Maria Schell aus Höpfingen erhält als erste Bewohnerin des Neckar-Odenwald-Kreises den Corona-Impfstoff. Dr. Oliver Schwandtner verabreicht ihr die Spritze. Janina Baier, Leiterin der Geras-Seniorenpflege in Höpfingen, steht der 85-Jährigen bei. Foto: Janek Mayer
Höpfingen. (jam) "Jemand muss es ja machen", sagt sie. Maria Schell, 85 Jahre, Bewohnerin des Geras-Seniorenzentrums in Höpfingen, ist die erste Person im Neckar-Odenwald-Kreis, die sich gegen die Infektionskrankheit Covid-19 hat impfen lassen. Ein mobiles Impfteam aus Heidelberg verabreichte der Seniorin am Montagvormittag die erste von zwei Dosen des Impfstoffs, den das Mainzer Unternehmen Biontech gemeinsam mit dem US-Pharma-Riesen Pfizer entwickelt hat. Mehr als 40 weitere Personen wurden dort ebenfalls geimpft. Knapp zehn Monate nach Bekanntwerden der ersten Corona-Infektion im Landkreis haben damit in der Region die Schutzimpfungen gegen das gefährliche Virus begonnen. Der Impfstart in Höpfingen dient nun in der Region als Lichtblick, dass das Ende der Corona-Pandemie endlich in greifbare Nähe rückt.
Apotheker Lennart Wrack (r.) bereitet die Impfdosen vor, Bettina Hofmann übernimmt die administrativen Aufgaben des Impfteams, und Geschäftsführer Klaus Baier behält alles im Blick. Foto: Mayer"Ich habe die große Hoffnung, dass durch die Impfung vieles wieder etwas normaler wird", sagt Klaus Baier im Gespräch mit der RNZ. Der Geras-Geschäftsführer, der seit 40 Jahren in der Pflege tätig ist, freut sich am Montagmorgen sichtlich, dass das "gruseligste Jahr, das ich je erlebt habe", nun mit einem Hoffnungsschimmer zu Ende gehe. Um ebenso wie Maria Schell vor ihm mit gutem Beispiel voranzugehen, lässt sich der Betreiber von sechs Seniorenpflegeeinrichtungen noch vor seinen Mitarbeitern in Höpfingen impfen.
23 Bewohner und 22 Mitarbeiter stehen auf der Liste des mobilen Impfteams. Klaus Baier überschlägt, dass rund 90 Prozent der Senioren und etwa 70 Prozent der Geras-Mitarbeiter ihre Bereitschaft angekündigt haben, sich mit "Comirnaty" – so der offizielle Name – impfen zu lassen. "Was man von Kollegen in der Branche hört, ist das ein sehr hoher Wert", so Baier. Trotzdem herrscht vor dem Pieks eine gewisse Nervosität. "Es ist etwas Neues, etwas Besonderes", beschreibt eine Pflegekraft das angespannte Warten.
Denn bevor Dr. Oliver Schwandtner überhaupt die erste Impfdosis verabreichen kann, gibt es noch einiges zu tun. Weil der kürzlich zugelassene Impfstoff des Herstellers Biontech bei etwa minus 80 Grad gelagert und transportiert werden muss, wahrt das Impfteam aus Heidelberg die Kühlkette. Vor der Anwendung wird das Präparat dann aufgetaut, das dauert etwa 30 Minuten. Anschließend verdünnt der Apotheker Lennart Wrack den Impfstoff mit isotoner Kochsalzlösung. Dann ist Dr. Schwandtner gefragt. Er spritzt den Bewohnern und Mitarbeitern jeweils 0,3 Milliliter des aufbereiteten Impfstoffs in die Muskulatur des Oberarms.
Damit kommen die Geimpften allerdings noch nicht in den Genuss eines vollen Schutzes. Zunächst steht noch eine zweite Impfdosis an, die drei Wochen nach der ersten gegeben wird. Den vollen Impfschutz hat man erst eine Woche nach der zweiten Dosis, wie das Robert-Koch-Institut mitteilt.
Und auch die Freiwilligen, die sich am Montag im Höpfinger Seniorenzentrum für eine Impfung angemeldet haben, müssen ein längeres Prozedere durchlaufen, bevor sie überhaupt im Impfzimmer Platz nehmen dürfen. "Erst kommt die Aufklärung, dann der Papierkram und dann die Impfung", erklärt Bettina Hofmann, die für das Impfteam die Administration übernimmt, das Vorgehen kurz und prägnant. In einem eigens eingerichteten Zimmer erhalten alle, die geimpft werden sollen, die Gelegenheit, bei einem Experten in einem Vieraugengespräch Informationen über Risiken der Covid-Erkrankung, mögliche Nebenwirkungen der Impfung, die Aussagekraft der Impfstoffstudien und die langfristige Wirkung der Impfung einzuholen.
Die 85 Jahre alte Maria Schell hatte sich schon vor ihrem großen Tag an eine Sachkundige gewandt: "Meine Enkelin ist Ärztin", erklärt die Höpfinger Seniorin, die eine eindeutige Empfehlung erhalten hat. "Sie hat gleich gesagt, ich soll mich sofort impfen lassen."
Doch nicht alle, die sich wie Maria Schell angemeldet haben, kommen gestern überhaupt zum Zug. "Wer Corona schon hatte, wird nicht geimpft", erklärt Janina Baier, die das Höpfinger Seniorenzentrum leitet. Denn dieser Personenkreis gilt laut RKI bereits als immun, und die begehrten Impfstoffdosen sind rar. Asymptomatisch Erkrankte müssen sich aber dennoch nicht sorgen, dass ihnen durch eine Immunisierung ein Nachteil entsteht. "Bei unbemerkt durchgemachter Infektion ist eine Impfung jedoch nicht schädlich", teilt das RKI mit.