Die traditionsreiche Schriesheimer Weinlage Madonnenberg. Foto: Kreutzer
Von Micha Hörnle
Schriesheim. Seit Jahren hört man eigentlich wenig vom Madonnenbergverein. Es ist noch nicht so lange her, da war es die höchste Ehre, dort Pate zu sein, doch nun herrscht, auch coronabedingt, seit knapp drei Jahren absolute Funkstille. Mitte Oktober 2017 wurde Landes-Innenminister Thomas Strobl auf einem eher schlichten Konvent im damals noch existierenden "Kaiser" zum Ehrenpaten des Wingerts gekürt, aber dann kam nichts mehr. "Das lag an Corona. Der 30. März war fest terminiert, alles war schon gebucht", sagt fast entschuldigend Bürgermeister Hansjörg Höfer, der auch Vorsitzender des Madonnenbergvereins ist. Man habe ja einen nächsten Paten längst ausgewählt und hätte ihn auch gern der Öffentlichkeit präsentiert, aber die Pandemie hätte das verhindert.
Um wen es sich handelt, will Höfer nicht sagen: "Eine Person mit starkem Bezug zu Schriesheim." Man ahnt es schon: Dieser Mann ist hier aufgewachsen und erst unlängst in höchste Ämter aufgestiegen – aber sein Name wird wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Dass es eine fast dreijährige Pause gab, erklärt Höfer damit, dass sich beim restlos ausgebuchten Innenminister Strobl keine Termine finden ließen. Überhaupt wurde es "die letzten Jahre immer schwieriger, einen Zeitpunkt zu finden, an dem beide, der alte und der neue Ehrenpate, können", so Höfer. Nun habe man einen Termin im nächsten Jahr gefunden, eine coronabedingt kleine Konvent-Feier lehnt Höfer ab: "Ich möchte eine schöne Veranstaltung." Den Vorwurf, er betreibe den Madonnenberg samt Konvent eher lustlos, will er nicht gelten lassen: "Das ist mir schon eine Herzensangelegenheit. Die Lese und der Konvent mit ihrer herzlichen Atmosphäre machen jedes Jahr Freude."
Der bislang letzte Ehrenpate war Innenminister Thomas Strobl (l.). Er erhielt von Ex-Landrat Jürgen Schütz am 13. Oktober 2017 die Urkunde. Foto: KreutzerAllerdings ist die Zukunft des Madonnenbergvereins samt Konvent durchaus eine brisante Angelegenheit. So wollten sich gegenüber der RNZ weder Alt-Landrat Jürgen Schütz noch Ex-Sparkassenchef Rüdiger Hauser äußern, von Alt-Bürgermeister Peter Riehl einmal ganz abgesehen. Alle drei sind als Beiräte dem Madonnenberg seit Jahrzehnten eng verbunden. Und wer von den Insidern der RNZ etwas sagt, tut es nur im Schutz der Anonymität: "Der letzte Konvent war ein Tiefpunkt. Da wurde im ,Kaiser’ gefeiert, weil der Zehntkeller noch nicht fertig war, und es sind nur sehr wenig Ehrengäste gekommen. Höfer hat nicht, wie einst Peter Riehl die Gabe, Persönlichkeiten einzufangen. Dabei war der Konvent früher ein gesellschaftliches Highlight für Schriesheim." Ein anderer Kenner der Materie, der namentlich nicht genannt sein will, meint: "Früher gab es das Dream-Team Schütz-Kretz (Anm. d. Red: Der langjährige Landrat des Landkreises Karlsruhe Claus Kretz war bis zu seinem Freitod 2007 Vorsitzender des Madonnenbergvereins), aber das ist Geschichte. Wenn es jetzt heißt, dass Corona den Konvent unmöglich gemacht hat, kann ich nur sagen: Auch vor Corona lief fast nichts mehr."
Der Wingert an sich wird zwar noch bewirtschaftet – dafür sorgt seit 2003 Werner Volk aus Leutershausen mit seinen Erntehelfern. Aber die Aktiven, die den Madonnenberg seit 1989 in mühsamer Handarbeit pflegten, wurden irgendwann zu alt oder sind mittlerweile, wie Heinz und Ludwig Mildenberger, verstorben – was auch Höfer zugibt. Aber auch der Madonnenbergverein an sich trifft sich nur noch "sporadisch", wie Vorsitzender Thomas Höhr auf RNZ-Nachfrage erklärt. Ein anderer Insider sieht das so: "Im Grunde ist der Madonnenbergverein tot." Für den Wein- und Sektverkauf werde kaum mehr Werbung gemacht, die Vereinsmitglieder würden nicht mehr regelmäßig informiert, es gäbe außer der Lese kaum mehr Aktivitäten im gesamten Verein – kurz: Alles sei ziemlich lustlos geworden. "Wenn jetzt nichts passiert, schläft das alles ein." Zumindest fürs Jahresende hat Höfer angekündigt, sich zusammenzusetzen und über die Zukunft des Madonnenbergvereins nachzudenken: "Ein Ende steht nicht zur Debatte."