Eine schwierige Aufgabe in Corona-Zeiten: Simone Britsch (l.) und Monika Paschke-Koller sind Klinikseelsorgerinnen an der GRN-Klinik in Weinheim. Foto: Dorn
Von Marion Gottlob
Weinheim. Es war am Freitag, 13. März! Das Datum vergessen die Klinikseelsorgerinnen Simone Britsch und Monika Paschke-Koller an der Weinheimer GRN-Klinik nicht. An diesem Tag begann für sie der Ernst der Corona-Pandemie. Evangelische Pfarrerin und Seelsorgerin Simone Britsch sagt: "Es war, als wäre ein Faden abgeschnitten worden." Ihre römisch-katholische Kollegin Monika Paschke-Koller erklärt: "Es war ein Dilemma: "Mit dem Abbruch der Kontakte wurde jeder geschützt – gleichzeitig wäre gerade in der Notsituation der persönliche Kontakt wichtig gewesen. Das ist uns allen in dieser Zeit bewusst geworden."
Alles war ungewiss, nichts war mehr sicher. Die normalen Besuche am Krankenbett, die Kontakte zu den Angehörigen und zu den Mitarbeitern der Klinik waren nicht mehr möglich. Die wöchentliche Andacht durfte nicht mehr stattfinden. In dieser existenziellen Krise haben sich das Vertrauen und die ökumenische Zusammenarbeit zwischen den Frauen und den Konfessionen bewährt.
Monika Paschke-Koller und Simone Britsch erläutern: "Wir mussten neue Formen des Kontakts finden, also sind wir neue Wege gegangen." Es gab kein Vorbild. Alles musste neu ausprobiert werden. Das fing schon mit der Frage nach Telefonnummern an. Sonst sind die Klinikseelsorgerinnen über den Empfang der Klinik erreichbar. Nun kann man auch über Handynummern Kontakt zu ihnen aufnehmen. Dazu kam eine weitere Idee: Einmal in der Woche legten seitdem die beiden Seelsorgerinnen in Absprache mit der Klinikleitung ein Info-Blatt auf das Frühstückstablett der Patienten: Darauf stehen erneut die Telefon-Nummern der Klinikseelsorgerinnen und ein Spruch der Hoffnung. Außerdem ist der Hinweis auf die Audio-Andachten der Weinheimer Pfarrer hinzugefügt. "Das ist gerade auch für ältere Menschen geeignet, die mit dem Internet ungeübt sind, aber das Telefon gut bedienen können." Man kann diese Andachten rund um die Uhr abrufen. Ein kleiner Ersatz für die wöchentlichen Präsenz-Andachten in der Klinik.
Gerade Angehörige nutzten die Chance und riefen die Klinikseelsorgerinnen an. Um die Osterzeit meldete sich eine Familie: "Zuerst konnten wir unsere Oma im Pflegeheim nicht besuchen – und jetzt im Krankenhaus auch nicht." Daraufhin besuchte Monika-Paschke-Koller die Oma und vermittelte ein Video-Telefonat. Die Freude war so groß, dass alle immer wieder das Gleiche sagten: "Geht’s Dir auch wirklich gut?" Für einen Sohn vermittelte sie auf diese Weise einen Video-Kontakt zum frisch operierten Vater: Nach dem dritten Telefonat bedankte sich der Sohn: "Jetzt kann ich erkennen, dass es meinem Vater wieder besser geht."
In der Corona-Zeit sind auch Babys zur Welt gekommen. Ein frisch gebackener Vater meldete sich per Telefon bei Simone Britsch: "Es täte uns gut, wenn Sie das Kind segnen würden." So verabredeten sie einen Video-Anruf. Der Vater machte die Segensgesten, während Pfarrerin Britsch die Worte dazu sprach. Kurz darauf sprach sie für ein weiteres "Purzelchen", ein Mädchen, ebenfalls die Segensworte.
Ganz schwierig: Der Gottesdienst für die Sternenkinder musste verschoben werden. Es geht um Kinder unter 500 Gramm, die bei der Geburt gestorben sind. "Das war für die Eltern sehr schwer", so Britsch. Inzwischen wurde der Abschiedsgottesdienst für acht Sternenkinder nachgeholt: unter freiem Himmel und mit Wahrung der Abstandsregeln. Geschwister-Kinder hatten eine Sternen-Urne gestaltet.
Auch das gibt es: Eine mehr als 70 Jahre alte Krebs-Patientin hat einer Klinikseelsorgerin anvertraut: "Ich hatte eine Corona-Infektion, habe es nicht gemerkt und überstanden. Erst danach wurde die Infektion mit einem Test nachgewiesen." Monika Paschke-Koller sagt mit einem ernsten Lächeln: "Ich wäre bereit gewesen, Corona-Patienten zu besuchen. Ich hatte keine Angst." Im System Krankenhaus gibt es jedoch nicht nur Patienten. "So gehört die Begleitung der Pflegekräfte und Ärzte genauso zur seelsorgerlichen Aufgabe, denn gerade den Klinik-Mitarbeitern wurde in den vergangenen Monaten viel abverlangt.
Auch ethische Fragen bekamen in dieser Pandemiezeit eine besondere Bedeutung und werden sowohl Seelsorge als auch medizinisches Personal besonders im Ethikkomitee der GRN-Klinik weiterhin beschäftigen", so Monika Paschke-Koller.
Zwar konnten die beiden ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen in der Seelsorge in den ersten Monaten ihren Dienst nicht verrichten, aber die hauptamtlichen Klinikseelsorgerinnen sind sich einig: "Wir haben in der Krise das Miteinander erfahren." Simone Britsch betont die Bedeutung der Dankbarkeit: "Wir haben gesehen, wie schnell alles anders werden kann."
Die beiden denken schon darüber nach, wie sie Weihnachten in Corona-Zeiten gestalten können. Aber erst einmal sollen im September wieder die wöchentlichen Klinik-Andachten möglich sein, immer donnerstags um 18 Uhr. Die Anzahl der Teilnehmer ist begrenzt, es müssen die Abstandsregeln beachtet werden. "Wir werden es einfach ausprobieren."
Info: Klinikseelsorge Weinheim: Simone Britsch, Telefon 0176/43387689, E-Mail: simone.britsch@grn.de , Monika Paschke-Koller, Telefon 0163/5475207, E-Mail: monika.paschke-koller@grn.de.