Flüchtlinge in PHV und Heidelberg-Kirchheim: "Die Beschwerden gehen gegen Null"
Polizeipräsident Thomas Köber über die Sicherheitslage in Patrick Henry Village und Gerüchte über unterdrückte Berichte zu Straftaten

Flüchtlinge im Heidelberger Patrick Henry Village. Archivfoto: Philipp Rothe
Von Steffen Blatt
Als im Sommer immer mehr Flüchtlinge nach Patrick Henry Village (PHV) gebracht wurden - damals war es noch eine Notunterkunft -, machten sich viele Heidelberger, vor allem die Bewohner Kirchheims, Sorgen um die Sicherheit. Flüchtlinge liefen durch die Felder in den Stadtteil zum nächsten Supermarkt, vor allem junge Reiterinnen berichteten von unangenehmen Begegnungen. Auch gab es immer wieder tätliche Auseinandersetzungen, fast täglich war die Polizei etwa im Juli in PHV oder in Kirchheim im Einsatz. Seit einiger Zeit scheint es ruhig geworden zu sein in der Unterkunft, die jetzt Registrierzentrum heißt. Die RNZ fragte Polizeipräsident Thomas Köber (Foto: Kreutzer) nach der Entwicklung der letzten Monate.
Es gibt kaum noch Meldungen über tätliche Auseinandersetzungen in Patrick Henry Village. Ist es dort wirklich so friedlich?

Thomas Köber. Foto: Kreutzer
Die Sicherheitslage hat sich im Zentralen Registrierzentrum seit Sommer 2015 positiv entwickelt. Seit dem 5. September kam es nachts nicht mehr zu einer Tumultlage oder größeren Auseinandersetzungen. Seit diesem Zeitpunkt sind auch jede Nacht vier Beamte des Einsatzzuges Heidelberg auf dem Gelände präsent - bis zum 11. Dezember auch noch zusätzlich ein Polizeihundeführer mit Polizeihund. Lediglich am 9. November kam es auf dem Gelände gegen 11.30 Uhr zu einer größeren Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppierungen syrischer und afghanischer Herkunft. Grund hierfür war ein haltloses Gerücht über bevorstehende Abschiebungen.
Gibt es noch viele Beschwerden aus Kirchheim?
Die Beschwerden aus Kirchheim tendieren mittlerweile gegen Null. Dies deckt sich auch mit den Rückmeldungen vom Bündnis "Kirchheim sagt Ja" und vom Kommunalen Ordnungsdienst der Stadt Heidelberg. Mit dazu beigetragen haben sicherlich die Shuttle-Verbindung in die Poststraße, die kürzere Verweildauer der Bewohner in PHV, bessere Rahmenbedingungen bei Unterbringung und Versorgung sowie strukturiertere Prozesse bei Registrierung, Gesundheitsuntersuchung und den Asylanträgen ebenso wie die Erhöhung der Polizeipräsenz durch Brennpunktkräfte und den Einsatzzug Heidelberg.
Am 20. Dezember lebten in PHV rund 4600 Menschen. Wie viele können es werden, damit die Situation noch unter Kontrolle bleibt?
Am 7. Dezember waren es sogar 5477 Personen; auch diese Anzahl war unproblematisch. Wie viele Bewohner das Zentrale Registrierzentrum verkraftet, ist abhängig von vielen Faktoren. Je kürzer die Verweildauer, je besser die Rahmenbedingungen sind, desto mehr Flüchtlinge können untergebracht werden. Eine genaue Zahl seitens der Polizei zu nennen, halte ich nicht für angebracht, da sich die Belegungszahlen täglich ändern und wir auf die Rahmenbedingungen nur bedingt oder überhaupt keinen Einfluss haben.
Mit welchen "kleinen" Delikten sind die Beamten in PHV am meisten beschäftigt?
Insbesondere mit der Bearbeitung von Diebstählen - häufig werden Mobiltelefone gestohlen -, Körperverletzungen unter den Bewohnern sowie mit Verstößen gegen das Ausländerrecht.
Immer wieder hört man, dass das Innenministerium die Polizei angewiesen hat, nichts über Straftaten in Flüchtlingsunterkünften zu berichten. Gibt es eine solche Anweisung oder entsprechende Bitten aus Stuttgart?
Bei dieser Aussage handelt es sich schlicht um ein Gerücht, mehr muss man dazu nicht sagen.
Was berichten Sie aus den Flüchtlingsunterkünften?
Unsere Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit veröffentlicht Sachverhalte, die auch in jedem anderen Kontext berichtenswert sind. Grundsätzlich wählen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stabsstelle die zur Veröffentlichung geeigneten Vorkommnisberichte aus. Es handelt sich hierbei täglich um rund 2000 bis 3000 Vorkommnisse in unserem Dienstbereich. Die Nationalität spielt dabei keine Rolle. Für die Auswahl der Meldung ist eher wichtig, um welche Straftat es sich handelt und ob wir beispielsweise durch die Pressemeldung für die weiteren Ermittlungen eventuell Zeugen gewinnen können. Auch spielt eine Rolle, wenn viele Menschen den einen Vorfall mitbekommen haben, etwa bei einem Unfall auf einer viel befahrenen Straße. Sofern die Nationalität für die Plausibilität der Pressemeldung notwendig ist, so wird dies veröffentlicht, zum Beispiel bei Streitigkeiten zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten.