Markus Bender ist der neue Schuldekan des Katholischen Dekanats Weinheim-Heidelberg. Seine Einführung wird wegen der Corona-Krise auf Januar 2021 verschoben. Foto: Kreutzer
Von Marion Gottlob
Heidelberg. Erst nach harten Verhandlungen haben die Behörden in Rheinland-Pfalz den Lehrer Markus Bender nach Baden-Württemberg ziehen lassen: Sie verlieren einen engagierten Schulleiter – und die Region gewinnt einen Schuldekan für das Katholische Dekanat Heidelberg-Weinheim. Der verheiratete Vater eines vierjährigen Sohnes wird nun nicht mehr 130 Kilometer, sondern nur rund 30 Kilometer zwischen seinem Wohnort Leutershausen und Heidelberg pendeln.
Der neue Schuldekan ist Handballer und Fastnachter. Schon jetzt ist für ihn klar: "In Corona-Zeiten wird Fastnacht anders sein, aber es wird nicht ausfallen. Vielleicht wird man in Mini-Gruppen auf Feldern mit Lagerfeuer Fastnacht feiern. Aber – Fastnacht wird es geben."
Der Lehrer ist in der Fastnacht-Hochburg Östringen aufgewachsen. Seine Mutter war schwanger mit dem vierten Kind und er selbst war erst ein Jahr alt, als sein Vater als Fernkraftfahrer einen tödlichen Unfall hatte. Daraufhin zog sie die Kinder alleine groß und eröffnete später eine eigene Gaststätte.
Für die Mutter war wichtig: Jedes Kind sollte den Hauptschulabschluss machen und einen "ordentlichen" Beruf lernen. Als ihr Sohn Markus die Prüfung für das Gymnasium absolvieren wollte, durfte er nicht. Er setzte immerhin den Realschulabschluss durch und machte eine Ausbildung zum Energie-Elektriker. "Wir haben alle eine Ausbildung", so Bender.
Durch Zufall erfuhr er vom Erzbischöflichen Studienseminar St. Pirmin in Sasbach, wo Jugendliche das Abitur nachholen durften, um dann Theologie zu studieren. Bender bewarb sich und wurde angenommen. Der damalige Rektor war Joachim Dauer, der spätere Dekan der Katholischen Kirche Heidelberg-Weinheim. Diesen Mann rief der jugendliche Markus an: "Ich kann doch nicht kommen, ich habe eine Freundin." Joachim Dauer schätzte die Ehrlichkeit des Anrufers. "Er ermutigte mich, dennoch das Seminar zu besuchen." Und das tat er schließlich auch: Vier Jahre lang paukte Markus Bender für das Abitur, unter anderem Latein, Griechisch und Hebräisch. Anschließend begann er ein Studium an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg mit den Fächern Mathematik und Religion.
Er machte noch mehr: Der Handballer war bei den Rhein-Neckar Löwen (ursprünglich ein Östringer Verein) für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Plötzlich wurde er gefragt, ob er unter dem Trainer Juri Chevtsov in der Saison 2006/2007 Co-Trainer sein möchte. Er sagte zu: "Ein toller Job." Er erinnert sich: "Ich war früher mit dem Fahrrad zum Training geradelt. Jetzt war ich mit dem Flugzeug zu Spielen unterwegs."
Bender sammelte Erfahrungen im Umgang mit Profi-Spielern. Er lernte das Gefühl kennen, wenn die eigene Arbeit ständig im Fokus der Öffentlichkeit steht. Die Rhein-Neckar Löwen erreichten beim DHB-Pokal das Endspiel, bei dem sie sich nur gegen die Mannschaft aus Kiel geschlagen geben mussten.
Markus Bender kehrte zum Studium zurück und machte seinen Abschluss. Doch Stellen für Lehrer waren rar gesät. Was tun? Der patente Mann telefonierte sich durch und fragte nach einer Krankheitsvertretung. Ein Ansprechpartner unterbrach das Telefonat einfach. Was sollte das denn? Zehn Minuten später kam der Rückruf: Markus Bender erhielt keine Vertretung, sondern eine Stelle mit Beamten-Status in Nierstein. Hier eröffneten sich ihm viele Möglichkeiten, zum Beispiel der Besuch des Studienseminares Kaiserslautern und das Weiterstudium in Landau und Mainz. Es folgte eine steile Karriere zum Leiter der Fachoberschule. Er durfte am Aufbau der Fachhochschule mitwirken: "Ich konnte viel gestalten."
Noch als Student hat Bender für den SWR gearbeitet und tut es manchmal immer noch. Später machte er eine Ausbildung zum Schulseelsorger beim Bistum Mainz. Für das Pädagogische Landesinstitut in Koblenz hat er die Kurse "Medienbildung" und "Medien-Didaktik" betreut. Aus diesen Erfahrungen leitet er die Schwerpunkte für seine neue Tätigkeit ab: Digitalisierung im Bereich der Religion und Schulseelsorge.
Das Thema "Digitalisierung": Auch seine Schule in Nierstein wurde von der Corona-Krise überrascht. Doch es gab rasch ein einheitliches Online-Konzept für das Heimlernen für die ganze Schule. Schülern ohne eigenen PC stellte die Schule Geräte zur Verfügung. Für die Zukunft wünscht sich Bender nun, dass im Religionsunterricht Inhalte von traditionellen wie modernen Medien analysiert und reflektiert werden. Er möchte sich dafür einsetzen, dass digitale Möglichkeiten aus der Welt der Kinder und Jugendlichen genutzt werden, zum Beispiel die kostenlose Bibel-App.
Auch das Thema "Schulseelsorge" liegt ihm am Herzen: Schulseelsorger arbeiten überkonfessionell und sind an die Schweigepflicht gebunden. Sie sind keine Schulsozialarbeiter und keine Missionare, doch sie sind für Menschen in Not da und bringen zum Beispiel überkonfessionelle Feiern in den Schulalltag ein. Im Moment gibt es im Katholischen Dekanat Weinheim-Heidelberg nur fünf ausgebildete Schulseelsorger. Bender erklärt: "Das soll sich ändern."
Der neue Schuldekan wird auch als Oberstudienrat an der Julius-Springer-Schule in Heidelberg sein und Mathematik und Religion unterrichten. Er weiß, dass es die katholische Konfession im Moment nicht leicht hat. Zu den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs sagt er: "Wer Gesetze verletzt, muss zur Verantwortung gezogen werden." Aber er macht auch darauf aufmerksam, wie viel Gutes Menschen der katholischen Kirche tun: "Kirche ist Gemeinschaft, die auf Christus zurückgeht."
Aufgrund der Corona-Krise wurde seine offizielle Einführung auf Januar nächsten Jahres verschoben. Für ihn kein Problem. Bis dahin hat er sich vermutlich in alle Aufgaben eingearbeitet.