Von Felix Hüll
Eberbach. Jens Thomson ist Sprecher der neu gegründeten "Initiative Windenergie für Eberbach" (IWE). Nach der Gründungsversammlung entwickelte sichunter anderem auf rnz.de ein teils harter Meinungsaustausch zwischen Windkraftbefürwortern und Vertretern von Standortgegner-Initiativen etwa aus Waldbrunn und Beerfelden/Rothenberg. Als Sprecher des gewählten IWE-Organisationsteams mit Ulrike Baufeld, Peter Grambitter, Michael Gray, David Müller, Rainer Olbert, und Andreas Persch präzisiert Thomson (kleines Foto: Hüll) im Interview die nächsten Absichten der Windenergiefreunde.
Heizen Sie nicht gerade den Streit "Windenergie aus Bürgerhand" gegen die "Schwarzstorch-Bussard-Fledermaus-Killermaschinen" so richtig an?
"Nein, Anheizen wollen wir nicht. Wir wollen auch keine Tiere vertreiben oder gar töten. Wir sind nicht mit aller Macht und mit allen Mitteln auf Windkraft aus. Aber wir wissen andererseits, dass bei Kernkraft schon bei der Urangewinnung Menschen sterben oder dass im Ruhrgebiet neben den Kohlegruben in Kinderzimmern Sauerstoffflaschen stehen. Man muss da das Ganze im Blick behalten."
Warum halten Sie Windkraft in Eberbach für vordringlich?
"Wir finden auch Energie aus Wasserkraft ganz toll. Aber es soll ja in den nächsten Wochen eine Bürgerbefragung geben, und wir halten es für sehr sinnvoll, dass die Bürger vorher umfassend informiert werden. Wir wollen darstellen, was es heißt, Windenergie aus Bürgerhand zu erzeugen. Dafür gibt’s Fachleute, und die wollen wir einladen. Wir kennen uns ja nicht bei allen Themen gleich gut aus, und das geht sicher anderen Eberbacher Bürgern genau so."
Was gibt Ihnen Anlass zur Hoffnung, dass in Eberbach die örtlichen Umstände für Windkraft besser sind als etwa bei Mossautal? Dort beklagt man Unwirtschaftlichkeit der Rotoren mangels hinreichender Windstärken.
"Ich weiß nicht, ob die Anlage in Mossautal unwirtschaftlich ist. Die läuft ja erst etwa ein Jahr. Ähnlich wie bei Sonnenenergie gibt es mal ein sonnenreiches und dann eben ein weniger intensives Jahr. In Eberbach wird die Wirtschaftlichkeit vorab exakt geprüft. Wenn es sich herausstellt, dass das nicht ausreicht, wird man entsprechend reagieren."
Umstritten zwischen Gegnern und Befürwortern von Windrädern sind bislang gehandelte Messdaten. Beunruhigt es Sie nicht, dass es für Eberbach bislang nur kurze Messzeiträume und keine konkreten Rotorstandortmessungen auf Nabenhöhe gibt? Das Bewerten wird bei Gegnern wie Befürwortern dann zur Glaubenssache.
"Wenn ich schon Messwerte habe, muss ich mich ja auf irgendetwas stützen. Aber da gibt es ja ganz viele Dinge, die man betrachten muss: neben der Windhöffigkeit geht es um den Abstand zur Bebauung, um Lärm, Schattenwurf und eben die Avifaunistik, also die schon erwähnten Auswirkungen auf Tiere. Wenn sich irgendwelche Rahmenbedingungen ändern und wir uns an anderen Standorten um Eberbach anhängen könnten, weil die besser geeignet wären, können wir das nicht ignorieren. Aber momentan gilt der Hebert im Dreieck zwischen Rockenau, Allemühl/ Schwanheim als bester Standort. Der Vorteil ist, dass wir den Strom hier direkt vor Ort erzeugen und ihn nicht etwa 500 Kilometer über Leitungen hertransportieren müssten. Wenn sich aber in einem Gutachten rausstellt, dass durch Windräder dort irgendwas passiert, lassen wir die Finger davon."
Wäre es nicht klüger, eher aufs Stromsparen zu setzen als auf Windkraft?
"Ja natürlich. Das Wichtigste ist, Strom zu sparen.Viele Bürger sind da ja schon sensibilisiert; jeder weiß heute, was eine LED ist oder was das Energielabel am Kühlschrank bedeutet. Aber der sofortige schnelle Druck wie bei der Windkraft ist bei dem Thema nicht da. Und in Eberbach besteht vor der Bürgerbefragung zur Windenergie eine völlige Unsicherheit bei den Fakten."
Wie könnten lokale Strategien der Stromvermeidung aussehen?
"Eberbach macht da ja schon Dinge, aber da steck’ ich jetzt nicht so tief drin. So wird die Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt, oder bei den Schulen wird die Heizung runtergefahren, wenn sie nicht benötigt wird."
Welche Aufklärungsinitiativen streben Sie zusätzlich zu einem IWE-Infostand jetzt bei Bauausstellung und verkaufsoffenen Sonntag, 22. März, auf dem Leopoldsplatz und dem angekündigten ersten Infoabend am 25. März an?
"Wir bringen Fachleute, die selbst schon Bürgerenergieanlagen betreiben, die bei Umweltorganisationen sind, die erklären, wie funktioniert die Finanzierung durch Bürger. Wir werden auch Fahrten anbieten zu bestehenden Windkraftanlagen und wollen schauen, ob wir als Initiative bei der nächsten Informationsveranstaltung der Stadt zum Thema teilnehmen können."
Das gab’s ja eigentlich alles schon: Infoabende und Fahrten, etwa vom Heimat- und Verkehrsverein Pleutersbach oder der AGL.
"Unsere Initiative ist ja überparteilich. Unter den Mitgliedern sind Vertreter aus verschiedenen im Rat vertretenen Parteien. Wir wollen das von der IWE aus jetzt nochmals versuchen und hoffen, ganz viele Leute dazu zu bekommen. Jetzt am Mittwoch, 25. März, ab 19.30 Uhr im Restaurant am Leopoldsplatz kommen neben den beiden Energiespezialisten Kerstin Thomson und Ralf Bernich noch Bernd Brunner von der Initiative Windenergie Odenwald und Jürgen Simon. Brunner hat u.a. den Windpark Großer Wald in Buchen-Hettingen als bürgerfinanzierte Anlage verwirklicht. Simon ist Mitinhaber und Geschäftsführer der 3 P Energieplan GmbH und Gründungsmitglied der Energiegenossenschaft Starkenburg. Zu Simons Erfahrungen gehören die Windparks "Neutscher Höhe" bei Seeheim-Jugenheim und "Geisberg" bei Erbach. Mit dem Projekt "Greiner Eck" bei Neckarsteinach/Hirschhorn ist Simon derzeit im Genehmigungsverfahren. 2011 hat sich Simon auch schon mit Eberbach beschäftigt."
Wie ist denn Ihr Zeitplan, mit dem Sie Ihr Satzungsziel erreicht sehen wollen, dass Rotoren auf Eberbacher Gemarkung Windstrom liefern?
"Unser Nahziel ist jetzt erst einmal die Bürgerbefragung. Ich möchte nicht alle Varianten durchsprechen, die’s danach gibt. Wir werden auf jeden Fall weiter machen, es sei denn, es stellt sich heraus, dass eine große Mehrheit der Eberbacher Windkraft ablehnt. Dann verfolgen wir nicht weiter das Thema Wind sondern andere regenerative Energien und machen mit dem Thema Stromsparen weiter."
Weitere Infos gibt es auf www.iw-eberbach.de