Buchen. (jasch) Eltern, Schüler und Lehrer dürfen wieder aufatmen. Denn am Montag folgte die Ausweitung des Präsenzunterrichts an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen.
Auch an der Karl-Trunzer-Gemeinschaftsschule in Buchen füllen die Schüler das Schulgebäude Stück für Stück wieder mit Leben. Im Gespräch mit der RNZ erläutern Konrektor Andreas Philipp und Rektor Walter Scheuermann, wie sie das "rollierende System aus Fernlernen und Präsenzunterricht", so die Worte der Kultusministerin Eisenmann, meistern.
Zu sehen sind Konrektor Andreas Philipp und Schulrektor Walter Scheuermann im Eingangsbereich der Schule mit dem „Abstandshalter“. Foto: Jana SchnetzAls Erste in den Genuss des Präsenzunterrichts kommen in dieser Woche die 5. und 6. Klassen. Danach folgt eine Woche "Lernen zuhause", wie es an der Karl-Trunzer-Schule heißt. Die 7. und 8. Klassen starten umgekehrt mit dem "Lernen zuhause" und kommen ab dem 22. Juni in die Schule zurück. Diesen Wochenrhythmus behält die KTS bis zum Beginn der Sommerferien bei.
Die Aufteilung hat den Sinn, dass sich nicht zu viele Klassen auf einmal im Gebäude aufhalten. Aus "rein ressourcenbedingten Gründen", so Scheuermann, könne man keinen Unterricht mit den gegebenen Abstandsregeln und der normalen Klassengröße von 20 bis 24 Schülern in den Räumen durchführen. Die Lehrer teilten deshalb die jeweiligen Klassenstufen vorab in Lerngruppen zwischen zehn und zwölf Schülern ein.
Ressourcenbedingt ist auch die reduzierte Unterrichtszeit von eigentlichen acht Stunden auf fünf Stunden. "Besser als Nichts" mag sich manch ein erleichterter Elternteil denken, der sein Kind drei Monate seit der Schulschließung Mitte März im "Homeschooling" betreuen musste. Aber auch die Kinder freuten sich, nicht mehr über Videokonferenz, die Lernplattform Moodle, E-Mail oder Whatsapp kommunizieren zu müssen: "Die Kleinen haben sich schon sehr gefreut, aber auch die Älteren waren froh über den Kontakt. Das war schon zu spüren", erzählt Konrektor Andreas Philipp.
Derzeit noch schwierig umzusetzen sei die soziale Komponente. Der Schulleiter bedauert, das Konzept der Gemeinschaftsschule nicht in gewohnter Weise umsetzen zu können: "Momentan ist es noch ein eher lehrergelenkter Unterricht." Aufgrund der Hygiene- und Abstandsregeln kann die Gemeinschaftsschule ihrem Motto derzeit nicht vollständig entsprechen: "Lernen erfolgreich gestalten – individuell, miteinander und voneinander", lautet der Leitspruch. "Das kooperative Lernen voneinander als wesentliches Element der Gemeinschaftsschule hat uns durch Corona stark betroffen."
Dem Schulleiter geht es darum, dass die Schüler verstehen, warum und was sie lernen. Dazu gehöre eine intensive Beziehungsarbeit mit den Schülern, die könne noch nicht im gewohnten Ausmaß stattfinden. Philipp und Scheuermann sehen jedoch auch Vorteile in der Gemeinschaftsschule, die dem Lernen zuhause entgegenkommt. Schüler und Lehrer seien es schon vor Corona gewohnt gewesen, selbstständig und aktiv zu arbeiten und den Austausch zu suchen. Ein wichtiges Ziel der Schule ist die Förderung von selbstständigem Lernen und die habe während des "Homeschoolings" an Bedeutung gewonnen.
