: Liselotte-Vortrag
Straßenbeleuchtung war in historischer Zeit keineswegs selbstverständlich. Wenn überhaupt, wurden Plätze und Gassen nur spärlich erhellt. Mit Raps- oder Rüböl betriebene Funzeln, Pechpfannen, Talglichter, Kienspäne und Kerzen flackerten und rußten in der Dunkelheit - und das auch nur von September bis April. Bei Mondschein entfiel selbst dieses Licht. Wer nachts auf die Straße musste, war gut beraten, eine Laterne mitzuführen. "Die Folge dieser primitiven Straßenbeleuchtung waren denn auch unzählige Beschwerden der Bürgerschaft, besonders der Bewohner der Seitenstraßen, über Vergehen gegen die Sicherheit und Sittlichkeit. Fast immer konnten bei den öfters vorkommenden Raufhändeln der Studenten die Täter unter dem Schutze der Dunkelheit entkommen", schreibt Dr. Karl Mitsch in seiner Darstellung der "Gemeinde-Betriebe der Stadt Heidelberg" von 1914.
Zu Beginn des 19. Jahrhundert führten London und Paris Gaslicht ein, auch in deutschen Städten kam es zunehmend zum Einsatz. Das Gas wurde aus Steinkohle gewonnen. In Heidelberg waren nach ersten Versuchen ab 1853 Gaslaternen in regulärem Betrieb, der Vertrag mit der Rheinischen Gasgesellschaft in Mannheim lautete über 300 Lichter, jede Gasflamme musste 14 Mal die Lichtstärke einer Stearinkerze geben. Anzünden und Auslöschen war Aufgabe des Laternenanzünders, ein Beruf, der ohne Antoine de Saint-Exupéry längst in Vergessenheit geraten wäre: Sein "Kleiner Prinz" macht bei der Reise durch das Weltall auf einem winzigen Planeten Station. Dieser ist Heimat eines ruhelosen Laternenanzünders. Weil sein Planet sich schnell dreht, muss er die Laterne ständig anzünden und auslöschen. Auf der Erde wurde der "Stangenmann" jedoch bald kaum mehr gebraucht. Eine "Druckwellenschaltung" besorgte das Ein- und Ausschalten.
Einem anderen Vertreter der Gaslaternen-Zunft hat Erich Mühsam ein literarisches Denkmal gesetzt: dem "Lampenputzer": Derselbe marschiert mit den Revoluzzern, bis diese beginnen, "zwecks des Barrikadenbaus" die Gaslaternen auszurupfen. Da macht er nicht mehr mit! Zu Hause schreibt er ein Buch "wie man revoluzzt und dabei noch Lampen putzt."
1964 wurden in Heidelberg 3365 Gasleuchten gezählt, danach ging der Bestand zurück. Heute sind einige Gaslaternen - nicht unumstritten - noch erhalten, die meisten in der Häusserstraße.