Von Sara Wess
Heidelberg. Ich wasche den Spinat unter laufendem Wasser und verfrachte ihn dann in eine Salatschleuder, die so groß ist, dass sie die ganze Spüle füllt. Mit beiden Händen drehe ich an der Kurbel, einmal, zweimal, zwanzig Mal. Der Spinat scheint trocken. "Halt, du machst das nicht richtig", höre ich plötzlich hinter mir. "Warte, ich helfe dir." Ich trete zur Seite, Bubacar übernimmt. "Du musst fester schleudern", sagt er, und dreht an der Kurbel. "Damit der Spinat richtig trocken wird. Guck, so."
Buba stammt aus Gambia und ist einer der ehemaligen Teilnehmer des Integrationsprojekts "Cook Your Future". Unter der Leitung von Hotelfachschullehrerin Ursula Hummel, Koch Frank Nuscheler und Gerd Schaufelberger, Geschäftsführer der Jugendagentur, wurden bislang etwa 40 Geflüchtete während eines 16-wöchigen Kurses auf die Arbeit im Gastronomiegewerbe vorbereitet. Fast 80 Prozent der Teilnehmer konnten danach in die regionale Gastronomie, Hauswirtschaft oder Hotellerie vermittelt werden, so auch Bubacar.
Ein wichtiges Element des Ausbildungsprogramms stellen die beiden Caterings dar. "Den realen Betrieb kann keine Schulküche ersetzen", weiß Marcus Bellemann, Vorstand der Jugendagentur. Das Projekt lädt deshalb regelmäßig ein zu Festivitäten, die es den Teilnehmern ermöglichen, das Gelernte unter realen Bedingungen anzuwenden. Erstmalig kombiniert man das Catering in diesem Jahr mit einem zweitägigen Tandem-Kochkurs, und ich bin froh, dass Buba meinen Spinat-Fauxpas vor Koch Frank Nuscheler bemerkt. Dieser huscht ununterbrochen durch die Industrieküche der Marie-Baum-Schule, schaut über die Schulter, schmeckt ab und korrigiert Schneidetechniken.
Schnell fällt auf: Es sind meist wir, die elf deutschen Tandempartner, die Hilfe benötigen. Ein ungewohnter Perspektivenwechsel in einem Land, das für Behördendeutsch und Antragschaos steht. Hier in der Küche können alle voneinander lernen. "Elizabeth, was machst du, wenn dein Schneidebrett verrutscht?", fragt Nuscheler, während Elizabeth Gemüse schnippelt. Die Nigerianerin kichert, dann sagt sie: "Einen nassen Lappen drunter legen." Bisola fügt schnell hinzu: "Oder besser: Gummiringe!"
Auch sie stammt aus Nigeria. Die 35-Jährige hat am zweiten "Cook Your Future"-Kurs teilgenommen und unterstützt das Küchenteam heute bei der Vorbereitung des kulinarischen Abends. Das Projekt war für sie ein voller Erfolg: Im Palatin-Hotel in Wiesloch absolviert sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau.
Gemeinsam mit Elizabeth bereite ich die Masse für Kichererbsen-Kardamom Laddhu zu, eine Art indisches Konfekt. In der Küche herrscht ein wildes, aber dennoch geordnetes Treiben. Es gibt genügend Arbeitsbereiche, und eine Spülhilfe sorgt zudem dafür, dass immer saubere Töpfe und Pfannen vorhanden sind. Es duftet nach Kokos, Apfel und Kürbis. In der Mitte des Raumes brodelt ein Topf Gemüsebrühe. Wir selbst haben sie zubereitet, indem wir Küchenabfälle, die für gewöhnlich direkt im Müll landen, gesammelt und aufgekocht haben.
"In der Schale stecken oft die ganzen Nährstoffe", weiß Koch Nuscheler. Er will Projektteilnehmern und Tandempartnern nicht nur praktische Fertigkeiten vermitteln, sondern auch, möglichst sparsam mit Ressourcen umzugehen. "Wir haben das Glück, dass die meisten unserer Zutaten bio sind und wir deshalb fast alle Teile verarbeiten können." Beim Kontrollieren der Schneidetechniken prüft Nuscheler deshalb oft abgetrennte Anfangs- und Endstücke und kritisiert: "Hier hast du zu viel abgeschnitten." Während wir die Konfektmasse in einer Schüssel vermengen, bereiten die anderen Kokoscreme, Linsen-Dhal, Ananas-Dattel-Chutney und Falafel zu.
"Hier, probier mal", ruft Blaise mir zu, als ich gerade auf der Suche nach Safran für unser Laddhu bin. Mudassar reicht mir eine frittierte Kugel. Er war einer der ersten Teilnehmer von "Cook Your Future" und wird nun in der Küche des Heidelberger Schlosses zum Koch ausgebildet. "Schmeckt sehr lecker", sage ich, die beiden Jungs lächeln.
Wenig später teilen wir uns eine Arbeitsfläche, Mudassar schneidet, ich siebe 750 Gramm Puderzucker. Er fragt mich, was ich arbeite, wo ich wohne, ob ich meine Nachbarn kenne. Dann erzählt er von seiner Heimat, seiner Arbeit und dass er froh ist, am Projekt teilgenommen zu haben. Es sind Menschen wie Mudassar, wie Elizabeth und Bisola und Blaise und Buba, die die deutsche Gastronomie braucht und die das Projekt erfolgreich auf die Berufsausbildung vorbereitet. Das gemeinsame Kochen fördere den praktischen Spracherwerb, hatte Marcus Bellemann zu Beginn des Kochkurses gesagt. Ich finde, es fördert auch mich.
"Es hat mich sehr beeindruckt, wie die Kollegen arbeiten und was sie schon alles können", verkündet Tandempartner Kurt Henkensmeier, Koch und Ausbilder der BASF abends dann beim großen Empfang. Die Gäste sind zufrieden, die Kursteilnehmer auch. "Es war mir eine große Freude, mit diesem tollen Team arbeiten zu dürfen", fasst Frank Nuscheler zusammen. Dem kann ich mich nur anschließen.