Was Experten vom künftigen Ankunftszentrum erwarten
Die Bürgerinitiative diskutierte mit Experten über die Anforderungen an ein Ankunftszentrum. Vor allem Begegnungsräume seien dabei wichtig.

Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Die Heidelberger entscheiden am 11. April darüber, ob auf den Wolfsgärten in Wieblingen ein neues Ankunftszentrum entsteht. Das Bündnis für Ankunftszentrum, Flüchtlinge und Flächenerhalt (BAFF), das diesen Bürgerentscheid initiiert hat und gegen eine Verlagerung auf die Wolfsgärten ist, lud am Donnerstagabend zu einer Online-Diskussion ein. Dabei ging es um die Frage, welche Anforderungen ein Ankunftszentrum erfüllen muss – und wer über diese Anforderungen entscheiden darf. Die Moderatorinnen Dorothee Hildebrandt und Mia Lindemann vom BAFF hatten verschiedene Experten aus Wissenschaft, Politik und Stadtgesellschaft zu Gast.
> Die Wissenschaftlerin: Christina West ist Vorsitzende des Vereins Urban Innovation und arbeitet an der Hochschule Darmstadt zur "Zukunftsorientierten Stadtentwicklung". Sie berichtete von Erfahrungen des "Reallabors Asylsuchende", im Rahmen dessen sie mit Geflüchteten arbeitete und forschte. Bei der Frage, wie man in Zukunft leben wolle, geht es für sie vor allem um das "Urbane", das Miteinander. Und Miteinander bedeute, auch mit denjenigen zu reden, die noch nicht lange in einer Stadt seien, die aber Visionen für ihre Zukunft hätten und diese mitgestalten wollten. "Warum dürfen Menschen, die da sind, nicht auch mitentscheiden, wie Stadt aussehen soll, wie Stadt sich entwickeln soll, wie vielleicht auch ein Ankunftszentrum aussehen soll?", so West.
Einen Standort-Favoriten für ein Ankunftszentrum wollte West sich nicht entlocken lassen. Doch warf sie die Frage auf, warum so ein Ort erst entwickelt werden müsse, wenn es schon entwickelte Orte gebe. Gerade vom Patrick-Henry-Village (PHV) wisse man, dass dieser Ort funktioniere. Nach dem 11. April, sagte West, müsse "alles noch einmal sehr genau angeguckt werden".
> Die Engagierten: Hans-Herrmann Büchsel beschäftigte sich früh ganz praktisch mit dem Thema Geflüchtete. Er war einer der Ersten, die sich für die 2015 entstandene Initiative "Kirchheim sagt Ja!" engagierten, eine Arbeitsgruppe, die sich stadtteilbezogen Flüchtlings- und Asylfragen widmet. Aus den damaligen Erfahrungen lasse sich kein Rückschluss ziehen, welcher Ort der beste für ein Ankunftszentrum sei, sagte Büchsel. Er empfahl jedoch, dass es auch künftig formalisierte Möglichkeiten wie einen Runden Tisch oder eine Bürgersprechstunde gebe, um womöglich auftretende Probleme zu benennen und zu lösen.
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Heidi Flassak engagiert sich für das Café Talk, eine gemeinsame Einrichtung der Evangelischen Kirche in Heidelberg und der Initiative "Weststadt sagt Ja!" Sie berichtete, wie wichtig es für Geflüchtete ist, einen Ort zu haben, wo sie das Gefühl hätten, willkommen zu sein, wo ihnen zugehört werde und sie in Kontakt mit der lokalen Bevölkerung kämen. Diese Begegnungsmöglichkeiten bräuchten Menschen "von Anfang an". Eine Einschätzung, die Gudrun Sidrassi-Harth vom Asylarbeitskreis bestätigte: "Das Beste, was man machen kann in einer Stadtgesellschaft, ist: Räume zu schaffen, in denen Kommunikation stattfindet." Auch ein Ankunftszentrum brauche diesen Raum.
> Die Politikerin: Die Eppelheimer Stadt- und Kreisrätin Renate Schmidt (SPD) brachte die Perspektive der im Westen Heidelbergs gelegenen Nachbarkommune ein. Sie bemängelte, dass Eppelheim nicht in die Entscheidung der Standortsuche für das Ankunftszentrum miteingebunden werde. Ihr Eindruck: Die Stadt Heidelberg wolle das Thema "auf dem Rücken unserer Gemeinde lösen". Integration könne aber nur durch interkommunale Zusammenarbeit erfolgreich sein.
Den Standort Wolfsgärten sieht Schmidt kritisch. Dieser sei "ein Satellit, der mit keiner Stadt etwas zu tun hat". Da das Gewann näher an Eppelheim als an Heidelberg liege, würden sich die künftigen Bewohner eher nach Eppelheim orientieren. "Wir sind da überlastet", so Schmidt. Ein Ankunftszentrum in PHV – das ist die Option, die sie vorzieht. Denn PHV böte "die beste Möglichkeit für Neuankommende, anzudocken". In den Wolfsgärten hingegen müsse man diese Möglichkeit erst künstlich schaffen.