Können die Neckar-Odenwald-Kliniken (hier der Standort Buchen) das geplante Defizit für das laufende und das kommende Jahr halten? Dazu gibt es im Kreistag, der am Montag im Schloss Merchingen tagte, unterschiedliche Einschätzungen. Foto: Andreas Hanel
Neckar-Odenwald-Kreis. (jam) 2,5 Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr will der Landkreis 2021 von seinen corona-gebeutelten Kommunen abzapfen. Damit reichen die 58,8 Millionen Euro aus der Kreisumlage nicht einmal aus, um im kommenden Jahr die ungedeckten Ausgaben im Sozialbereich des Neckar-Odenwald-Kreises zu finanzieren. Trotzdem ist es der Kämmerei um Michael Schork gelungen, ein Zahlenwerk vorzustellen, das für 2021 ein leichtes Plus von knapp 105.000 Euro ausweist.
Zahlreiche Investitionen – unter anderem für den geplanten Neubau am Ganztagsgymnasium Osterburken, in die Digitalisierung der Schulen sowie für Straßenmeistereien, das Radwegenetz und die Kreisstraßen – führen jedoch dazu, dass die Rücklage des Kreises bis Ende 2021 um knapp 5 Millionen Euro auf dann 18 Millionen Euro sinkt.
Gegenüber dem Entwurf des Haushaltsplans, der in der Oktober-Sitzung in Strümpfelbrunn eingebracht worden war, gab es nun nur noch einige kosmetische Anpassungen, die das Gremium jeweils – mit den Enthaltungen der drei AfD-Mitglieder – durchwinkte. Das gleiche Abstimmungsverhalten führte dann dazu, dass der Kreistag die Haushaltssatzung für 2021 einstimmig beschloss. Zuvor hatten die Fraktionen ihre Zustimmung – beziehungsweise im Fall der AfD ihre Enthaltung – ausführlich begründet.
> Dr. Norbert Rippberger (CDU): "Die Corona-Auswirkungen auf die nächsten Finanzjahre sind überhaupt nicht abzuschätzen, sondern bleiben für uns ein Risikofaktor", warnte der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten. Den Breitbandausbau und Fortschritte beim Mobilfunk sprach Rippberger ebenso an wie das Klinikendefizit. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die wirtschaftlichen Ziele mit Jahresverlusten von 7,7 Millionen Euro (2020) und 5,7 Millionen Euro (2021) einzuhalten sind. Mit Blick auf die Entwicklung des Tourismus während der Corona-Krise begrüßt die CDU, dass ein Fachbüro künftige Möglichkeiten ausloten soll: "Wir müssen sehen, dass wir mit unseren Pfunden, der Schönheit der Natur, der wunderbaren Odenwälder Landschaft, wuchern und mit unseren speziellen Angeboten weitere Gäste zu uns ziehen."
> Thomas Ludwig (Freie Wähler): Nachdem die Kommunalhaushalte 2020 dank staatlicher Unterstützung noch mit einem "tiefblauen Auge davonkommen werden", prognostiziert Thomas Ludwig, dass "die kritischsten Jahre erst noch vor uns liegen". Im Haushalt 2021 findet er dennoch viele eigene Akzente, mit denen sich die Wettbewerbsfähigkeit des Landkreises stärken ließen. Den angepeilten Jahresverlust der Kliniken – die bereits erwähnten 5,7 Millionen Euro – empfindet er als "ein ehrgeiziges Ziel", gleichzeitig aber auch "alternativlos". Die Landesregierung kritisieren die Freien Wähler dafür, beim Schienenverkehr auf der Frankenbahn "schlechte Pünktlichkeitswerte mit der Brechung von Zugläufen oder mit dem Streichen von Halten" zu beantworten. "Je weiter eine Region von einem Ballungszentrum entfernt ist, umso mehr direkte und schnelle Verbindungen benötigt sie", lautete Ludwigs Einschätzung.
> Heide Lochmann (SPD): "Dass unsere Kliniken notwendig und wichtig für unseren Kreis sind, hat sich gerade in der Pandemiezeit gezeigt", betonte die SPD-Fraktionsvorsitzende. Deshalb appelliert sie an Krankenkassen und Gesundheitsministerium, kleinere Krankenhäuser auf dem Land finanziell bedarfsmäßig auszustatten. Dagegen begrüßte sie es, dass sich der Bund an den Aufwendungen für Arbeitslose verstärkt beteiligt. Sie rechnet für 2021 mit weiter ansteigenden Fallzahlen in diesem Bereich. Als Devise für die Betreuung von Flüchtlingskindern gibt sie aus: "lieber früher eingreifen, um spätere Probleme zu entschärfen". Die fast 30 zusätzlichen Stellen in der Verwaltung des Neckar-Odenwald-Kreis – davon ein Großteil für das Gesundheitsamt – erachtet die SPD als "berechtigt". Zuletzt begrüßen die Sozialdemokraten, dass im Zuge der Freiwilligkeitsleistungen das Engagement von Ehrenamtlichen in DRK, Feuerwehr, Vereinen etc. unterstützt wird.
> Simone Heitz (Bündnis 90 / Die Grünen): Gegen Versiegelung und Flächenfraß, dafür für "Klimaneutralität des Landkreises bis 2030" setzte sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen in ihrer Rede zum Haushalt 2021 ein. "Landwirtschaft und Natur dürfen nicht weiter durch Siedlungserweiterungen – ob für Wohnen, Gewerbe oder Freizeit – und Straßenneubau geschädigt werden", plädierte Heitz. Zudem appellierte sie an die Verwaltung und den neuen Koordinator für Elektromobilität, bei Dienstfahrzeugen und schweren Maschinen künftig auf Strom zu setzen, um der Klimakrise entgegenzutreten. Außerdem skizzierte sie Aufgaben für den Ehrenamtsbeauftragten – unter anderem im Zusammenhang mit der geplanten Patenschaft des Kreises mit der Carl-Schurz-Kaserne und einem kreisweiten "Stadtradeln".
> Achim Walter (FDP): Die "Ein-Mann-Fraktion" der Freien Demokraten begrüßte die Senkung der Kreisumlage und den Konsolidierungskurs des Landkreises, der seine Schulden im Kernhaushalt im fünften Jahr in Folge reduziert, "um für künftige Aufgaben in der Nach-Corona-Zeit gewappnet zu sein". Bei den Neckar-Odenwald-Kliniken, deren Verluste der Landkreis ausgleicht, sieht er jedoch einen "großen Unsicherheitsfaktor". In diesem Zusammenhang beklagte er mangelnde Transparenz und forderte die Geschäftsführung dazu auf, den Kreisräten monatlich Zahlen zu präsentieren. Walters Prognose: Bereits die Abrechnung 2020 werde zeigen, dass der Ansatz von 5,7 Millionen Euro Defizit für 2021 "nicht zu halten ist".
> Tobias Eckert (AfD): "Ob geplante Ausgaben realistisch sind oder nicht und ob sie die jeweils beste Lösung darstellen", sei nach Erkenntnis der AfD nicht einzuschätzen. "Wir mussten feststellen, dass wir viele Angaben gar nicht prüfen können", beschwerte sich Tobias Eckert. Zudem kritisierte er, dass die Verwaltung zusätzlich Stellen schaffe, "ohne die wir bisher auch überleben konnten". Ihm zufolge wäre solches Geld mit Investitionen in Infrastruktur (Stichwort: Transversale) besser angelegt. Weil die AfD die notwendigen Schwerpunkte anders sieht, stimme sie dem Haushalt nicht zu.