Die Rotoren von drei Windkraftanlagen drehen sich in der Abenddämmerung - ein Anblick, den die Mitglieder der Bürgerinitiative am "Kornberg" zwischen Bretzingen und Höpfingen verhindern möchten. Fotos: Rüdiger Busch
Hardheim/Höpfingen. (rüb) Still ruht der See - so lässt sich die Situation rund um den umstrittenen Windpark "Kornberg" beschreiben. Seit der Gemeindeverwaltungsverband Hardheim-Walldürn (GVV) im August die Entscheidung über eine für den Bau notwendige Flächennutzungsplanänderung vertagt hat, ist es verdächtig ruhig um das Dauerstreitthema geworden. Die Sitzung war abgesetzt worden, nachdem es von Walldürner Seite Befürchtungen gegeben hatte, die Windkraftanlagen könnten die Sicherheit des Verkehrslandeplatzes beeinträchtigen. Wir haben bei der Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz (BGN), die seit mehr als vier Jahren gegen die Pläne mobil macht, und deren Vorsitzenden Dieter Popp nachgefragt, wie sie die Entwicklung einschätzt.
Es ist ruhig geworden um den "Kornberg" - auch bei Ihnen?
Nein, wir werden häufig von Bürgern angesprochen, wie es denn nun weitergeht. Zumeist wird der Wunsch geäußert, dass endlich ein Schlussstrich gezogen wird, damit in unseren Gemeinden wieder Ruhe einkehrt. Überwiegend wird Unverständnis darüber geäußert, weshalb man für das Projekt noch weitere, teils horrende finanzielle Mittel aufwendet. Nicht zu verstehen ist für viele Bürger, weshalb man den Fortbestand des Flugplatzes billigend aufs Spiel setzt. Soll die ohnehin schon bescheidene Infrastruktur in unserer Gegend wegen ein paar Windrädern noch weiter verschlechtert werden? Jetzt wäre doch der richtige Zeitpunkt für die beiden Bürgermeister gewesen, um erhobenen Hauptes und ohne Gesichtsverlust aus dem Projekt auszusteigen, so die allgemeine Meinung. Warum dies nicht geschehen ist und diese erneute Chance dazu vertan wurde, darüber kann man nur spekulieren.
Dieter Popp. Foto: privatWird das Thema "Flugsicherheit" das Projekt Ihrer Meinung nach stoppen?
Die bisherige Faktenlage der vorgelegten Stellungnahmen ist eindeutig. Ein Windpark am Kornberg wäre für Motor- und Segelflugzeuge zu gefährlich. In Melle (Ostwestfalen) ist bereits ein Flugzeug in ein Windrad gekracht. Es handelt sich also nachweislich nicht um geschürte oder um herbeiprovozierte Ängste, wie die beiden Bürgermeister glauben machen wollen. Lediglich das von Dr. Mörz durch die Zeag vorgelegte Gutachten sagt etwas anderes aus.
Wie erklären Sie diese Unterschiede in den Gutachten?
Diese Frage kann nur die Zeag beantworten. Eines ist jedoch festzuhalten: Fast auf jeden der angesprochenen Punkte, bei denen Dr. Mörz eine Gefährdung des Flugbetriebes durch die Anlagen ausschließt, spricht er im Nachgang davon, für keine seiner Aussagen eine Haftung zu übernehmen! Hat er schon den Ernst der Lage bereits für sich erkannt und somit bewusst eine Haftung für sich im Vorfeld ausgeschlossen? Kaum zu erklären ist für uns, weshalb man von Anfang an sehr viel Geld für eine naturschutzrechtliche Stellungnahme ausgegeben hat, ohne vorher das Thema Flugsicherheit zu klären. Warum fährt man hier zweigleisig und gibt so viel Geld aus? Kein privater Bauherr würde so vorgehen!
Könnte ein neues, neutrales Gutachten zur Befriedung beitragen?
