Buchen. (rüb) Sein Lachen ist ansteckend, seine Lebensfreude schenkt auch in schwierigen Zeiten Zuversicht, und sein Glaube reißt andere mit: Seit gut zwei Jahren wirkt der gebürtige Westfale Julian Donner als Kaplan und Jugendseelsorger in der Seelsorgeeinheit Buchen und im Dekanat Mosbach-Buchen. Wir haben uns mit ihm über seinen nicht kurvenfreien Weg zu seiner Berufung, über Kirche gestern, heute und morgen und über dieses besondere Weihnachtsfest im Zeichen der Pandemie unterhalten.
War für Sie schon als Kind klar, dass Sie einmal Priester werden möchten?
Nein, obwohl ich schon früh mit der Kirche in Berührung gekommen bin. So war ich bereits vor meiner Erstkommunion Ministrant: Ich bin einfach mit meinem älteren Bruder mitgegangen. Das hat mich sicherlich geprägt, zumal wir damals einen schon etwas älteren Priester hatten, der mit uns Kindern gut umgehen konnte und auch gerne Witze erzählte – zur Not auch mal im Gottesdienst. Später habe ich ein katholisches Internat in Attendorn besucht und war dabei Oberministrant und Küster. Der Glaube hat also immer schon eine große Rolle für mich gespielt. Meine Eltern haben mich aber nie gezwungen, in die Kirche zu gehen, das kam immer aus freien Stücken.
Statt Theologie zu studieren, haben Sie aber erst einmal eine Lehre gemacht.
Als Jugendlicher habe ich den Wunsch, Priester zu werden, nicht verspürt. Es waren eher andere, die in mir den Priester schon erahnten. Ich wollte lieber etwas "Vernünftiges" machen und habe – ganz in der Familientradition – zunächst eine Ausbildung zum Werkzeugmacher absolviert, um dann später Maschinenbau zu studieren: Ich wollte immer Maschinenbauer werden wie mein Papa, mein Onkel, mein Opa und mein Uropa.
Diese Leidenschaft für Technik ...
... die habe ich mir bewahrt. Ich habe mir zum Beispiel während des Studiums in der Firma, in der mein Vater arbeitet, immer was dazuverdient.
Und wann spürten Sie die Berufung?
Es gab viele kleine Erlebnisse, die mich dahin geführt haben, wo ich heute bin. Beispielsweise hat uns während meiner Zeit im Internat ein Seminarist (Priesteranwärter, Anm. d. Red.) gefragt, wer von uns denn Priester werden möchte. Ein guter Freund nannte dann meinen Namen, was ich mit etwas gespielter Empörung von mir wies. Aber innerlich war diese Begegnung für mich doch ein Gedankenanstoß – so wie viele weitere Gespräche, die ich anschließend mit dem Kaplan und dem Pfarrer meiner Heimatgemeinde geführt habe. Außerdem hatte ich während meiner Ausbildung beim Feilen ganz viel Zeit zum Nachdenken ...
Weshalb hat der Westfale Julian Donner dann in Südbaden Theologie studiert?
Die Erklärung ist ganz einfach: Da mein Vater damals eine neue Stelle im Schwarzwald angetreten hat, sind meine Eltern dorthin umgezogen. Deshalb habe ich mir Freiburg angeschaut, und ich war von der Atmosphäre und der guten Gemeinschaft im dortigen Priesterseminar gleich angetan.
Wie hat die Familie reagiert?
"Du weißt aber schon, dass Du dann keine Frau und keine Kinder haben wirst?", hat mich meine Mutter in der ersten Reaktion gefragt. Natürlich wusste ich das. Danach hat mir meine Mutter verraten, dass mein Großvater, als ich noch ein Kind war, zu ihr gesagt hatte: "Julian wird einmal Priester!" Die Familie hatte es also schon früh geahnt – vor mir. Und was den Nachwuchs angeht, sind meine Eltern zum Glück auch "versorgt": Ich habe einen großen Bruder, und der hat ihnen Enkelkinder beschert ...
Mehr als zehn Jahre nach ihrem Entschluss: Ist Priester nach wie vor Ihr Traumberuf? Gibt es auch Schattenseiten?
Ich habe mich 2009 auf den Weg gemacht und seither viele Einblicke gewonnen – wer in einer solch langen Zeit nicht merkt, dass der Beruf auch Schattenseiten hat, verschließt seine Augen vor der Realität. Wie in jedem Beruf gibt es auch bei uns Dinge, die es nicht braucht. Und mitunter gehen kirchenkritische Menschen mit einem nicht fair um. Als Mensch der Kirche bin ich aber nun einmal Reibungspunkt für Kritiker.
Wo hadern Sie selbst mit "Ihrer" Kirche?
