Er hat es geschafft. Für viele Menschen im Kreis ist jedoch bereits die Anmeldung für einen Impftermin ein unüberwindbares Hindernis. Darauf macht der Kreisseniorenrat aufmerksam.
Neckar-Odenwald-Kreis. (jam) "Wir wollen für die Impfung werben, ohne Druck auszuüben", sagt Bernd Ebert. Er ist der Vorsitzende des Kreisseniorenrats im Neckar-Odenwald-Kreis und Mitglied im Vorstand des Landesseniorenrats. Mit der RNZ hat er darüber gesprochen, warum er den Start der Impfkampagne sowohl mit Hoffnung als auch mit einer großen Herausforderung verbindet.
Während Landrat Dr. Achim Brötel aktuell in einem Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf das Problem der zum Teil weiten Wege in das Kreisimpfzentrum aufmerksam macht, sieht Bernd Ebert schon in einem früheren Schritt ein ernstes Problem. "Was passiert mit den Menschen, die sich den modernen Medien verweigern?"
Das Problem sei die Digitalisierung – und die Frage der Teilhabe. Die Caritas schätzt, dass in Deutschland noch immer zehn Millionen Menschen offline sind – manche von ihnen freiwillig, viele jedoch gezwungenermaßen. Und laut Ebert lasse sich das Problem nicht nur auf Senioren eingrenzen, auch wenn diese nun im Zuge der Priorisierung der Impfung zuerst vor die Herausforderung gestellt werden, sich zu registrieren.
Vorsitzender des Kreisseniorenrats Neckar-Odenwald-Kreis Bernd Ebert. Foto: RNZ"Wir legen Wert darauf, dass Menschen, die nicht digital teilhaben können oder wollen, nicht vergessen werden", betont Bernd Ebert. "Ich selbst war nie in sozialen Medien unterwegs", sagt der Vorsitzende des Kreisseniorenrats über sich. Das änderte sich mit Beginn der Pandemie schlagartig. Für Online-Konferenzen, Video-Chats und den schnellen textbasierten Austausch musste sich der Ravensteiner erst einmal ein komplett neues Equipment anschaffen und sich einarbeiten. "Man kann es lernen", sagt der 73-Jährige, "aber man muss es wollen." Zum Beispiel der Volkshochschulverband versuche bereits seit einiger Zeit, Senioren an digitale Angebote heranzuführen, damit neue Entwicklungen wie die digitale Patientenakte ältere Menschen nicht außen vor lassen.
Wer aktuell einen Impftermin vereinbaren möchte, muss sich entweder online unter www.impfterminservice.de mithilfe einer eigenen E-Mail oder einem SMS-kompatiblen Gerät anmelden oder die Service-Hotline 116.117 anrufen. Während ein kurzes Telefonat zur Terminbuchung auf den ersten Blick wie eine praktikable Lösung wirkt, häufen sich in der Praxis die negativen Erfahrungen mit der Hotline. "Anrufer berichten immer wieder, dass sie sich bei Anruf der 116.117 bis zu einer Stunde in der Warteschleife befinden, die Telefonate sogar teilweise abbrechen", warnte zuletzt zum Beispiel der hessische Landesverband der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft. Trotz der langen Wartezeit erfahren manche letztlich nur, dass die wenigen Impftermine bereits vergeben sind. Darin sieht Bernd Ebert eine Gefahr: "Es darf nicht passieren, dass Leute aufgeben, wenn sie dreimal nicht durchkommen." Da helfe nur weiteres Personal in den Callcentern.
Doch an wen sollen sich Senioren, die es überfordert, sich telefonisch oder über das Internet anzumelden, nun wenden? "Die Hilfe muss direkt vor Ort sein, es braucht jemanden in der Nachbarschaft oder im direkten Umfeld", sagt der Kreisseniorenratsvorsitzende. Denn trotz jeder Hilfe – letztlich müsse sich doch jeder selbst anmelden. Trotzdem steht der Kreisseniorenrat – auch aus dem Home-Office heraus – jederzeit als Ansprechpartner bereit, bislang gab es aber nur wenige Anfragen, bedauert Ebert. "Wir werden konkret nicht oft genug zur Unterstützung herangezogen."
Dabei ist es genau das, was den Kreisseniorenrat ausmacht: Er "macht Öffentlichkeit, staatliche und kommunale Behörden auf die Probleme älterer Menschen aufmerksam und arbeitet an deren Lösung mit." Noch haben sich weder Landes- noch der Kreisseniorenrat, der für die Interessen älterer Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis eintritt, an die Öffentlichkeit gewandt. "Landesweite Pressemitteilungen sollen noch folgen", kündigt Ebert an. Darin wolle man an jeden, der gesundheitlich in der Lage ist, appellieren, sich zu impfen.