Dafür müsste man zunächst klären, wer eigentlich die Kosten für das nun geforderte weitere Gutachten trägt? Die Zeag, der GVV oder die Gemeinden? Wir hoffen nur, dass es nicht die Allgemeinheit sein wird. Aus unserer Sicht wäre ein weiteres Gutachten auch nicht notwendig. Hat nicht bereits das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) auch erhebliches Gefahrenpotential für Segel-, Leicht- und Motorflugzeuge bestätigt? MdB Alois Gerig und auch Landrat Brötel haben sich inzwischen klar für den Fortbestand des Flugplatzes positioniert. Bleibt zu hoffen, dass nun auch die Bürgermeister ein Einsehen haben und nicht weiter das Verhältnis zu Walldürn oder die Zukunft des GVV gefährden.
Ein weiterer Kritikpunkt der BGN sind mögliche artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen am Kornberg. Gibt es bei diesem Thema Neuigkeiten?
Generell ist hierzu zu sagen, dass die BGN immer professioneller vorgeht. In mehreren tausend Arbeitsstunden vor Ort haben wir festgestellt, dass die Vögel meist bereits gebaute Horste benutzen und die Horste während der Brutzeit aufgrund des Bewuchses fast nicht zu lokalisieren sind. Aus diesem Grund haben wir die Strategie dahingehend geändert, dass wir in der Winterzeit die Horste sucht und genau per GPS kartieren. Somit ist gewährleistet, im Sommer die Bruthorste leichter zu finden. Auf diese Weise konnten wir jede Menge windkraftsensible, teils streng geschützte Tier- und Vogelarten im Gebiet nachweisen. Insgesamt bleibt klar festzuhalten, dass alleine aufgrund des Naturschutzes der Windpark nicht realisiert werden kann.
Täuscht der Eindruck, oder nimmt der Widerstand gegen neue Windparks zu?
Nein, das nehmen wir auch wahr. Mit Wohlwollen haben wir zum Beispiel die Berichterstattung der RNZ zum CDU-Parteitag verfolgt: Die CDU will die Privilegierung von Windkraftanlagen im Baurecht abschaffen. Bisher ist es automatisch zulässig, sie zu bauen, wenn öffentliche Belange nicht dagegen sprechen. Nach dem Willen der CDU sollen die Kommunen nun mehr Mitspracherecht bekommen. Immer mehr Bürger erkennen, dass Windkraft auch in Zukunft nur eine Nischenform sein kann, und stellen sich daher gegen den unverhältnismäßig hohen Raubbau an unserer Natur, besonders in Waldgebieten, da dieser in keinem Verhältnis zur erzeugten Energie steht. Schließlich kritisiert auch die WHO den viel zu nahen Bau von Windkraftanlagen an Wohngebieten und empfiehlt den zehnfachen Abstand zur Höhe der Anlagen. In Bayern wird dies bereits umgesetzt. Leider stammen die bisherigen Abstandsregelungen noch aus einer Zeit, in der die Anlagen nur zirka 80 Meter hoch wurden.
Wie geht die BGN nun weiter vor?
Wir bleiben nach wie vor voll entschlossen und werden uns weiterhin für die Gesundheit und Lebensqualität unserer Bürger, den Erhalt unseres Waldes, der darin lebenden Tiere sowie den Schutz unserer Heimat einsetzen. Wir wurden in all unseren Aussagen und Bedenken der letzten Jahre bestätigt. Deshalb ist es für uns absolut unverständlich, weshalb man trotzdem weiterhin am geplanten Vorhaben festhält.
Wie sieht ihr Zwischenfazit nach vier Jahre Kampf gegen Windmühlen aus?
Wir möchten nochmals klarstellen: Die Mitglieder - bei denen wir uns für ihre treue Unterstützung bedanken - und der Vorstand der BGN sind keine Gegner der Energiewende oder der Windenergie an sich. Aus den vorgenannten Gründen sind wir jedoch gegen den Windkraftstandort am "Kornberg" sowie gegen Projekte, die nachweislich zu nahe an der Wohnbebauung und in Schutzgebieten liegen. Unserer Ansicht nach wird die Energiewende vor allem auf dem Rücken der Bürger des ländlichen Raumes ausgetragen sowie auf deren Gesundheit und Lebensqualität. Beim Blick nach vorne ist uns eines wichtig: Uns geht es nur um die Sache, und wir sind sehr daran interessiert, dass eine gute Lösung für die Gemeinden und deren Bürger gefunden wird.