Beispielsweise beim Thema Missbrauch von Schutzbefohlenen. Wie damit – nicht in unserer Erzdiözese, aber andernorts – umgegangen wird, diese Salami-Taktik beim Einräumen von Missständen, das ärgert mich und macht mich teilweise auch fassungslos. Das Ganze ist ein schwieriges, aber sehr wichtiges Thema, weshalb ich mich auch auf dem Sektor engagiere und als Jugendseelsorger Schutzschulungen anbiete, um beispielsweise Gruppenleitern oder Katechetinnen aufzuzeigen, wie sie mit einem Verdachtsfall umgehen, wo sie Hilfe und Unterstützung bekommen können.
Was macht für Sie den Beruf des Priesters aus?
Kurz und knapp: Begegnungen ermöglichen und begleiten – mit unserem Chef da oben und zwischen den Menschen.
Sie sind seit 2018 in Buchen. Kannten Sie Ihren neuen Wirkungsort zuvor?
Durch meinen aus Hettigenbeuern stammenden Kurskollegen Dominik Albert war mir Buchen ein Begriff. Mein erster Gedanke war allerdings: "Das ist ganz schön weit weg von zuhause." Ich hatte mich ja für Freiburg entschieden, um nah bei meinen Eltern zu sein. Von Buchen aus brauche ich aber zu meinen Eltern etwa genauso lang wie in meine alte Heimat nach Westfalen.
Was schätzen Sie an der Arbeit hier in der Seelsorgeeinheit und im Dekanat?
Dass ich die Gläubigen auf ihrem Weg begleiten kann. Ich habe hier viel mit jungen, begeisterungsfähigen Menschen zu tun, die Lust haben, zu den Glauben neu zu entdecken. "Wie wollen wir Kirche sein?", "Wie wollen wir Kirche gestalten?" Diese Fragen beschäftigen viele junge Menschen. Aber auch die Arbeit in der Schule und die Begegnungen mit älteren Menschen sind immer bereichernd.
Und privat: Wie kommt der Westfale im Odenwald zurecht?
Der Westfale und der Odenwälder sind sich vom Wesen her gar nicht so fremd. Oder anders ausgedrückt: Der Odenwälder verträgt ein klares Wort, und das kann ich ihm auch liefern!
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
So viel Freizeit habe ich gar nicht. Aber ich fechte gerne, was ich früher bis zu einem Unfall auch auf hohem Niveau betrieben habe. Zudem bin ich von ganzem Herzen Pfadfinder.
Wissen Sie schon, wie es für Sie weitergehen wird?
Meine Zeit in Buchen wird mit Beginn der Sommerferien enden. Was dann kommt? Da lasse ich mich überraschen.
Die Kirche ist in der Krise, immer weniger Menschen bekennen sich zu ihr. Ist Corona ein Brandbeschleuniger?
Die große Volkskirche stirbt, weil das Traditionschristentum ausstirbt – also diejenigen, die in die Kirche gehen, weil man das schon immer so gemacht hat. Sie werden abgelöst von Berufungschristen, die sich immer wieder neu dafür entscheiden, mit dem Glauben in Kontakt zu kommen, Gott zu suchen. Diese Suche wird durch den Abstand natürlich noch schwerer. Aber ich bin davon überzeugt, dass es weiterhin Menschen geben wird, die sich auf die Suche machen möchten – und da suche und helfe ich gerne mit.
Was kann Kirche tun, um die Menschen weiter zu erreichen?
Kirche ist viel mehr als die Menschen, die ich – zu normalen Zeiten – sonntags in der Kirche sehe. Die Kirche erreicht die Menschen über die unterschiedlichsten Wege, über karitative Angebote oder Jugendgruppen. Kirche ist ein Knoten und ein Berührungspunkt mit Gott. Er hat uns die Freiheit gegeben, "Nein" zu ihm zu sagen. Aber irgendwann ändern wir vielleicht unsere Meinung – und dann ist er immer noch da. Denn Gott wartet – auf uns!
Wie sehr fehlen Ihnen in diesem Jahr die Gläubigen?
Sehr! Es war wunderschön, im Herbst Erstkommunion und Firmung im Rahmen des Möglichen zu feiern. Ansonsten hat mir viel gefehlt, trotz aller elektronischen Kommunikationsmittel. Diese können den persönlichen Kontakt nicht immer ersetzen. Seelsorge braucht Beziehung. Aber in dieser Situation ist es wichtig und vernünftig, Abstand zu halten. Leider fallen die Präsenzgottesdienste für dieses Weihnachten aus: Das größte Zeichen der Nächstenliebe ist, seinen Nächsten nicht zu sehen. Ich freue mich aber auf die digitale Christmette am 24. Dezember um 22 Uhr und die Weihnachtsvesper am 25. Dezember um 17 Uhr (Informationen finden sich auf www.kath-buchen.de, Anm. d. Red.).