Heidelberg. (hö) Heidelberg diskutiert gern über Straßennamen: So wurde vor fünf Jahren aus der Treitschkestraße in der Weststadt die Goldschmidtstraße. Ein antisemitischer Historiker wich jüdischen Mäzenen, die in der NS-Zeit verfolgt wurden. Die Künstlerin Konstanze Sailer, die in Heidelberg geboren ist, aber schon lange in Wien lebt, hat ähnliches im Sinn. Sie rief das Internetprojekt "Memory Gaps" (Erinnerungslücken) ins Leben: Es erinnert an vergessene Verfolgte des Dritten Reichs - und schlägt vor, Straßen nach ihnen zu benennen. Am besten, so Sailer, nimmt man die, deren Namen NS-Täter oder -Mitläufer tragen. In ihrer Heimatstadt wurde sie fündig: In Wieblingen gibt es eine Richard-Kuhn-Straße. Der Chemie-Nobelpreisträger galt als glühender Nazi und vertrieb jüdische Forscher, konnte seine Karriere aber nach dem Krieg fortsetzen. Bereits seit 2005 verlieh die Gesellschaft Deutscher Chemiker nicht mehr ihre nach Kuhn benannte Medaille, weil der sich als Vorbild disqualifiziert habe. Sailer schlägt nun vor, die Straße nach Ferdinand Thomas zu benennen. Der Heidelberger war Kommunist, ging im Dritten Reich in den Widerstand und wurde 1944 im Brandenburger Zuchthaus hingerichtet. Er wurde 31 Jahre alt.
Info: Mehr unter www.memorygaps.eu. Das Schicksal von Ferdinand Thomas findet sich unter "GAP Juli 2017".