Odenwald/Tauber. (PM) Beschäftigte sollen künftig einen Anspruch darauf haben, ihre Arbeitszeit befristet verkürzen zu können. Wer Schicht arbeitet, Kinder betreut oder Angehörige pflegt, soll vom Arbeitgeber einen Zuschuss zum abgesenkten Entgelt erhalten. Das will die IG Metall in der laufenden Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie durchsetzen.
"Kinderbetreuung und Pflege sind wichtige gesellschaftliche Aufgaben, zu denen die Arbeitgeber auch einen Beitrag leisten müssen, denn Eigentum verpflichtet", fordert Gerd Koch, erster Bevollmächtigter der Geschäftsstelle Tauberbischofsheim. Mit einer Wahloption auf kürzere Arbeitszeiten sollen alle Beschäftigten ihre Arbeitszeit bis zu zwei Jahre lang auf bis zu 28 Stunden in der Woche verkürzen können.
Wer dies nutzt, um familiären Verpflichtungen nachzukommen, soll bei einer Arbeitszeitverkürzung um mindestens 3,5 Stunden einen Zuschuss von 200 Euro im Monat erhalten. Damit soll es auch Beschäftigten mit geringeren Einkommen ermöglicht werden, Arbeit und Privatleben besser zu vereinbaren.
In vielen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie fehlen familien-freundliche Regelungen. Lediglich bei zwölf Prozent gibt es tatsächlich Vereinbarungen zur Absenkung der Arbeitszeit, um Kinder zu betreuen. Die Pflege von Angehörigen ermöglichen nur zehn Prozent der Unternehmen durch entsprechende Regelungen. Das zeigt eine Befragung der IG Metall im Jahr 2016 unter Betriebsräten aus mehr als 2100 Betrieben.
"Zumeist sind die Beschäftigten vom Wohlwollen der Vorgesetzten abhängig, verbindliche Ansprüche haben sie nur sehr selten. Deshalb brauchen wir tarifliche Regelungen, die Ansprüche auf selbstbestimmte Arbeitszeiten sichern", erklärt Gerd Koch.
Mit ihrer Forderung setzt die IG Metall die Wünsche der Beschäftigten um: Die Beschäftigtenbefragung 2017 der IG Metall, an der sich 680.000 Arbeitnehmer beteiligt haben, zeigt: 82 Prozent würden ihre Arbeitszeit gerne vorübergehend verkürzen können, etwa für die Erziehung von Kindern und die Pflege von Angehörigen. Dafür erwarten sie einen finanziellen Ausgleich.
Die IG Metall sieht die Wahloption auf kürzere Arbeitszeit daher auch als Beitrag zur Sicherung von Fachkräften. "Arbeitgeber wollen Beschäftigte, die Vollzeit arbeiten, Überstunden leisten und rund um die Uhr erreichbar sind. Damit bringen sie sich selbst um gut ausgebildete Beschäftigte.
Vor allem Mütter, aber auch viele Väter, werden so aus der Arbeit in der Metall- und Elektroindustrie ausgrenzt", kritisiert Gerd Koch. "Mit modernen Arbeitszeiten, wie sie die IG Metall fordert, können diese Fachkräfte gewonnen und an die Unternehmen gebunden werden."
Die Verhandlungen für das Tarifgebiet Südwesten gehen am 11. Januar in die dritte Runde. Neben der Wahloption für kürzere Arbeitszeiten fordert die IG Metall eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um sechs Prozent.