Auch im Buchener Bistro Waldeck sind während des Lockdowns die Einnahmen auf einen Schlag komplett weggefallen. Glück im Unglück hatte Wirt und Eigentümer Christian Ullmer, der seit November zusätzlich auf Teilzeitbasis als Koch im Altenheim Geras in Mudau arbeitet. Foto: Joachim Casel
Buchen. (joc) "Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu." Dieser legendäre Satz von Jürgen ("Kobra") Wegmann stammt eigentlich aus der Fußballwelt, trifft aber in diesen Zeiten auch auf die Kneipiers landauf landab zu, denen die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown gewaltig zusetzt. Auf den Tag genau 100 Tage müssen die Gastwirtschaften jetzt schon ununterbrochen geschlossen bleiben. Für viele Wirte werden die nahezu vollständig eingebrochenen Einnahmen zur Überlebensfrage. Glück im Unglück hatte Christian Ullmer, der weithin bekannte Wirt und Eigentümer des Bistros "Waldeck" in der Mühltalstraße in Buchen. Ein glücklicher Zufall bescherte dem 58-Jährigen genau zu Beginn des zweiten Lockdowns einen Zweitjob als Koch in einem Pflegeheim. Stammgäste müssen sich aber keine Sorgen machen, dass er jetzt den Arbeitsplatz ganz wechselt: Ullmer wird sein Szenelokal wieder öffnen, wenn sich die Situation wieder normalisiert, gleichzeitig aber auch Koch im Heim bleiben, wie er ausdrücklich betont: "Ich bin dankbar für den neuen Job im Pflegeheim, ich bin aber auch gerne Wirt. Beides lässt sich, denke ich, auch in Zukunft gut miteinander vereinbaren!"
Rückblende: Nach dem ersten Lockdown bescherte Petrus einen schönen warmen Sommer. Die Gastwirtschaften mit Außenbewirtung erlebten einen regelrechten Boom. So auch das "Waldeck" in Buchen mit seiner überdachten Terrasse, die Anziehungspunkt für Menschen aus der gesamten Region war. "Das hat es finanziell rausgerissen," erläutert Christian Ullmer, der das "Waldeck" seit September 1999 betreibt. Doch schon zogen neue dunkle Corona-Wolken am Horizont auf. "Als das Wetter schlechter wurde, sind die Leute zu Hause geblieben, denn in das Lokal wollten sich die meisten in dieser Situation nicht setzen", bilanziert der Wirt.
Im November dann der zweite Lockdown, die Wirtschaften mussten auf unbestimmte Zeit ganz schließen. Der normalerweise umsatzstarke Dezember fiel komplett weg – Einnahmen Fehlanzeige!
In diesen Tagen kam Christian Ullmer ein glücklicher Zufall zu Hilfe. Als Mitglied der Wirtegemeinschaft beim Schützenmarkt hatte er schon vor Jahren Festwirt Dominik Baier kennengelernt. Dessen Vater Klaus kannte er schon von der gemeinsamen Schulzeit am Burghardt-Gymnasium. Zufällig trafen sich die ehemaligen Schulkameraden wieder. Christian Ullmer meinte flapsig über den gerade verkündeten zweiten Lockdown: "Wenn du mal Leute brauchst in deinem Heim, ich hätte gerade Zeit ...". Klaus Baier sagte seinem Sohn Bescheid, der keine zehn Minuten später Kontakt zu Christian Ullmer aufnahm. 20 Minuten danach war ein Vorstellungsgespräch vereinbart. Und vier Tage später, am 16. November, trat der neue Teilzeit-Koch seinen Dienst im Geras-Pflegeheim in Mudau an. Christian Ullmer: "Es passt alles, Arbeitszeiten und -bedingungen sind toll, und die Kollegen sind sehr nett. Ich arbeite gerne hier!"
Und so soll es auch bleiben. Für die Zeiten nach dem Lockdown hat Ullmer schon konkrete Pläne, wie er seine zwei Jobs unter einen Hut bekommt: "Ich werde den Mittagstisch streichen, Zusätzlich zum Ruhetag Dienstag machen wir dann auch noch den Montag zu, aber von Mittwoch bis Sonntag dürfen sich die Gäste auf ein Szene- und Speiselokal ,Waldeck‘ mit einigen Extras freuen!"
Christian Ullmer ist schon voller Tatendrang, der sich auch in der künftigen Speisekarte wiederfinden soll. "Dann gibt es als Schmankerl Quittensekt. Der passt prima in unsere Gegend." Neu im Angebot sind künftig auch Grünkernfalafel und neue vegane Speisen. Aber natürlich bleiben die heiß geliebten Käsespätzle und das gut nachgefragte Cordon bleu ebenfalls auf der Karte. Intensivieren möchte der Wirt die Zusammenarbeit mit regionalen Anbietern. So hat Ullmer vor, u.a. den Käse für das Cordon bleu bei der Kirchenkäserei in Sindolsheim zu beziehen.
An der Ausrichtung des Bistros soll sich freilich wenig ändern. Nachdem sich das "Waldeck" in den vergangenen Jahren vom Szenelokal zur beliebten Speisegaststätte weiterentwickelt hat, möchte Ullmer beide Bereiche weiterhin pflegen: "Irgendwann werden wir hoffentlich auch mal wieder Konzerte im ,Waldeck‘ anbieten können ..."
Wiedersehen werden die Gäste dann auch die vertrauten Gesichter. Die Bedienungen Carla und Katha, die schon lange im "Waldeck" kellnern, haben hauptberuflich zum Glück andere Jobs und sind folglich wirtschaftlich vom Kneipen-Lockdown verschont geblieben. Beide freuen sich, wenn es wieder losgeht.
Wenngleich der Lockdown den Umsatz im "Waldeck" auf null heruntergefahren hat, erkennt Christian Ullmer die Sinnhaftigkeit der Maßnahme an: "Die Maßnahmen der Politik sind gerechtfertigt, wenn man die Pandemiezahlen sieht. Ganz problemlos ist es nicht über die Bühne gegangen, aber es war ja auch für die Politiker Neuland. Da passieren halt mal Fehler." Bei der Einschätzung des Zeitpunkts für den Neustart ist Ullmer realistisch. "Ich glaube bis Ostern wird sich da nichts tun. Große Hoffnungen setze ich auf die Open-Air-Saison 2021 mit hoffentlich tollem Wetter und einer gut besuchten Gartenterrasse."