Am Freitagabend störte die Antifaschistische Initiative massiv eine Veranstaltung der AfD - hier Hauptredner Maximilian Krah am Mikrofon. Nach 45 Minuten beendete die Partei von sich aus die Veranstaltung. Foto: privat
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Am Freitagabend sprengte die Antifaschistische Initiative eine Veranstaltung der AfD in der Stadtbücherei. Eigentlich sollten der Dresdener Maximilian Krah und der Heidelberger Bundestagskandidat Malte Kaufmann zum Thema "Die CDU ist das Problem (und nicht die Lösung)" sprechen. Beide traten im vergangenen Jahr aus ihrer alten Partei aus und in die AfD ein. Doch zu Reden mit anschließender Diskussion kam es nicht. Schon als der Sprecher des AfD-Kreisverbandes Heidelberg, Klaus Blanck, das Mikrofon ergriff, um das Publikum zu begrüßen, wurde er niedergeschrien und -gepfiffen, ständig wurden Papierschnipsel geworfen. Auch später sollte es keinem Redner der Partei gelingen, halbwegs ungestört reden zu können. Krah versuchte gut zehn Minuten, gegen Sprechchöre der Aktivisten anzukommen, aber es half alles nichts.
Nur als eine Besucherin aus dem Publikum, die offenbar nicht zum Kreis der Antifaschistischen Initiative gehörte, ein Gedicht ("Wen es trifft") von Hilde Domin vortrug - schließlich fand die AfD-Veranstaltung in dem nach ihr benannten Saal der Stadtbücherei statt -, kehrte so etwas wie Ruhe ein. Doch schon, als Stadtrat Matthias Kutsch sprechen wollte - schließlich hatte er als CDU-Mitglied ein Interesse am eigentlichen Thema des Abends -, wurde er fast genauso niedergebrüllt wie die Vorredner von der AfD. Schließlich wurde die Veranstaltung nach einer Dreiviertelstunde abgebrochen.
Für Michael Csaszkóczy von der Antifaschistischen Initiative hatte diese Form des Protests ein Vorspiel: Am 12. Mai hatte am selben Ort bei der Veranstaltung "Ein Jahr AfD im Landtag" der Saaldienst seiner Gruppierung, aber auch zwei Journalisten sowie Kommunalpolitikern, den Zutritt verweigert. Später griff die Polizei ein und entfernte Protestierer aus dem Saal. Im Nachhinein gab es eine erregte Debatte darüber, ob die Partei nicht die Stadt getäuscht hätte, indem sie in einem öffentlichen Gebäude eine geschlossene Veranstaltung abgehalten hätte.
Das war am Freitag nicht der Fall. Vor der Stadtbücherei hatten gut 200 Antifa-Aktivisten protestiert, und sie kamen nach einer Taschenkontrolle alle in den Saal, in dem dann die AfD-Anhänger in der Minderheit waren. Csaszkóczy sieht die Form des Protests für gerechtfertigt; "Wer öffentlich auftritt, muss mit Kritik umgehen können." Man sei auch nicht unbedingt gekommen, um mit dieser Partei öffentlich zu argumentieren: "Die AfD ist nicht Teil des öffentlichen Diskurses, ihr argumentativ zu begegnen, halte ich für falsch." Im Übrigen werde man auch weiterhin "jedes öffentliche Auftreten der AfD nicht unkommentiert lassen".
Das sieht Simon Schroeder anders: Der Politikstudent organisiert die pro-europäischen "Pulse of Europe"-Versammlungen auf dem Uniplatz: "Ich halte einen Protest gegen die AfD grundsätzlich für richtig, aber er sollte sich in einem inhaltlich-demokratischen Rahmen bewegen. Auch die AfD hat ein Recht auf Meinungsäußerung." Er war selbst am Freitag in der Stadtbücherei und zeigte sich "zusammen mit den gemäßigten Protestierern schockiert", wie alles ablief: "Eine inhaltliche Auseinandersetzung ist besser als solch ein destruktiver Protest. Und so liefert man der AfD wieder einen Vorwand, das auszuschlachten."
Tatsächlich meldete sich die AfD schnell zu Wort und erklärte die Stadtbücherei zur "No-Go-Zone", da dort "die Linken regierten". AfD-Kandidat Malte Kaufmann, der nach eigenen Angaben auf dem Weg zum Saal "unter Polizeischutz durch einen wütenden Mob eskortiert" werden musste, sagte: "Unsere Gegner haben sich besser entlarvt und besser diskreditiert, als wir es je hätten tun können." Und im Übrigen sehe er sich in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verletzt.
Auch Matthias Kutsch hätte gerne diskutiert, allein schon um "die AfD inhaltlich stellen zu können". Ihm als Stadtrat "war daran gelegen, in einem städtischen Gebäude demokratisch und zivilisiert diskutieren zu können". Aber die Antifa-Aktivisten "wollten ein emotionales Zeichen setzen, diese Form des Protestes war absolut unreflektiert". Für Kutsch hat sich "die Antifa auf dasselbe Niveau begeben wie der Trillerpfeifenprotest gegen Angela Merkel am Dienstag auf dem Uniplatz: Das sind zwei Beispiele, wie Auseinandersetzung in einer Demokratie nicht funktionieren sollte".
Auch wenn der Protest extrem laut war - aggressiv oder gar gewalttätig war er nicht. Auch die Polizei schritt nicht ein. Nach Aussage von AfD-Stadtrat Matthias Niebel hätte sie dafür mehr Personal anfordern müssen. "Das nächste Mal werden wir wohl räumen lassen müssen", sagte Niebel. Er drückte noch dem Hausmeister 20 Euro für die Putzfrau in die Hand, denn die Partei musste den städtischen Saal nicht sauber machen: "Der war total zugemüllt, alles voller Papier."