Gebäude 3 wurde komplett saniert. Der 20 Quadratmeter große Raum dient zukünftig als Aufenthaltsraum für die Kinder und Erzieher des Waldkindergartens. Foto: Martina Birkelbach
Von Martina Birkelbach
Eberbach. "Ich freue mich jetzt schon richtig drauf", sagt Lukas Beierer. Der gelernte Erzieher wird die Leitung des neuen Eberbacher Waldkindergartens übernehmen. Ihm zur Seite wird noch eine Erzieherin stehen. 2800 Quadratmeter Nutzfläche, zwei Lagergebäude, ein frisch sanierter Aufenthaltsraum und eine WC-Anlage: Alles mitten in der Natur und mitten in Eberbach, auf dem Gelände des ehemaligen Vogelparks am Ohrsberg.
Ab dem heutigen Samstag, 25. Januar, sind Anmeldungen möglich; los geht’s am 1. April. 20 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren können wochentags jeweils von 7.30 bis 13.30 Uhr betreut werden. Der Bedarf ist auf jeden Fall da.
Laut dem städtischen Kindergartenbeauftragten Robin Uhrig sind die Kindergärten in Eberbach voll besetzt. "Wir haben einen Engpass und aktuell Wartelisten. Wir sind da tagtäglich dran." Es gibt jetzt bereits Anfragen für das alternative Angebot, "die 20 neuen Plätze helfen richtig viel".
Das Grundstück gehört der Stadt, der Verein Postillion hat es als Betreiber gemietet. Die Umbauten sind laut Karl Emig und Dirk Gugau vom städtischen Bauamt "fast abgeschlossen". In den nächsten Tagen wird noch die Beleuchtung für den Zugangsweg angebracht und die sanitären Einrichtungen werden fertig installiert. Neben Wasch- und Spülbecken wird eine "richtige" Toilette eingebaut. Für Beierer "absoluter Luxus bei einem Waldkindergarten". Er war über Postillion an vielen verschiedenen solcher Projekte beteiligt, zuletzt in Neckarsteinach. "Üblich sind sogenannte Kompostbiotoiletten."
Ebenfalls Luxus ist für ihn anstelle eines einfachen Bauwagens der Aufenthaltsraum in der geräumigen Holzhütte. Diese wurde, wie auch die Vogelvolieren, vom Verein der Vogelfreunde übernommen. In den sanierten 20 Quadratmetern wurden unter anderem ein neuer Boden gelegt und die elektrische Anlage erneuert – zum Teil wurden neue Anschlüsse verlegt.
Auch ein neues Dach hat die Hütte bekommen. Ein großer Tisch mit Eckbank, alles aus Holz, stehen für den Einzug der Kinder bereit. Es gibt zwei Türen; "der Rettungsweg musste sein", so Emig und Gugau. Laut der beiden Fachmänner gab es viele Auflagen, um den Waldkindergarten in dieser Form anbieten zu können. Unter anderem müssen noch ein Parkplatz am Wendeplatz Kerfenwiesen ausgeschildert und fünf Fahrradstellplätze neben dem Aufenthaltsgebäude hergerichtet werden.
Viel Vorarbeit haben Mitte September die Royal Engineers geleistet. Sie haben das Grundstück gesichert und im oberen Teil die Fläche teilweise von Bäumen und Sträuchern befreit. Außerdem haben sie den Weg zum Gelände breiter gemacht und mit Schotter aufgefüllt von zwei auf drei Meter, damit auch Rettungsfahrzeuge durchkommen.
Oberhalb des Geländes des ehemaligen Vogelparks ist viel Platz zum Toben, Spielen und Bauen. Die Bäume ringsrum wurden entastet, der alte Pavillon soll noch hergerichtet werden. Foto: Martina Birkelbach"Baumpflegerische Maßnahmen" standen anschließend auf dem Plan. Laut Emig und Gugau wurden "Totholz und umgestürzte Bäume rund um das Gelände entfernt. Wie Uhrig erläutert, kam auch eine Fachfirma, die sich um den Befall des Eichenprozessionsspinners an einem Baum gekümmert hat. Speziell gereinigt wurden zudem die Vogelvolieren, die dann als Lager dienen sollen.
"Die Kinder werden den größten Teil des Tages draußen verbringen", sagt Beierer. Er hat bereits in einigen Einrichtungen gearbeitet, etwas anderes als in einem Waldkindergarten kann er sich "gar nicht mehr vorstellen". Natürlich sollten die Kinder die richtige Ausstattung mitbringen: "Rucksack mit Vesperbox und angemessene Kleidung". Aber darüber werden die Eltern noch in Vorgesprächen informiert. Wichtig ist ihm der Spruch: "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung".
Für eine "Grundausstattung" wird der Verein Postillion sorgen. Diese besteht voraussichtlich aus Dingen wie "Kinderschubkarren und Schaufeln". Während seiner zwölfjährigen Arbeit als Erzieher hat er in Waldkindergärten unter anderem mit den Kindern schon Beete angelegt, Baggergruben ausgehoben und auch einmal ein Holzschiff gebaut. "Vielleicht bauen wir in Eberbach gemeinsam eine Schaukel oder eine Rutsche", überlegt er.
Die Vorzüge in einem Waldkindergarten sind für Beierer ganz klar: "Die Kinder sind viel kreativer und den ganzen Tag an der frischen Luft. Das ist gut für das Immunsystem, sie sind gesünder – ich natürlich auch". Natürlich plant der Erzieher auch Wanderungen in der Umgebung, "so lernen die Kinder ihr Umfeld viel besser kennen".
Robin Uhrig, Kindergartenbeauftragter der Stadt (l.) , und der zukünftige Leiter des neuen Waldkindergartens Lukas Beierer im renovierten Aufenthaltsraum. Foto: Martina BirkelbachZudem verteile sich die Lautstärke ganz anders. "Kinder, die da empfindlich sind, können viel besser Rückzugsorte finden." Die meisten Eltern wissen laut Beierer, auf was sie sich bei einem Waldkindergarten einlassen. "Sie genießen es selber draußen in der Natur zu sein."
Sollte doch mal ein Orkan oder sehr starken Sturm über Eberbach wüten, gibt es eine Notunterkunft. Laut der Verantwortlichen haben sich Steige-Grundschule und Gemeinschaftsschule bereit erklärt, für einen solchen Fall einen Raum freizuhalten. Zudem haben die "Gewerbetreibenden am Waldkindergarten" grünes Licht für einen "Notaufenthalt" gegeben.
Beierer: "Wir haben auf unseren Diensthandys auch Warn-Apps und sind so immer auf dem neuesten Stand der Wetterberichte". 100 000 Euro waren im Haushalt für das Projekt eingestellt. Laut Emig und Gugau werden die Gesamtkosten voraussichtlich bei 70 000 Euro liegen.
Uhrig: "Die Idee für den Waldkindergarten hatte Bürgermeister Peter Reichert. Es liegt ihm sehr viel an dem Projekt. Wir sind froh, sowohl die Trägervielfalt in der Eberbacher Kindergartenlandschaft zu erweitern, aber natürlich auch eine alternative Betreuungsform anbieten zu können, die sehr gut nach Eberbach passt".