Alexandra und Arnd Bürschgens aus Höpfingen haben im September 2019 den Deutschen Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene gegründet. Hauptberuflich sind beide als Sachverständige tätig und analysieren u. a. – wie hier – die Temperaturen von Trinkwasser in Häusern. Foto: Dominik Rechner
Von Dominik Rechner
Höpfingen. "Sauberes, gesundes Trinkwasser aus der häuslichen Wasserleitung": Das steht für den Deutschen Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene aus Höpfingen (DVQST) an erster Stelle. "Generell muss man sagen, dass wir in Deutschland eine Top-Trinkwasserqualität haben", sagt der Vorsitzende des Vereins, Arnd Bürschgens, Sachverständiger und Gerichtsgutachter. Das Wasser komme an allen Häusern in sehr guter Qualität an. Das Problem und ursächlich für hygienische Mängel seien veraltete oder lange nicht genutzte Anlagen sowie verrostete oder dreckige Rohre in den Gebäuden, klärt Bürschgens auf. Dadurch können sich Legionellen (Gattung stäbchenförmiger Bakterien) bilden, welche die Gesundheit gefährden.
Verkrustungen in einer alten verzinkten Trinkwasserleitung.In diesen Ablagerungen kann sich Biofilm entwickeln und Keime wachsen. Foto: Dominik Rechner
Damit es erst gar nicht dazu kommt, will der DVQST die Hygiene in Trinkwasser-Installationen stärker in den Fokus der Fachwelt und der Öffentlichkeit rücken. Der Verein dient dem Verbraucherschutz und ist im öffentlichen Interesse tätig. "Wir betreiben hauptsächlich Aufklärungsarbeit", betonen Arnd Bürschgens und seine Frau Alexandra, die Schriftführerin des im September 2019 gegründeten Vereins ist. Diese Aufklärung geschieht über Veröffentlichungen in sozialen Medien, der Fachpresse und der Internetseite des Vereins.
Aufklärung, das bedeutet in diesem Fall konkret, dass der Verein Betreibern und Nutzern verständlich macht, wie die sanitären Anlagen ordnungsgemäß betrieben und genutzt werden müssen, damit hygienische Mängel nicht auftreten können. "Aber auch Fachleute, wie Anlagenmechaniker für Sanitäranlagen oder Planer, kennen nicht die ganzen Anforderungen der Regelwerke für Trinkwasserqualität. Deshalb sind wir auch hier beratend tätig", sagt Arnd Bürschgens. Das geschieht beispielsweise über Bildungsangebote wie Fachforen oder Seminare.
Es bedeutet aber auch, dass der Verein schon verdeutlicht, wie die Anlagen korrekt geplant und installiert werden sollen. Der DVQST besteht aus 30 fachkompetenten Mitgliedern. Das sind unabhängige Sachverständige, die sich der Qualitätssicherung bei der Einhaltung der Hygiene in Trinkwasser-Installationen verschrieben haben. Sie verfügen über nachgewiesene, hohe Kompetenzen wie eine öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständige für Trinkwasserhygiene im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk. Für den "Otto Normalverbraucher" hat der Verein ein Merkblatt mit den fünf goldenen Regeln der Trinkwasserhygiene erstellt. Diese zeigen, was man dazu beitragen kann, um ein hygienisch einwandfreies Trinkwasser im Gebäude zu erhalten.
Die Mitglieder des Vereins sind über ganz Deutschland verstreut, unabhängig (also etwa keine Vertreter von Vereinigungen oder Unternehmen) und miteinander vernetzt. "Versammlungen fanden daher bereits vor Corona über den digitalen Weg statt", sagt Arnd Bürschgens. Falls es doch Probleme gibt, und ein Sachverständiger die Trinkwasseranlagen in einem Gebäude prüfen muss, so soll künftig ein nationales Sachverständigenverzeichnis auf der Internetseite des Vereins alle deutschlandweit tätigen Sachverständigen auflisten, an die sich die Betreiber wenden können. "Meistens wissen Vermieter oder Hausbesitzer nicht, was zu tun ist, wenn ihnen vom Gesundheitsamt mitgeteilt wird, dass ihre Wasseranlagen wegen Legionellenbefall überprüft werden müssen", so Arnd und Alexandra Bürschgens.
Verunreinigtes Trinkwasser aus den Leitungen. Hier haben sich Rohrleitungsmaterialien aufgelöst. Foto: BürschgensAuch hier setzt der Verein an und erklärt, was die nächsten Schritte sind. Nächster Schritt wäre, einen Sachverständigen zu beauftragen. Beispielsweise Arnd Bürschgens, der zusammen mit seiner Frau ein Sachverständigenbüro in Höpfingen leitet. Beide sind durch diesen Job deutschlandweit unterwegs und haben schon in zahlreichen Unternehmens- und Wohn-, aber auch öffentlichen Gebäuden Begutachtungen durchgeführt und Gefährdungsanalysen erstellt.
"Das heißt, wir überprüfen in mit Legionellen befallenen Gebäuden den Zustand der Installation, decken technische und betriebstechnische Mängel auf und erläutern, wie diese behoben werden können, um die Anlage von Legionellen zu befreien", so Alexandra Bürschgens.
In der Zeit des coronabedingten Shutdowns konnte sich sein Büro vor Arbeit kaum retten. Grund sind die zahlreichen positiven Legionellenproben in den ungenutzten Gebäuden. "Das Virus selbst ist über das Wasser nicht übertragbar. Das Problem sind die Folgeerscheinungen des Shutdowns durch Corona: Die sanitären Anlagen wurden über Wochen nicht genutzt und so können sich Legionellen in dem alten Wasser bilden", verdeutlicht Arnd Bürschgens. "Die Bakterien brauchen eine gewisse Temperatur und genügend Zeit, um zu entstehen. Das kann bei solchen Fällen leichter geschehen", ergänzt Alexandra Bürschgens. Beide betonen die Gefahr, die von Legionellen ausgehen kann: "Im Jahr sterben schätzungsweise zwischen 3000 und 4000 Menschen in Deutschland in Zusammenhang mit einer Legionellenerkrankung." Die Bakterien können eine schwere Lungenentzündung, die sogenannte Legionellose, verursachen. Eine Übertragung erfolgt jedoch nicht durch das Trinken des verunreinigten Wassers, sondern über die Aerosole, die zum Beispiel beim Duschen in der Luft schweben.
Verantwortlich für Legionellen sind aber eben nicht nur eine längere Nicht-Nutzung, sondern insbesondere auch alte Rohrleitungen und nicht instandgehaltene Einbauten wie Trinkwassererwärmungsanlagen. Oft sei dies in den großen Mehrfamilienhäusern der 70er-Jahre der Fall, sagt Arnd Bürschgens. "Ich war vor Kurzem in einem solchen Gebäude in Ludwigshafen. Da war der Befund bei über 20.000 KBE (Kolonie bildenden Einheiten von Legionellen) auf 100 Milliliter Wasser". Der technische Maßnahmenwert liegt jedoch bei nur 100 KBE. Neben den uralten Rohrleitungen habe er weitere Mängel wie einen fehlerhaften Trinkwassererwärmer und viel zu niedrige Warmwasser-Temperaturen festgestellt. "Das führt zu warmem Kaltwasser und zu kaltem Warmwasser", erklärt der Experte. Er und Frau Alexandra sagen, die Instandhaltung (also Wartung und Pflege) von Trinkwasseranlagen sollte bei den Hausverwaltungen oder Vermietern einen höheren Stellenwert haben.