Patrick Halbauer ist der neue Forstbetriebsleiter am Standort Walldürn. Seine Tätigkeit beinhaltet zwar viel Büroarbeit, dennoch zieht es den jungen Oberforstrat hinaus in den Wald. Foto: Janek Mayer
Walldürn. (jam) Arbeiten, wo andere erst nach Feierabend hinkönnen – diesen Jugendwunsch hat sich Patrick Halbauer erfüllt. Sein Opa hat den gebürtigen Münchner von klein auf für das Ökosystem Wald begeistern können. Nun steht der 35 Jahre alte Oberforstrat seit Jahresbeginn an der Spitze der Forstbetriebsleitung Walldürn und unterstützt Jörg Puchta, den Leiter der unteren Forstbehörde im Kreis, als Stellvertreter. Damit tritt Halbauer die Nachfolge von Anna Haas an, die in der Wallfahrtsstadt ein Jahr lang kommissarisch tätig war und nun ihre Ausbildung in Tübingen abschließt.
Als Standortleiter in Walldürn zeichnet Halbauer verantwortlich für neun Forstreviere und sechs Kommunen – von Waldbrunn über Buchen bis zur Kreisgrenze bei Hardheim. In seinem Zuständigkeitsbereich liegt damit eine Waldfläche, die knapp 10.000 Hektar umfasst. Zusätzlich ist seine Forstbetriebsleitung – eine von dreien im Kreis – darauf spezialisiert, Privatwaldbesitzer zu beraten und die forstlichen Förderungen abzuwickeln. Unter die Arme greifen ihm fünf Mitarbeiter im Innendienst und natürlich die Revierleiter vor Ort. "Das Team hier ist eins a und hoch motiviert", lautete das Fazit von Halbauers Vorgängerin – beste Voraussetzungen also für eine reibungslose Eingewöhnung.
Die ist wichtig, weil es vom Start weg viel zu tun gibt für den jungen Oberforstrat. Allein in seinem ersten Jahr stehen in vier großen kommunalen Betrieben die Erneuerungen der Forsteinrichtung an – Walldürn und Hardheim beraten das Thema bereits am Montag im Gemeinderat. Darunter kann man sich eine Inventur der Waldflächen vorstellen, auf deren Grundlage ein Plan für das weitere Wirtschaften entwickelt wird. Fällig wird sie alle zehn Jahre. Ursprünglich sollte sie verhindern, dass die Wälder übernutzt und ausgeplündert werden. Heute steht allerdings eine ganz andere Gefahr im Fokus.
Die Forstbetriebsleitung Walldürn balanciert in den Wäldern der Kommunen Walldürn, Buchen, Hardheim, Höpfingen, Mudau und Waldbrunn ökologische, ökonomische und soziale Ansprüche. Hinzu kommt die Klimakrise, deren Folgen den Wald und die Forstwirtschaft noch lange begleiten werden. Foto: Janek Mayer"Der Klimawandel hat in den letzten drei Jahren an Brisanz zugenommen. Jeder kann den Wald an vielen Stellen leiden sehen", sagt Patrick Halbauer. Inzwischen seien sogar Bäume, die bislang als klimastabil galten, betroffen. Zuvor schaffte es vor allem die für Hitze und Trockenheit anfällige Fichte in die Schlagzeilen. Ihr Niedergang vom Brotbaum der Forstwirtschaft hin zum Sorgenkind in der Klimakrise hat für Halbauer eine klare Konsequenz: "Wir werden uns im Wald breiter aufstellen müssen." Sorgen, dass "der Wald untergeht", habe er nicht, aber – und da spricht er vielen Forstexperten wie seinem Vorgesetzten Jörg Puchta aus der Seele: Das Waldbild werde sich wandeln. Halbauer ist überzeugt: "Die Anteile bislang noch prägender Bäume werden massiv runtergehen." Dennoch sieht er keine Gefahr, dass schon mittelfristig fremde Baumarten den Wald zupflastern. Seine Prognose – zumindest für die nähere Zukunft: "Buche und Eiche bleiben Hauptbaumarten."
Als Ziel nennt der junge Forstbetriebsleiter einen stabilen Mischbestand mit Bäumen, die mit einem trockenen und heißen Klima zurechtkommen. Um diese breite Baumartenpalette optimal auszurichten, berücksichtige man bei der Forsteinrichtung den aktuellen Stand der Forschung. Gleichzeitig betont Patrick Halbauer, dass die Natur den Weg vorgebe: "Sie bestimmt unser Handeln und zeigt uns unsere Grenzen auf. Wir konnten in den letzten Jahren nur noch reagieren, nicht agieren."
Junge Bäume, die in ihren Beständen vertrocknen, käferbefallene Fichten und anderweitig geschädigte Bäume verdeutlichen vielerorts, wie dramatisch sich die Klimakrise in kürzester Zeit auf das Ökosystem Wald auswirkt. Dabei denken die Forstwirte eigentlich in ganz anderen Zeiträumen. "Forstwirtschaft ist ein kontinuierlicher nachhaltiger Prozess", betont Patrick Halbauer und ergänzt: "Was wir jetzt machen, können wir erst Jahrzehnte später beurteilen." Und genau darin liegt die Crux: Bäume, die heute gepflanzt werden, müssen bis zu ihrem planmäßigen Hieb voraussichtlich starke Veränderungen ertragen. Trotzdem sollen und wollen Forstleute wie Halbauer den Generationenvertrag beherzigen: "Wir möchten unseren Enkeln Waldbestände hinterlassen, mit denen sie gut arbeiten können."
Wie sie dieses Ziel für den Standort Walldürn und die anhängenden Reviere erreichen, liegt allerdings nicht gänzlich in der Hand der Forstbetriebsleitung. "Wir sind Dienstleister und betreuen die Waldflächen treuhänderisch nach den Vorgaben des Waldeigentümers." Zumindest in Walldürn decken sich die Ziele aber zu weiten Teilen. Das offenbart ein Blick auf die Eigentümerzielsetzung im Kommunalwald, der der Gemeinderat voraussichtlich am Montag zustimmt. Sie nennt unter anderem die "Walderhaltung" und "gesunde vitale Waldökosysteme" als angestrebte Kriterien.
Nicht zu kurz kommen soll zudem – darin sind sich Stadtverwaltung und Forstbetriebsleitung ebenfalls einig – die "Multifunktionalität" des Waldes. "Die Erholungsfunktion des Waldes wird in Corona-Zeiten noch mehr wertgeschätzt", berichtet Halbauer aus eigener Erfahrung. Und wer weiß: Vielleicht kann er ja – so wie zuvor sein Großvater – die jüngere Generation dafür begeistern, in seine Fußstapfen zu treten. "Mein Weg war vorgezeichnet, aber ich habe das nie bereut", sagt der junge Forstbetriebsleiter abschließend.