Projekt "Digitale Patientenakten"

Heidelberger Uniklinikum will einen Datenpool für alle

Das Uniklinikum will ab 2018 medizinische Daten für viele Einrichtungen zur Verfügung stellen - Patienten entscheiden über Zugriff

08.06.2017 UPDATE: 09.06.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden
Eine digitale Krankenakte wird auch am Heidelberger Uniklinikum entwickelt. Foto: Archiv

Von Steffen Blatt

Heidelberg. Die Digitalisierung spielt auch in der Medizin eine wichtige Rolle. Am Heidelberger Universitätsklinikum macht man sich darüber schon seit Jahren Gedanken - mit einem Projekt, das ab 2018 nach und nach erweitert werden soll: der digitalen Persönlichen Patientenakte (PEPA). Die Initiative würde auch von der Stadt unterstützt, wenn sie am Montag den Wettbewerb "Digitale Stadt" gewinnt.

Wer krank ist und behandelt wird, produziert eine Unmenge von Daten: Diagnoseberichte, Röntgenbilder, Laborergebnisse, Therapie- und Medikationspläne. In vielen Einrichtungen wird das alles schon digital verarbeitet und gespeichert, doch jede hat ihr eigenes System. Der Austausch läuft per Post, Fax oder vielleicht per E-Mail - und keineswegs immer automatisch. Wenn nach einem Krankenhausaufenthalt der Haus- oder Facharzt auf den neusten Stand gebracht ist, heißt das nicht, dass auch die Stammapotheke weiß, welche Medikamente der Patient zuletzt bekommen hat.

Die PEPA will damit Schluss machen. Sie sieht einen Datenpool vor, auf den alle zugreifen können: Krankenhäuser, Ärzte, Pflegeheime, Apotheken, Rettungsdienst, Angehörige. Da stellt sich natürlich sofort die Frage nach dem Datenschutz. "Es geht darum, wer über die Speicherung der Daten und die Zugriffsrechte entscheidet. Der Arzt oder der Patient", sagt Prof. Björn Bergh, Direktor der Abteilung Medizinische Informationssysteme am Universitätsklinikum. Bisherige Systeme haben laut Bergh ihre Tücken: Bei manchen mussten die Patienten alles selbst hochladen - "das haben sie aber nicht gemacht" -, bei anderen lag die Entscheidung beim Arzt, die Patienten konnten sich nur grundsätzlich für oder gegen das Vorgehen aussprechen.

Bei der PEPA liegt die Kontrolle ganz beim Patienten. "Er entscheidet selbst über ein Online-Portal, welche Daten in die elektronische Patientenakte kommen, wer sie einsehen kann und was wieder gelöscht wird." Alle Daten werden an einem Ort gespeichert - so kann die Akte etwa bei einem Umzug mitgenommen werden. Grundlage für die PEPA ist ein Profil, das jeder Patient online anlegt, wenn er zum Beispiel in die Uniklinik eingewiesen wird. Dort sieht er alle Dokumente, die über ihn gespeichert sind, und kann definieren, wer Zugriff erhalten soll. So kann er etwa entscheiden, ob die ganze Uniklinik einen Befund lesen darf oder nur die Augenklinik - oder ob jemand neue Dokumente hinzufügen kann.

Auch interessant
Riesenschritt für die Infrastruktur: Heidelberg will "digitale Stadtwerke" gründen

Bergh leitet ein Forschungsprojekt mit 26 Partnern, welches das Online-Patientenportal erstellt und bereits erprobt hat. "Wir können tendenziell sagen, dass die Patienten PEPA gut finden, aber Hilfe bei der Benutzung brauchen und dafür am liebsten eine neutrale Stelle hätten", sagt er. Das könnte ein "Servicezentrum für Telemedizin" sein - eine Hotline, die mit Ärzten besetzt ist - oder die "Unabhängige Patientenberatung", die sich der Neutralität verpflichtet hat.

Bisher sind bei PEPA das Universitätsklinikum und die Thoraxklinik vernetzt, die Hilfestellung erfolgt über individuelle Beratung und Befragung der Patienten. Ab dem kommenden Jahr will man mit der Umsetzung des Patientenportals für den Regelbetrieb beginnen. Unterstützung gibt es dabei von ganz oben: "Ich will, dass wir hier in zwei Jahren flächendeckend die elektronische Patientenakte haben", sagte die neue Leitende Ärztliche Direktorin des Uniklinikums, Annette Grüters-Kieslich, bei ihrem Amtsantritt.

Dabei ist natürlich auch die Sicherheit der gespeicherten Daten zu beachten. "Wir nutzen das Maximum an Sicherheitstechnologie", versichert Bergh. Und auch wenn das Uniklinikum noch nie Probleme mit Hackerangriffen hatte, ist ihm klar, dass es 100-prozentigen Schutz nicht gibt: "Unsere einzige Chance ist, Selbstbestimmung auszuüben, Informationen auch aus dem System zu entfernen und das Recht auf Vergessen einzufordern."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.