Die Wolfsgärten an der Eisenbahnlinie sind für das Ankunftszentrum im Gespräch. Foto: Welker
Von Denis Schnur
Heidelberg. Eine Stunde lang erklärten die Wieblinger Bezirksbeiräte am Dienstag, warum sie ein Ankunftszentrum in den Wolfsgärten – am Rand ihres Stadtteils – für falsch halten. Es ging um Flächenversiegelung, um Lärm und die Anbindung. Und dann platzte es aus Oberbürgermeister Eckart Würzner raus: "Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie sagen: Weil es direkt vor meiner Hütte ist."
Zwar war die Sitzung des Stadtteilgremiums, zu der gut 70 Gäste kamen, sonst ruhiger. Aber die Debatte, wohin die Landeseinrichtung verlagert werden soll, wurde kontroverser geführt als wenige Tage zuvor in Kirchheim. Das lag vor allem daran, dass Würzner auch in Wieblingen seinen Standpunkt deutlich machte ("Die Wolfsgärten sind der beste Standort, den wir anbieten können.") und die Bezirksbeiräte einen komplett anderen vertraten.
Denn wie schon vor 14 Monaten lehnten die Stadtteilvertreter die Wolfsgärten klar ab – mit 13 von 14 Stimmen bei einer Enthaltung. "Die sind für mich der schlechteste Standort", erklärte etwa Peter Kurilenko (Grüne). Schließlich müsste sowohl dort als auch am Gäulschlag wertvolle Ackerflächen versiegelt werden. "Das passt nicht zum Klimanotstand in Heidelberg." Regine Buyer (GAL) hatte sich die Wolfsgärten angesehen und befand: "Eigentlich möchte da kein Mensch wohnen." Den Vorwurf Würzners, sie wollten die Einrichtung bloß nicht in ihrer Nachbarschaft, wiesen die Räte klar zurück: "Jenseits der Autobahn ist nicht vor der Hütte – und darum geht es auch gar nicht", so Sabine Zimmermann (Grüne).
Unterstützung bekamen die Räte von Wieblinger Landwirten. Denn auch wenn die Wolfsgärten von einem Edinger Bauern bewirtet würden, träfe der Verlust der Fläche sie alle: "Wenn die Wolfsgärten weggehen, sind sie als Gewerbefläche verloren", erklärte Werner Welk. Komme dann ein Investor mit Flächenbedarf, würde vielleicht ein anderer Acker zum Gewerbegebiet umgewidmet: "Das ist die Befürchtung von uns Landwirten."
Für die Einwände der Bauern zeigte Würzner Verständnis: "Falls wir uns für die Wolfsgärten entscheiden, nehmen wir eine mögliche Gewerbefläche aus dem Flächennutzungsplan raus", versprach er. Denn neben den Wolfsgärten sind auch ein Areal am Marienhof sowie das Gewann Holzapfelbaum für Betriebe vorgesehen.
Weniger Verständnis hatte der OB dagegen für die Forderung der Bezirksbeiräte, das Ankunftszentrum in Patrick-Henry-Village zu lassen. Denn das Gremium forderte Stadt und Internationale Bauausstellung (IBA) auf, zu prüfen, ob das Zentrum sich nicht in den neuen Stadtteil integrieren lasse. "Warum soll eine gut funktionierende kleine Stadt neu gebaut werden?", fragte etwa Buyer. Und Zimmermann mutmaßte sogar, es gebe "finanzielle Gründe" dafür, dass man die Einrichtung nicht in PHV wolle – schließlich könnte sie Investoren abschrecken.
Es waren Äußerungen wie diese, die den Oberbürgermeister zu seinem Ausbruch trieben. "Ihr seid für PHV, weil ihr davon nicht betroffen seid", entgegnete er. "Aber wenn die Politik es sich so einfach machen würde, wäre nachhaltige Stadtentwicklung nicht möglich." Schließlich brauche Heidelberg Wohnraum – und den könne man in großem Stil nur in PHV schaffen. Und damit PHV als Stadtteil funktioniere, brauche es eine "kritische Masse", erklärte IBA-Direktor Michael Braum. "Mit 10.000 Einwohnern und 5000 Arbeitsplätzen planen wir schon am unteren Rand." Siedele man nun das Ankunftszentrum dort an, würde die Zahl der Bewohner um etwa 2000 sinken. "Dann würde ich der Stadt raten, auf weitere Überlegungen für den Stadtteil zu verzichten", betonte Braum. Denn dann entstünde nur "eine Wohnsiedlung, wie es unzählige andere in Deutschland gibt".
Würzner ging noch einen Schritt weiter: Biete man dem Land einen Verbleib auf PHV an, würde es vermutlich einfach die schon jetzt genutzten Gebäude behalten – und damit 30 Hektar blockieren statt der acht, die man in den Wolfsgärten anbieten wolle. "Wer denkt, das Land würde Millionen in die Hand nehmen, um innerhalb von PHV umzuziehen, der irrt", so der OB. Und falls doch, würde sich das Land kaum auf acht Hektar begrenzen, sondern eine deutlich größere Einrichtung bauen. Die Entwicklung des Stadtteils sei dann nicht möglich: "Dann ist das eine klare Entscheidung. PHV ist Ankunftszentrum, sonst nichts."