Das Lerntagebuch, welches jeder Schüler bekommt, ist eine solche Methode, die Eigenständigkeit zu fördern und das Lernen zu reflektieren. Weitere bestehende Formen wie der Wochenplan und Lernpakete, erhalten die Schüler regelmäßig. "Am Ende der Woche wird kontrolliert, ob der Wochenplan eingehalten wurde", erklärt Philipp.
Während der Schulschließung fielen die individuelle Betreuung bei Hausaufgaben und die ausführlichen Erklärungen der Lehrer aus, aber das Gefühl eigenständig und ohne starres Lehrgerüst der Schule Aufgaben zu erledigen, war für die Schüler der Karl-Trunzer-Schule keine neue Erfahrung. Die Lernpakete mussten nur auf andere Art und Weise, zum Beispiel ausgedruckt oder digital, an die Schüler vermittelt werden. "Experimentell", nennt Scheuermann die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Lehrer während der Schulschließung.
Die Erfahrungen der Schüler, Lehrer und Eltern aus dem "Homeschooling" werden nun zusammengetragen. Vor allem das digitale Lernen wird den Schulbetrieb auch zukünftig beeinflussen, da ist sich Scheuermann sicher. Die Schule habe entsprechende Fragebögen ausgeteilt und warte nun darauf, die Beobachtungen auszuwerten. Im Fokus liegt die technische Ausstattung, um überhaupt einen Überblick zu bekommen, welche Geräte zu Hause vorhanden sind.
Der Digitalpakt ist ein Zeichen der Zusammenarbeit zwischen Land, Schulträger und den Schulen. Es gelte nun, diese Ziele besser auszubauen. "Wir müssen dieses Konzept weiterentwickeln und haben jetzt die Möglichkeiten dazu, sie zu nutzen und zu integrieren", betont der Schulleiter. "Die Defizite im Digitalen hat man erkannt, aber das sollte nie Ersatz, sondern immer nur Ergänzung zum Lernen an der Schule sein", betont Scheuermann.
Die Schüler würden den Abstand übrigens weitestgehend eingehalten, so Konrektor Philipp. Die Bedenken so mancher Eltern oder Lehrkräfte seien unnötig. "Es lief geordnet und diszipliniert ab. Man hat schon gesehen, dass sie auf Abstand sind", beschreibt Philipp den ersten Schultag der 5. und 6. Klassen. Scheuermann bestätigt: "Ich habe das auch als vorsichtige Annäherung empfunden." Alle Schüler haben einen festen Klassenraum und festen Sitzplatz mit 1,50 Meter Abstand dazwischen. Zu Beginn erläutern die Lehrer alle Maßnahmen und Verhaltensregeln. Danach steht einem fünfstündigen Unterricht nichts mehr im Weg.
Das Alter der Schüler mache es natürlich leichter, die Regeln zu befolgen, außerdem sei das meiste auch von zu Hause bekannt. "Vereinzelt muss man Schüler daran erinnern, die Masken wieder aufzusetzen, aber absichtliches Fehlverhalten gab es nicht. Die Schüler sind in den Pausen auch nie ohne Aufsicht", so Philipp.
Die Abschlussklassen haben die schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht teilweise schon hinter sich. Am 4. Mai begann für die Haupt- und Werkrealschulabsolventen die intensive Zeit der Prüfungsvorbereitung in den Hauptfächern mit Anwesenheitspflicht an der Schule. Vor den Pfingstferien schrieben die zehnten Klassen ihre Prüfungen.
"Im Moment läuft die Rückmeldung der Korrekturergebnisse", so Scheuermann. In den nächsten Tagen folgen die Prüfungen der neunten Klassen. Danach wird sich zeigen, ob sich der eingeschlagene Weg in der Corona-Krise bewährt habe.
Man habe die Hoffnung mit der Ausweitung des Unterrichts auch für die übrigen Klassen wieder eine gewisse Haltung zum Lernen und alte Gewohnheiten zurückholen zu können: "Wir sind froh, dass es wieder losgeht. Schule ohne Schüler hat sich nicht bewährt", sagt Scheuermann mit einem Lächeln.