Ein Fahrzeug des Winterdiensts wird mit Streusalz befüllt. Weil Gemeinden im schneegebeutelten Norden die Salzlager leerkaufen, fürchtet der Walldürner Bauhof um seine Reserve. Deshalb werden nun nicht mehr alle Straßen der Wallfahrtsstadt gestreut. Foto: dpa
Walldürn. (pm/jam) Die angespannte Winterwettersituation im mittleren und nördlichen Teil Deutschlands hat auch Einfluss auf den Winterdienst der Stadt Walldürn. Zwar ist die nördlichste Stadt im Landkreis bisher gut durch den Winter gekommen, allerdings erwartet Bauhofleiter Armin Baumann nun Engpässe bei den Streugutlieferungen: "Durch den ,Fiesen Riesen‘ werden die Bestände der Salzlager von den mittel- und norddeutschen Gemeinden regelrecht leergekauft. Wann wir die nächste Lieferung erhalten, um unser Depot aufzufüllen, ist aktuell ungewiss." Momentan ist das Streugutlager im städtischen Bauhof noch gefüllt, aber aufgrund der Ungewissheit über die weiteren Entwicklungen soll das Streumittel ab sofort differenzierter zum Einsatz kommen. "So wird das Streugut in den nächsten Tagen nur noch auf neuralgischen Straßen mit besonders hoher Frequentierung oder Gefällstrecken aufgetragen", teilt Meikel Dörr aus der Stabsstelle des Bürgermeisters mit.
Auf den Räumdienst hat die Streugutknappheit dagegen keinen Einfluss. Der Winterdienst räumt natürlich weiterhin alle Straßen, wie Dörr auf Nachfrage der RNZ erklärt. Nur gestreut werden eben nicht mehr alle. Dass einem Bauhof das Streugut ausgeht, ist übrigens kein alleiniges Walldürner Phänomen – und neu ist es auch nicht. Bereits 2010 war die Lage in der Wallfahrtsstadt für Autofahrer und Fußgänger angespannt, weil kommunale Straßen nur noch eingeschränkt oder überhaupt nicht mehr gestreut werden konnten. Die Vorräte an Auftausalz waren damals vielerorts aufgebraucht, auf Nachschub warteten viele Winterdienste zum Teil vergeblich.
Und auch diesmal sind zahlreiche Kommunen in ganz Deutschland betroffen. Der viele Schneefall führt im ganzen Land zu einem erhöhten Verbrauch, und die Lieferanten können die Bestellungen aktuell nicht mehr erfüllen. "Derzeit ist auf dem Markt kaum noch Salz zu kriegen", berichtet zum Beispiel ein Bauhofchef aus Burg in Sachsen-Anhalt.
Üblicherweise gehen Gemeinden mit den Streugutlieferanten Salzlieferverträge über ein festes Kontingent ein. Wenn dies nicht ausreicht, bestellen die Bauhöfe außerhalb des vereinbarten Liefervertrags weiteres Streugut. Im Augenblick kommen aufgrund der allgemein hohen Nachfrage im ganzen Land nur Kunden zum Zug, die einen festen Liefervertrag abgeschlossen haben. Währenddessen schmelzen in manchen Bauhöfen die festen Kontingente dahin – ganz im Gegensatz zu Schnee und Eis auf den weniger frequentierten Straßen.
Der Mangel an Streugut hat bereits seltsame Früchte getragen. So haben Unbekannte jüngst im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein 2,5 Tonnen Streusalz aus einer Garage geklaut. "Wir haben noch nie erlebt, dass eine so große Menge Streusalz gestohlen wurde", sagte ein Sprecher. Damals rätselten die Beamten noch, was die Täter mit diesem ungewöhnlichen Diebesgut vorhaben könnten. Bei den aktuell überhöhten Preisen für Streusalz haben die Diebe aber wohl tatsächlich einen Coup gelandet.