Sorgenvoll blicken die Karnevalisten angesichts der Corona-Pandemie in die Zukunft: Ob 2021 der jährliche Rathaussturm (hier ein Archivfoto aus dem Jahr 2013) möglich ist, weiß heute noch niemand. Foto: Stefan Kresin
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Müssen die Karnevalsveranstaltungen in der kommenden Saison ausfallen, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn meint? Für die Heidelberger Fastnachter kommt diese Diskussion zur Unzeit. Während die Perkeo-Gesellschaft bereits im Frühjahr alle Saalveranstaltungen für die Kampagne 2020/2021 abgesagt hat, wollen die anderen Vereine im Heidelberger Karneval Komitee (HKK) noch abwarten. Über eine mögliche Absage könne man auch noch zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.
> Das Heidelberger Karneval Komitee (HKK) hat eine klare Meinung: "Fastnacht kann man nicht absagen, das ist Brauchtum, kommt aus unserer Tradition und steht im Kalender", sagt Präsident Wolfgang Heindl. Das Komitee prüfe derzeit, ob und in welchem Maße närrische Veranstaltungen wie Prunk- oder Seniorensitzungen oder auch der Fastnachtszug unter Hygieneregeln stattfinden könnten. "Die Entscheidungen dazu wird das HKK in der zweiten Septemberhälfte in Absprache mit der Stadt Heidelberg treffen", sagt Heindl.
> Die Kurpfälzer Trabanten geben sich kämpferisch. "Die komplette Fastnacht werden wir sicherlich nicht abblasen", sagt der Vorsitzende Hans-Günther Schwab und denkt dabei vor allem an die Eröffnung der Kampagne am 11. November am Hauptbahnhof und die Verleihung der Jahresorden. "Wenn irgendetwas machbar ist, werden wir es tun", so Schwab. Das sei man insbesondere den vielen jungen Leuten schuldig, die sich im Fanfarenzug oder in der Tanzgarde engagieren. "Lieber sollen sie in einem halb vollen Saal auftreten und wir machen Verluste, als dass wir wegen einer Absage viele Vereinsmitglieder verlieren." Falls man die Corona-Notbremse ziehen müsse, könne man das auch noch im Dezember tun, ist Schwab überzeugt
> Bei der Karnevalsgesellschaft der Polizei (KGP) ist der Tanzsport das bestimmende Element. Sitzungspräsident Marco Jäger hat die Saalfastnacht für sich schon abgeschrieben. "Wir haben alles abgeklärt. Sollte sie abgesagt werden, haben wir keinen wirtschaftlichen Schaden." Auftritte für die Tanzgarden werde es aber auch in der kommenden Kampagne geben – und sei es nur intern. "Die Fastnacht und den Ballermann in einen Topf zu werfen, das finde ich nicht gut", so Jäger. Bei uns geht es um Brauchtumspflege und Jugendarbeit. "Das wird eine Kampagne der anderen Art", sagt Jäger. Aber immerhin: Es werde eine Kampagne. Für Schwimmbäder, Theater und Konzerte habe man sich ja auch etwas überlegt.
> Die Pfaffengrunder Karnevalsgesellschaft (PKG) hält ebenfalls vorerst an den gemieteten Terminen im Gesellschaftshaus fest. "Und wenn es nur im kleinen Kreis mit den eigenen Mitgliedern ist – irgendetwas wird stattfinden", ist Heidi Ehrhard, Leiterin der PKG-Geschäftsstelle überzeugt. Sie bedauert vor allem, dass ihr Verein das närrische 66-jährige Jubiläum nicht in gebührendem Maße feiern kann.
> Der Heidelberger Carneval Club Blau-Weiß (HCC) will ebenfalls noch abwarten. "Alles ausfallen zu lassen, ist nicht die richtige Alternative", sagt Sitzungspräsident Detlev Barbis. Kreative Konzepte seien gefragt, Er spricht zum Beispiel von einem "Fasching to go". So ähnlich mache es man schon im September, beim Sommerkarneval mit kleinen Auftritten vor Seniorenheimen. Ein Auftritt des Fanfarenzugs und ein paar Sketche seien so mit Sicherheitsabstand drin. Und die Bewohnerinnen und Bewohner könnten vom Balkon aus zuschauen..
> Für die Ziegelhäuser Karnevalsgesellschaft (ZKG) ist die Diskussion verfrüht. "Ich verstehe nicht, warum das jetzt im August Thema wird", sagt Sitzungspräsident Alexander Föhr. Der Bundestagskandidat und Parteifreund von Jens Spahn kritisiert den Gesundheitsminister: "Warum hat er das jetzt losgetreten? Diese Angelegenheit entscheiden doch sowieso die Länder." Ob Karneval oder Weihnachtsmärkte – Föhr ist dafür, Veranstaltungen stattfinden zu lassen, wenn sie irgendwie möglich sind. Bei der Diskussion müsse man die Betroffenen mit einbeziehen.
> "Perkeo" Thomas Barth hat Verständnis für Spahn. Schließlich hat er für seine Perkeo-Gesellschaft vorsorglich alle größeren Veranstaltungen abgesagt. "Der Schritt ist in meinen Augen vernünftig, ob ich das schon jetzt im August mache oder erst in vier Wochen, ist unerheblich." Dass die Politik noch nicht alles verboten hat, liegt in seinen Augen an der Gegenwehr der großen Karnevalshochburgen wie Köln, Düsseldorf oder Mainz. "Das ist eine richtige Wirtschaftsmacht." Nach seinen Erfahrungen ist aber kaum jemand dagegen, dass es aller Voraussicht nach in dieser Saison keine größeren Fastnachtveranstaltungen geben wird. Ganz verzichten will aber auch Perkeo nicht. Karneval soll stattfinden – und sei es nur in Form von kurzen Internetvideos.