Studentin Martina Velmeden von der Hochschule Darmstadt entwarf das „Karlstor Filmkulturhaus“. Visualisierung: Velmeden
Von Anica Edinger
Heidelberg. Es ist ein heikles Thema. Dessen ist sich Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck bewusst. Es gibt noch keine politische Entscheidung oder gar Willensbekundung. Das angekündigte Bürgerbeteiligungsverfahren lässt auf sich warten. Und außerdem hat Oberbürgermeister Eckart Würzner längst Bedarf angemeldet – für die Räumlichkeiten des Karlstorbahnhofs, der sein jetziges Zuhause 2021 verlassen wird (siehe Hintergrundartikel links unten). Die Verwaltung brauche dringend mehr Platz, meldete das Stadtoberhaupt schon vor einigen Jahren an. Heute sagt Baubürgermeister Odszuck: „Ich wünsche mir eine öffentlichkeitswirksame Nutzung.“
Anlass für Odszucks klare Worte war jetzt eine Ausstellungseröffnung im Gumbelraum des Karlstorbahnhofs, zu dem das Medienforum, Betreiber des Karlstorkinos, geladen hatte. Insgesamt 34 Studenten und Studentinnen der Hochschule Darmstadt hatten sich im Sommersemester unter der Leitung von Prof. Kerstin Schultz mit der Nachnutzung des Gebäudes beschäftigt. Die Entwürfe von fünf Studentinnen sind nun noch bis Freitag im Gumbelraum und danach voraussichtlich im Hochbauamt zu sehen. Das jedenfalls versprach dessen Amtsleiter Harald Heußer, der auch zur Ausstellungseröffnung gekommen war – und sich begeistert zeigte von den Entwürfen der Studentinnen. Denn, so viel war herauszuhören: Auch Heußer sieht mehr als Verwaltung im jetzigen und dann ehemaligen Karlstorbahnhof. Bürgermeister Odszuck hatte angedeutet, dass sich das Gebäude am S-Bahnhof „Altstadt“ doch gut als Start- beziehungsweise Endpunkt der neuen Neckaruferpromenade, die derzeit geplant wird, eignen würde. „Man muss das in diesem Kontext sehen“, befand Odszuck. Und Heußer meinte: „Das wäre ein logischer Startpunkt.“
Für Claus Schmitt, Vorsitzender des Medienforums, muss das alles Musik in den Ohren gewesen sein. Schließlich hatten alle Entwürfe eines gemein: Sein Kino bleibt im Haus. Das Medienforum kämpft seit Jahren um den Verbleib seines Karlstorkinos am Karlstor. Anfangs hieß es noch, man wolle überhaupt nicht mit dem Kulturhaus in die Südstadt ziehen. Doch mittlerweile hat sich die Position geändert: Man werde natürlich gerne mit umziehen, wolle aber eine zweite Spielstätte in der Altstadt betreiben. Wie das funktionieren soll, will das Medienforum jetzt mit allen politischen Fraktionen im Gemeinderat besprechen. Ein „Zwei-Spielstätten-Papier“ liegt vor. Und es zeigt: „Unsere Idee ist realistisch“, sagt Schmitt. Auch finanziell.
Larissa Steckdaub, Martina Velmeden, Liza Rüger, Kim K. Wannemacher und Marlene Kleszewski (v.l.) von der Hochschule Darmstadt stellen in einer Ausstellung ihre Ideen für eine zukünftige Nutzung des Karlstorbahnhofs vor. Foto: Philipp Rothe
Die Entwürfe der Studentinnen kommen da gerade recht. Schließlich eint alle eines: Mit recht einfachen Eingriffen könnte dem Gebäude neues Leben eingehaucht werden. Wie beim Entwurf von Martina Velmeden, die erst einmal Kritik am Bestand übte: „Um ins Kino zu kommen, muss man an den Mülltonnen vorbei.“ Überhaupt herrsche im Karlstorbahnhof kein adäquates Ankommensgefühl und „keine innere Logik“, so Velmeden. Der Besucher müsse sehr viel Energie aufwenden, um sich im und außerhalb des Gebäudes zu orientieren. Später nannte Bürgermeister Odszuck diese Umstände „Geraffellage“.
In Velmedens Entwurf wird das alte Portal zum Karlstor hin reaktiviert und als neuer Haupteingang umfunktioniert. Auf dem Vorplatz könne man sich eine Außennutzung – auch gastronomisch – vorstellen und im Inneren sorgt eine neue, in Szene gesetzte Wendeltreppe dafür, dass alle Räume erreichbar sind, ohne einen Umweg über das Außengelände. „Karlstor Filmkulturhaus“ heißt ihr Entwurf. Und so würde nicht nur das Kino bleiben können, sondern auch ein Freilichtkino eingerichtet, eventuell könne das Internationale Filmfestival dort ein Zuhause finden.
Ein Café, ein Restaurant, eine Aufwertung des Außengeländes, Seminar- und Workshopräume und das Kino: All das sehen alle Entwürfe für die Zukunft des jetzigen Karlstorbahnhofs. Liza Rüger und Marlene Kleszewski bauen sogar eine Bar, die man vom Innen- in den Außenbereich ziehen könnte, Larissa Steckdaub will mit dunklen und hellen Kontrasten arbeiten und Kim Wannemacher kann sich eine neue Terrasse mit Sitzbänken vorstellen. All das seien tolle Anregungen, waren sich Heußer und Odszuck einig. Doch dabei wird es wohl auch bleiben. Denn, darauf wies die Stadt schon in der Einladung für die Ausstellung hin: „Die ausgestellten Studienarbeiten sind nicht Teil des Verfahrens.“
Info: Die Entwürfe für die Nachnutzung des Karlstorbahnhofs sind noch am heutigen Donnerstag und am morgigen Freitag im Gumbelraum im Karlstorbahnhof zu sehen.