Heidelberg

Baumverpflanzung sorgt für Streit und Verwirrung

Warum die Bäume in der Sickingenstraße weichen sollen, wussten auch die Verantwortlichen nicht so genau.

10.05.2022 UPDATE: 11.05.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 1 Sekunde
Weil die Wohnbebauung näher an die Sickingenstraße rücken soll, bleibt kein Platz mehr für die Bäume. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Die neun Bäume, die aus der Sickingenstraße eine Art Allee machen, sorgen seit Wochen für viel Streit und mindestens ebenso viel Verwirrung. Nun hat der Gemeinderat beschlossen, dass nördlich der Straße gebaut wird wie geplant – auch wenn das bedeutet, dass die stattlichen Bäume dort nicht stehen bleiben können. Sie sollen stattdessen möglichst innerhalb des Grundstücks umgepflanzt werden in der Hoffnung, dass sie die Prozedur gut überstehen.

Dabei hatten sich die Stadtverwaltung und die Bewohner der Südstadt eigentlich vor Jahren zusammengesetzt und geschaut, wie man möglichst viele der Bäume, die zum Großteil seit Jahrzehnten auf dem Areal stehen, erhalten kann, wenn aus dem Kasernen- ein ziviles Wohngebiet wird. Doch immer wieder kam es zu Problemen, wurden Bäume gefällt, die eigentlich stehen bleiben sollten – mal weil sie bei Bauarbeiten beschädigt wurden, mal weil sie krank waren, mal weil sie falsch in Plänen eingezeichnet waren.

Im Fall der Bäume in der Sickingenstraße wussten aber selbst die Verantwortlichen gar nicht so genau, woran es eigentlich lag. Im Konversionsausschuss betonten Baubürgermeister Jürgen Odszuck und Oberbürgermeister Eckart Würzner noch, dass die geplante Verbreiterung der Straße den Wurzelraum der Pflanzen einnehmen werde und sie deshalb nicht stehen bleiben könnten. Auf Nachfrage von Stadtrat Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) erklärten dagegen Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain und Annette Friedrich, Leiterin des Stadtplanungsamtes, im Gemeinderat, dass es nicht an der Straße liege, sondern an der geplanten Neubebauung.

Weiler-Lorentz wollte deshalb umplanen: Er forderte, die Bauflucht um drei bis vier Meter nach Norden zu verschieben, um so die Bäume erhalten zu können: "Sie sind wichtig für das Kleinklima, haben eine positive psychologische Wirkung auf Bewohner und Menschen, die dort arbeiten, und tragen zur Identifikation mit dem Quartier bei." Entsprechend müsse man endlich anfangen, Bebauungspläne an Bestandsbäumen auszurichten – und nicht den Baumbestand an den Plänen.

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Wirklich widersprechen wollte dem Bunte-Linke-Rat da niemand. Die anderen Gemeinderäte und die Stadtspitze bedauern ebenfalls, dass die Bäume nicht an ihrem angestammten Ort bleiben können. Aber sie wollen dafür nicht neu planen: "Wenn wir jetzt das Baufenster verkleinern, geht das zuungunsten des ambitionierten wohnungspolitischen Programms, das wir für die Südstadt beschlossen haben", betonte etwa SPD-Fraktionschefin Anke Schuster. "Da ist sowieso alles auf Kante genäht." Entsprechend wurde der Bunte-Linke-Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt, der Bebauungsplan klar bestätigt.

Jedoch machten etwa die Grünen deutlich, dass sie die Pläne nur mittragen, weil kurzfristig beschlossen wurde, die Bäume umzusiedeln, statt zu fällen. "Sonst hätten wir ablehnen müssen", erklärte Stadträtin Ursula Röper. Und auch die Linke stimmte nur "mit größten Bauchschmerzen" zu, wie Sahra Mirow betonte. Dass wieder einmal Bäume der Bebauung zum Opfer fielen, sei ärgerlich: "Das müssen wir künftig deutlich besser einplanen."

Ort des Geschehens

Um zumindest die Transparenz zu erhöhen und Bezirksbeiräten, Stadträten und Bürgern die Chance zu geben, frühzeitig zu erkennen, welche Bäume gefällt werden, sprach sich der Gemeinderat einstimmig für einen Antrag der Grün-Alternativen Liste aus. Die forderte, dass in Bebauungsplänen auch für Laien auf den ersten Blick erkennbar sein muss, welche Bäume stehen bleiben – und welche wegsollen.

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