Der Wald im Bereich „Goldkopf“. Foto: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim. Es waren Hiebmarkierungen an einer Vielzahl von Bäumen, die den Verein "Gegenwind Weinheim" schon Ende 2020 auf den Plan riefen. Die Bürger, die der ehedem von der Stadt Weinheim forcierten Windenergiezone südlich des Goldkopfs skeptisch gegenüberstehen, sind indes keine "Baumbesetzer". Sie haben nichts Grundsätzliches gegen solche Markierungen an älteren Bäumen. Holzeinschlag ist im Wald um Weinheim gängige Praxis: Die Forstwirtschaft entnimmt den Rohstoff Holz und erhält die Funktion des Walds als Schutz- und Erholungsraum aufrecht.
Was die Aktiven jedoch verwunderte, war die Auswahl des Gebiets, in dem die Markierungen auftauchten. Seit Frühjahr 2019 sei der Nachweis erbracht, dass es dort einen Rückzugsort und Lebensraum für eine Vielfalt an Fledermausarten gibt, heißt es in einer Mitteilung.
Warum kamen Infos nicht an?
Rückblick: Der Verein hatte 2018 eine Fledermauserfassung im Bereich des Goldkopfs erstellen lassen. Denn die Planungen der Stadt sahen in dem sogenannten Freibereich 4, der innerhalb eines Landschaftsschutzgebiets liegt, eine Konzentrationszone zum Bau von Windenergieanlagen vor. Das Ende der Geschichte ist bekannt: Es wurden zum Teil seltene Fledermausarten nachgewiesen. Die Planungen der Stadt scheiterten.
In Bezug auf die Hiebmarkierungen haben sich die Vereinsaktiven nun gefragt, warum derartige Informationen nicht bei den Stellen ankommen, die den Wald einer "Verjüngungsmaßnahme" unterziehen wollen. Vertreter von "Gegenwind Weinheim" kontaktierten die Stadt, das Forstamt und die Untere Naturschutzbehörde. "Die vom Gemeinderat beschlossenen Rodungsmaßnahmen zur Waldverjüngung, die am 1. Dezember hätten beginnen sollen, konnten aufgrund von Krankheitsfällen bis Mitte Dezember noch nicht ausgeführt werden", teilen die Aktiven mit. Nach "offenen und konstruktiven" Gesprächen habe Erster Bürgermeister Torsten Fetzner angekündigt, dass der Hieb ausgesetzt wird. Wenn die Ergebnisse einer zusätzlichen Analyse des Fledermaushabitats vorliegen, entscheidet die Forstbehörde, ob und in welchem Umfang die Maßnahme zur Ausführung kommt.
Darüber sind die Vereinsaktiven froh. "Kritisch hinterfragt der Verein jedoch, wieso die ökologische Wertigkeit des Walds und die Erkenntnisse des Fledermausgutachtens trotz Pressemitteilung und öffentlicher Veranstaltung im Frühjahr 2019 nicht soweit bekannt waren, um dieses Gebiet von Verjüngungsmaßnahmen auszunehmen", heißt es. Möglicherweise hätten die neue Zusammensetzung des Gemeinderats, die neue Leitung des Forstrevieres sowie ein Wechsel in der Unteren Naturschutzbehörden dazu beigetragen.
Soweit das Geschehen im Weinheimer Wald. Doch es bleiben Fragen. Etwa, ob die Stadt vollendete Tatsachen für eine oder mehrere Windenergieanlagen schaffen wollte. "Das will ich niemandem vorwerfen, es kann auch nicht bewiesen werden", bleibt der "Gegenwind"-Aktive Dieter Hanning im RNZ-Gespräch sachlich. Fakt sei aber, dass durch den Teilregionalplan Windenergie vom Februar 2020 das Ausschlussgebiet am Goldkopf keins mehr sei – obwohl es dies im alten Regionalplan war.
Den zuständigen Förster lobt Hanning indes: Nach Entdeckung der Hiebzeichen habe sich dieser sofort zu einem Vororttermin bereit erklärt. Auch die Stadt habe unverzüglich gehandelt. Jetzt sei der Hieb erst einmal aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Im Herbst solle es eine Begehung des fraglichen Gebiets geben.
Soweit die Sicht des Vereins. Doch was sagt die Stadt? Der Erste Bürgermeister hat ebenfalls auf eine RNZ-Anfrage geantwortet. "Gegenwind hatte uns mitgeteilt, dass Rodungsarbeiten im Bereich des Goldkopfs, also im früheren Freibereich 4 stattfinden würden; dort gäbe es verschiedene Fledermausarten, die ihre Sommerunterkünfte verlieren würden", erinnert sich Torsten Fetzner. Die Zuständigen in der Verwaltung hätten sich sofort mit der Kreis-Forstbehörde ins Benehmen gesetzt, da diese die Waldbewirtschaftung für die Stadt Weinheim übernimmt.
"In Abstimmung mit mir wurden die Hiebarbeiten sofort gestoppt und werden in diesem Bewirtschaftungsjahr nicht mehr durchgeführt", so Fetzner. Bis zum nächsten Jahr bleibe ausreichend Zeit, um zu prüfen, inwieweit Fledermauspopulationen von den im Forst- und Landwirtschaftsausschuss beschlossenen Maßnahmen betroffen sind: "Im Moment können wir dazu noch keine Angaben machen."
Mit dem Verein "Gegenwind Weinheim" habe er bereits einen Besprechungstermin vereinbart, zum "gegenseitigen Informationsaustausch", so Fetzner.