Mit Carmen Oesterreich als Zweitkandidatin und Jan-Peter Röderer als Bewerber für ein Abgeordnetenmandat zieht die SPD im Wahlkreis 41 in den Landtagswahlkampf. Foto: Alex
Von Felix Hüll
Meckesheim/Eberbach/Schönbrunn. Mit der Wahl des Eberbacher Stadtrats Jan-Peter Röderer als SPD-Kandidat im Landtagswahlkreis 41 Sinsheim hat sich die SPD für einen strategischen Wechsel entschieden. Der frühere Landtagsabgeordnete Thomas Funk (58) unterlag Röderer (34) und dessen Motto "#Mutig in die neue Zeit".
Als Zweitkandidatin stimmte die SPD-Mitgliederversammlung in der Meckesheimer Auwiesenhalle für Schönbrunns Gemeinderätin Carmen Oesterreich. Da die Sozialdemokraten im Kleinen Odenwald bislang auch zum Ortsverein Eberbach-Schönbrunn zählen, stellt allein dieser Ortsverein vom nordöstlichen Rand des Wahlkreises das Bewerbertandem.
Der SPD-Kreisverband Rhein-Neckar muss im nächsten halben Jahr in einen verkürzten und übers Winterhalbjahr erfolgenden Wahlkampf die in den Wahlkreiskommunen wie Sinsheim, Neckargemünd, Bammental, Waibstadt oder Meckesheim im Vergleich zu Funk weniger bekannten Kandidaten deutlich wahrnehmbar machen. Landtagswahl ist am 14. März 2021.
"Es geht um eine strategische Frage und um die Persönlichkeit. Wenn ich mich noch nie beworben hätte, würde ich es jetzt auch nicht mehr tun," hatte der SPD-Kreisvorsitzende Thomas Funk (Sinsheim) in seiner Vorstellungsrede gesagt. Aber weil bei der Wahl 2016 gerade mal 180 Stimmen den Ausschlag gaben, dass das Zweitauszählungsmandat nach Mosbach ging, und der Wahlkreis 41 Sinsheim den bisherigen Sitz für die SPD verlor, erklärte Funk: "Das spornt mich an. Die Scharte will ich auswetzen."
Doch 60 von den 108 zur Versammlung erschienenen Genossinnen und Genossen wollten "frischen Wind". Sie wünschten neue Methoden, auf die Menschen zuzugehen und vor allem kein Anknüpfen an bislang bewährte Vorgehensweisen bei Gremienarbeit, Veranstaltungsangeboten und Politikvermittlung. Insgesamt zählt der an sich größere SPD-Kreisverband Rhein-Neckar im 41er-Wahlkreis 662 stimmberechtigte Mitglieder in 19 Ortsvereinen.
Eberbachs Ortsvereinsvorsitzender Jan-Peter Röderer , der auch einer von vier stellvertretenden SPD-Kreisvorsitzenden ist, hatte seine Vorstellungen zum Thema Bildung, Digitalisierung sowohl im Bildungswesen wie auch in Verwaltungen und zum weiten Feld des Klimaschutzes sowie der Ökologie skizziert.
In der Auswirkung der Corona-Pandemie sieht Röderer auch eine Chance für den ländlichen Raum. Es gelte, beim Reagieren durch Infrastrukturausbau die Maßnahmen zugunsten deutlich verbesserter Internetverbindungen, funktionierender Nahversorgung, finanzierbaren Wohnraums und – trotz des Zuschussbedarfs hierbei – für ÖPNV zu nutzen. Röder: "Unsere Partei hat sich lange mit sich selbst beschäftigt. Lasst uns mutig in die neue Zeit gehen!"
Auch Funk benannte Inhalte: Einsatz für den Wahlkreis bei der Schulversorgung und -ausstattung, Abschaffen von Kindergartenbeiträgen und Studiengebühren, Digitalisierung, Investitionen in Datennetze, ÖPNV, Straßenbau und Schienenverkehr sowie bezahlbarer Wohnraum für Grundbedürfnisse der Menschen, aber auch Mittel für Vereine und ehrenamtlich Tätige forderte Funk.
2011 bis 2016 gehörte er bereits dem Landtag an. Er brachte seine Bekanntheit im Wahlkreis, sein Netzwerk und seine Erfahrung als damaliger Vorsitzender des Europaausschusses oder Fraktionsbeauftragter für Rettungsdienste und Katastrophenschutz ins Spiel. Inhaltlich lägen Röderer und er nicht weit auseinander. Funk: "Heute geht es um mehr: Ihr müsst heute entscheiden, mit wem ihr glaubt, für den Wahlkreis wieder das Mandat zu gewinnen."
Parteifreunde der Kandidaten sprachen sich für ihren jeweiligen Favoriten aus wie etwa Rolf Schieck aus Eberbach.
Der Schönauer Ortsvereinsvorsitzende Werner Schmitt befürchtete "erneut ein Desaster für die SPD", wenn man auf das "weiter so" setze. Schmitt erinnerte daran, dass Jan-Peter Röderer zu den Aktiven gehört hatte, die in Eberbach 2017 eine Gegenveranstaltung zum AfD-Bundestagswahlkampfauftakt in der Stadthalle organisiert hatten.
"Ich hab’ kein’ Bock auf zwölf Prozent!" rief Johannes Roß aus Helmstadt-Bargen in den Saal. Er nannte bisherige SPD-Flyer "langweilig", forderte "bessere Plakate" und den Einsatz sozialer Medien. Roß lobte die Einrichtung des Eberbacher SPD-Büros "Roter Eber" mit Begegnungsmöglichkeiten.
Beide Bewerber sagten, man werde sowohl traditionellen Haustür-Wahlkampf betreiben als auch neue Formen einsetzen müssen. Röderer erwägt auch Mitmachaktionen für Bürger. Dem Sinsheimer Krankenhaus-Betriebsrat Olivier Mannschott bestätigten Funk wie Röderer, dass sie sein Anliegen unterstützten, das Pflegepersonal im Gesundheitswesen mehr zu berücksichtigen. Mannschott hielt den Bewerbern vor: "Wir müssen da viel konkreter werden, bei euren Themen ist viel dabei, das nicht ausschlaggebend ist für meine Kollegen. Da ist für mich nicht viel als Funke rübergesprungen."
Versammlungsleiterin Andrea Schröder-Ritzau stellte letztlich das Abstimmungsergebnis fest: 108 anwesende Stimmberechtigte, davon 60 Stimmen für Jan-Peter Röderer, 40 für Thomas Funk und eine Enthaltung. Für Carmen Oesterreich als Zweitkandidatin stimmten von verbliebenen 101 Anwesenden Berechtigten 77 mit "Ja", 13 mit "Nein", und elf enthielten sich.