Italien weit weg, doch der Neckar so nah: Das Foto des ehemaligen Strandbads mit Rutsche an der Sandbank am Neckar hängt im alten Rockenauer Rathaus.
Von Christofer Menges
Rockenau. Früher hat man nicht lange gefackelt. Man hat es angepackt. So bauten sich die Rockenauer vor rund 100 Jahren unten am Neckar ihr eigenes Strandbad mit Rutsche. Noch heute zeugen Fotos davon. Und es gab nach dem Abriss sogar noch einmal ein Revival: Anfang der 1990er-Jahre, während das Eberbacher Freibad geschlossen war, lockte der inzwischen verstorbene Ortsvorsteher Hans Leistner mit einer Neuauflage in Zusammenarbeit mit der DLRG etliche Badegäste an den "Lido di Rockenau".
Wann das Rockenauer Strandbad gebaut wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Doch die Lage ist ideal: Der Neckar hat dort eine leichte Ausbuchtung, die Strömung ist nicht stark, eine Sandbank geht bis zu 30 Meter in den Fluss hinein.
"Meine Mutter Hermine Opitz hat da in den Zwanziger-Jahren schwimmen gelernt" – so wie alle Rockenauer Kinder damals beim ehemaligen Dorfschullehrer Banspach, erinnert sich die Rockenauerin Marianne Weis an Erzählungen. Streng sei es da zu gegangen, aber alle Kinder in der Schule mussten schwimmen lernen.
Der Gasthof zur Traube warb mit der Badegelegenheit im Neckar auf einer Fotomontage auch um Hotel- und Feriengäste. Repros: RNZ/Rainer HofmeyerIm Eberbacher Stadtarchiv in Pleutersbach gibt es eine Akte über die Geschichte des Strandbads. Nach der wurde aber erst 1933 anlässlich einer Flussschau 1933 auf der Gemarkung Rockenau festgestellt, dass von der Gemeinde ein Lauer und ein Badeplatz erstellt wurden. "Die nachträgliche Genehmigung des Neckarbauamts Heidelberg erfolgte 1934. Hierbei erfolgte auch eine Eintragung im Wasserrechtsbuch", stellt Stadtarchivar Dr. Marius Golgath anhand der vorhandenen Unterlagen fest.
Doch die Rockenauer tüftelten weiter: "Bei einer Besichtigungsfahrt wurde 1935 gemerkt, dass in der Zwischenzeit eine Wasserrutsche gebaut wurde. Hierfür erfolgte ebenfalls eine nachträgliche wasserpolizeiliche Genehmigung", so Golgath weiter. Die Konstruktionszeichnung dieser Rutsche liegt noch im Stadtarchiv. Wie lange das Strandbad am Rockenauer Neckarstrand betrieben wurde, ist auch nicht eindeutig klar. Laut Aktenlage bestand es noch 1949. Laut Golgath wurde es wegen der Unterhaltungskosten sowie gestiegenen Anforderungen der "Gesunderhaltung der Jugend" und der Wasserqualität des Neckars infrage gestellt. 1949 sei deshalb überlegt worden, ein neues Strandbad mit Quellspeisung an einer anderen Stelle anzulegen – "was wohl nicht umgesetzt wurde", so der Stadtarchivar. 1951 war das alte Strandbad noch da. Doch weitere Schriftstücke sind im Stadtarchiv nicht vorhanden. Auf einer alten Postkarte, die auf 1961 datiert wird, stand die Rutsche nicht mehr. In der Kreisbeschreibung von 1968 ist kein Strandbad mehr erwähnt.
Die Konstruktionszeichnung für die Rutsche des Rockenauer Strandbads gibt es noch heute im Eberbacher Stadtarchiv. Foto: Stadtarchiv EberbachDoch die Strandbadtradition in Rockenau lebte noch einmal auf: Von 1991 bis zur Wiedereröffnung am 6. Juni 1992 wurde das Eberbacher Freibad für Sanierungsarbeiten geschlossen. Rockenaus damaliger Ortsvorsteher Hans Leistner nutzte die Chance und machte mit tatkräftiger Unterstützung der DLRG das Rockenauer Strandbad wieder auf. Der "Lido di Rockenau" unterhalb des Gasthofs zur Traube konnte sich vor Badegästen kaum retten, wie sich Leistners Tochter Jana erinnert.
Noch immer hat das Schwimmen im Neckar in Rockenau große Tradition, ganz ohne Strandbad. Marianne Weis, inzwischen 75, geht mit ihren Enkelinnen Stella (10) und Lilly (8) noch heute im Neckar schwimmen, wenn die beiden zu Besuch sind. "Im Neckar schwimme ich jeden Morgen, so bin ich groß geworden", sagt Jana Leistner, die den Fluss direkt vor ihrer Haustüre hat.