Von Denis Schnur
Heidelberg. Eigentlich wäre das Ehepaar Krauth gerade in Frankreich. Doch weil in diesem Sommer vieles nicht so läuft, wie es geplant war, sitzen die beiden Rentner am Donnerstagnachmittag in Kirchheim neben ihrem Wohnmobil. "Ich bin Risikopatient. Deswegen wollten wir nicht ins Ausland", erklärt Klaus Krauth. Also machen es die Schwaben wie so viele in diesem Jahr: Heimat statt Ausland, "Deutschlandtournee statt Tour de France", wie Monika Krauth sagt. So fuhr das Ehepaar den deutschen Westen ab, von der Mosel, zum Rhein und jetzt am Neckar entlang zurück in Richtung Aulendorf im Kreis Ravensburg.
Möglich macht es ihr Wohnmobil, unter dessen Markise es sich die beiden mit Hündin Elly gemütlich gemacht haben. Damit fahren sie von Stellplatz zu Stellplatz, entdecken Deutschland neu. "Bisher war das alles wunderschön", betont Monika Krauth. Und auch wenn die beiden ihren Caravan schon lange besitzen und damit mehrmals im Jahr verreisen, lagen sie damit noch sie so im Trend wie in diesem Corona-Sommer. Auch in Heidelberg macht er sich bemerkbar.
Camper-Ärger am Neuenheimer Neckarufer
Kamera: Vanessa Dietz / Interviews und Produktion: Reinhard Lask
Rechtzeitig zu den Ferien hat vor drei Wochen der Wohnmobil-Stellplatz im Harbigweg eröffnet. Das Fahrzeug der Krauths ist am Donnerstag eines von gut 15. Sie kommen aus ganz Deutschland, wie die Kennzeichen verraten. Von den 50, die dort maximal hinpassen, ist man noch weit entfernt, doch Betreiber Oliver Lechner ist zufrieden: "Das wurde auf Anhieb sehr gut angenommen", erklärt er.
Dass das Areal trotzdem noch nicht ausgebucht ist, liegt vor allem daran, dass es noch keine Wasserver- und -entsorgung für die Wohnmobile gibt – die wird erst in den nächsten Wochen fertig. Zwar kostet die Nacht deshalb derzeit nur zehn statt 20 Euro. Außerdem bietet Lechner neben einem schönen Biergarten und der guten Straßenbahnanbindung in die Innenstadt mit einer großen Toilette und einem Gartenschlauch Abhilfe bei dem Wasserproblem – aber einige Caravan-Fahrer schreckt das wohl trotzdem ab.
„Wenn es nicht mehr schön ist, ziehen wir weiter“: Das Ehepaar Krauth aus Ravensburg vor seinem Wohnmobil. Foto: Philipp Rothe"In unserer Handy-App stand, dass der Platz noch nicht fertig ist", berichtet auch Klaus Krauth. "Uns stört das nicht groß, aber manche andere offenbar schon." Denn alle anderen Anlagen, die das Paar in den letzten zwei Wochen angefahren habe, seien komplett voll gewesen. "Nur hier nicht. Das ist eigentlich schade – bei dem schönen Plätzchen." Doch jetzt, an dem heißen Wochenende und mit dem Ferienstart, wird sich das ändern, ist Lechner überzeugt.
Dabei will ihm aber auch die Stadtverwaltung helfen – und stärker gegen die Wohnmobilisten vorgehen, die ihre Fahrzeuge in Neuenheim unterhalb der Ernst-Walz-Brücke abstellen. Bislang war das der Caravan-Hotspot in Heidelberg. Und auch am Donnerstagabend standen dort knapp zehn Wohnmobile aus allen Teilen der Bundesrepublik.
Erlaubt war das Campen am Neckarufer aber eigentlich nie. Eine Nacht darf man in Heidelberg auf öffentlichen Parkplätzen in seinem eigenen Auto übernachten, länger nicht. Doch bislang verfolgt das der Gemeindevollzugsdienst in Neuenheim eher halbherzig. Viele Fahrzeuge, die am Donnerstagabend dort stehen, waren auch am Mittwoch schon vor Ort und auch am Freitag noch zu sehen. Das soll sich ändern, wie ein Sprecher der Stadt ankündigt: "Das Haltverbot in dem Bereich wird ab sofort stärker kontrolliert – mit dem Ziel, dass in der verlängerten Uferstraße zukünftig gar kein Wohnmobil mehr parkt." Man werde in den kommenden Wochen beobachten, wie sich die Lage entwickele, und behalte sich weitere Maßnahmen vor.
Dem Ehepaar Krauth kann das egal sein. Sie stehen schließlich auf der legalen Alternative in Kirchheim – und sind damit rundum zufrieden. Nach einem ruhigen Nachmittag am Donnerstag auf der Anlage ging es für die beiden Rentner und das Hündchen am Freitag in die Stadt und heute nach Hause – zumindest ist das der Plan, aber: "Wir bleiben so lange es schön ist. Und wenn es nicht mehr schön ist, ziehen wir weiter", sagt Klaus Krauth. Mit dem Wohnmobil sei man schließlich so flexibel. "Den Vorteil haben wir."