Karl Kischka starb am Montag mit 95 Jahren in der Wohnung über seinem Lokal. Foto: Rothe
Heidelberg. (hö). Im Alter von 95 Jahren starb in der Nacht zum Montag der legendäre Altstadt-Wirt Karl Kischka, der in den siebziger Jahren zusammen mit dem Anfang 2018 verstorbenen Nils Kroesen zu den Schrittmachern eines modernen Heidelberg-Tourismus wurde. Kischka gehörte zu der Spezies von besonders überzeugten, da "reingeplackten" Heidelbergern, die sich nicht nur über die Maßen in der lokalen Geschichte auskennen, sondern sich auch für das Gemeinwesen engagieren. Kischka wurde vor 50 Jahren zweiter Vorsitzender des reaktivierten Verkehrsvereins - der soll in Kürze ganz abgewickelt werden -, ein Jahr später stieß Kroesen als dessen Chef dazu. Dieses "Dream Team" schaffte den Wandel des Heidelberg-Images - weg von der lange dominanten Burschenherrlichkeit hin zum Schwerpunkt Romantik.
Kischka wurde am 8. März 1924 in Breslau geboren. Seine Frau Ruth - sie hatten sich in einem Lazarett kennengelernt - heiratete er 1946, über Dresden, Jena und Mainz kamen sie 1950 nach Heidelberg, und hier fand der promovierte Philosoph und Germanist Kischka zu seiner wahren Bestimmung: Er eröffnete das Hotel "Diana" in der Rohrbacher Straße, er leitete sogar in den späten Sechzigern den Jazzclub "Cave". Etwas vorher hatte er eine der ältesten Diskos der Stadt, den "Club 1900" (Hauptstraße), gegründet - und damit war er räumlich ganz nah an seinem Lebenswerk, dem "Güldenen Schaf", das er 1974 übernahm. Aus dem einstigen Stammhaus der Heidelberger Brauerei machte er die erste Erlebnisgastronomie der Stadt: Da gab es nicht nur deftige Speisen, Kischka führte als redegewandter Conférencier seine Gäste durch die Kurpfälzer Geschichte; und da er mit vielen Talenten gesegnet war, begleitete er sich gern auf uralten Leiern und Lauten: "Wir haben alle Musikinstrumente, die in der Liedersammlung Codex Manesse auftauchen, in einer Vitrine aufbewahrt", sagt Tochter Claudia Kischka - und ihr Vater konnte alle spielen. In all den Jahren machte er nur eine Woche Urlaub, denn am wohlsten fühlte er sich in Heidelberg: "Er wollte nie mehr zurück nach Breslau", erinnert sich seine Tochter, "hier war seine Heimat." Ein Grund, weswegen sich Kischka für den Erhalt des Stadtbilds in Zeiten der Altstadt-Sanierung verkämpfte.
Die Gebrechen des Alters ertrug Kischka mit großer Würde ("Enkel sind eine der wenigen Vorteile des Alters"), der Tod seiner Frau Ruth 2007 traf ihn schwer: "Seine Hauptheimat war seine Frau", sagt Claudia Kischka. Ab Januar ging es ihm immer schlechter, Anfang dieser Woche schlief er im Kreise seiner Familie ein. Er wird am Mittwoch, 29. Mai, um 10.30 Uhr auf dem Bergfriedhof beerdigt. Und so erinnert sich seine Tochter Claudia an ihn: "Er war ein liebevoller Familienmensch, ein gerechter und hilfsbereiter Chef und ein streitbarer Heidelberger."