Wegen der Pandemie wartete an der Tür meist oft nur jemand, der ins Haus gehört. Foto: Dorn
Von Philipp Weber
Weinheim/Region. Die gute Nachricht zuerst: Die Beamten des Weinheimer Polizeireviers haben 2020 weniger Straftaten verzeichnet als in jedem der vier Jahre zuvor. Die weniger gute Nachricht: Der Rückgang hängt nicht zuletzt mit den Beschränkungen zusammen, die die anhaltende Viruskrise mit sich bringt. Ausgangsbeschränkungen, geschlossene Geschäfte und mäßig frequentierte Stadtkerne machten die Welt außerhalb der eigenen vier Wände – statistisch gesehen – sicherer. Denn man war draußen ja selten allein: Die hohe Polizeipräsenz auf den Straßen und die vielen Kontrollen, die der Durchsetzung der Corona-Bestimmungen dienten, hätten gewirkt, so der Stellvertretende Revierleiter Bernd Kilian. Anders sieht es mit Aktivitäten im Internet aus.
> Das Sicherheitsniveau: Die Kräfte des Polizeireviers in Weinheim sind für die Zweiburgenstadt sowie Laudenbach, Hemsbach, Hirschberg und Schriesheim verantwortlich. Die Zahl aller erfassten Straftaten ist von 4140 (2019) auf 3826 gesunken, das ist ein Minus von 6,2 Prozent. Weinheim hat den größten Anteil daran.
Für das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger ist indes die Häufigkeitsziffer entscheidend, zu deren Ermittlung die Zahl der Straftaten auf 100.000 Einwohner "heruntergerechnet" wird. Diese liegt im Bereich des Polizeireviers bei 4326 (2019: 4674). Das ist weniger als im Gesamtschnitt des Landes Baden-Württemberg (4852), den auch Weinheim mit 4764 unterbietet. Mehr noch: Obwohl Weinheim die größte kreisangehörige Stadt ist, liegt sie unter dem Durchschnittswert aller Großen Kreisstädte im Rhein-Neckar-Kreis. Schriesheim weist die Häufigkeitsziffer 4074 auf, Hirschberg liegt bei 3155, Hemsbach bei 5073 und Laudenbach bei 2230. Kurz: An der badischen Bergstraße wird es immer unwahrscheinlicher, Opfer einer Straftat zu werden.
> Die Wohnungseinbrüche: Nachdem es 2019 leicht erhöhte Zahlen zu vermelden gab, erlebte die Region 2020 weniger Einbrüche. Das liegt mit daran, dass die Menschen öfter zu Hause waren als gewöhnlich. Der Rückgang habe aber auch mit "gesondert geführten Fahndungsstreifen" zu tun, die diese Form von Kriminalität bekämpfen. In Weinheim waren 24 Wohnungseinbrüche zu verzeichnen, in Schriesheim zwölf und in Hirschberg elf. Versuche zählen jeweils mit.
> Statistische Einflüsse: Gerade in eher kleinen Gebieten schlagen sich einzelne Geschehnisse oder bestimmte Arbeitsschwerpunkte der Polizei stark nieder: So trugen 2019 eine Vielzahl von zur Anzeige gebrachten Tankbetrügern zu einem Anstieg bei den Warenkreditbetrugsdelikten bei. 2020 war dann wieder ein Rückgang zu verzeichnen. Negativ auswirken kann es sich – rein statistisch – dagegen, wenn die Polizei rausgeht (Holkriminalität): So stießen die Beamten im Hemsbach auf ein Mehr an Rauschgiftdelikten, weil sie das dortige Dunkelfeld "erheblich" aufgehellt hatten. In Schriesheim beschädigten inzwischen ermittelte "Serientäter" Autos.
Der allgemeine Anstieg von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung resultiert aus der Tatsache, dass mehr und mehr Jugendliche Pornos über Messenger-Dienste verbreiten – ohne sich klar zu machen, dass dies strafbar ist.
> Die häufigsten Delikte: Diebstahls- und Vermögensdelikte machten über 50 Prozent der erfassten Straftaten aus. Ausgangsbeschränkungen, geschlossene Läden und der Rückzug ins Homeoffice führten dazu, dass sich Menschen eher der Gefahr aussetzten, auf Internetbetrüger hereinzufallen. Die Beamten registrieren zudem, dass sich Kriminelle allgemein aufs Netz verlagern. In Sachen Computerbetrug ist ein 14,5-prozentiger Anstieg von 83 (2019) auf 95 Fälle zu verzeichnen. Betrügereien mit rechtswidrig erlangten unbaren Zahlungsmitteln nahmen um 28 Prozent zu (von 53 auf 68 Fälle).
Die gute Nachricht aus dieser Rubrik: Es wurden nur 163 Fahrräder gestohlen, 25 davon waren nicht abgeschlossen. Das ist ein Rückgang um 35,6 Prozent. Bei den Ladendiebstählen (129) waren es 13 Fälle weniger als im Vorjahr. Die schlechte Nachricht: Mit 72 Diebstählen von Autos oder Geräten aus Autos ist hier ein klares Plus zu verzeichnen (knapp 36 Prozent).
> Häusliche Gewalt: 2020 war kein signifikanter Anstieg festzustellen (2019: 47 Fälle, 2020: 55), so die Polizei. Aber: "Auswirkungen der Pandemie sind bei den hier bekannten Fällen nicht von der Hand zu weisen." Zudem werde inzwischen intensiver mit anderen Behörden und örtlichen Anlaufstellen kooperiert, es gebe eine "allgemeine Sensibilisierung". Fälle werden früher als solche erkannt, und dank des Projekts "Hochrisikofälle Häusliche Gewalt" gab es auch beim Polizeirevier in Weinheim strukturelle Verbesserungen, um diese Form von Gewalt effizienter eindämmen zu können.
> Wo die Ermittler Erfolg hatten: Die Anonymität des Internets behindert die Arbeit der Polizei. Aber auch bei Sachbeschädigungen und Diebstahlsdelikten ist es nicht einfach zu ermitteln. Dagegen war bei Körperverletzungen und Beleidigungen eine Aufklärungsquote von 90 Prozent zu verzeichnen: "Die Gefahr, im öffentlichen Raum von Unbekannten angegangen zu werden, ist eher gering." Sehr unerfreulich: Die Gewalt an Polizeibeamten erreichte mit 23 Fällen einen Höchststand (2019: 18, 2018: zwölf, 2016/17: je 21).
> Die Unfallzahlen: Die Polizei verzeichnet einen Rückgang der Unfallzahlen. Darüber hinaus war 2020 kein Verkehrstoter zu beklagen und – laut Polizei – auch kein örtlicher Schwerpunkt zu erkennen. In Weinheim ging die Zahl der Unfälle von 1401 (2019) auf 1112 zurück, in Hirschberg "knallte" es 161 Mal (2019: 196) und in Schriesheim 310 Mal (Vorjahr: 335).