„Hoch hinaus” geht es bei diesem Kunstwerk aus Textilien, das im Domhof zu sehen ist. Foto: Sturm
Von Axel Sturm
Ladenburg. Es gibt Branchen, die von der Corona-Krise besonders hart getroffen wurden. Hierzu zählt auch die Kunst, die auf ein interessiertes Publikum angewiesen ist, um überleben zu können. Daher war die Jahresausstellung des Ladenburger Kunstvereins für 35 Künstler ein Hoffnungsschimmer. "Back to Future" lautetet das Motto, das man in diesem Jahr bewusst "etwas schwammig" gewählt habe, sagte die Vorsitzende des im Jahr 2012 gegründeten Vereins, Wiebke Hünermann-Neuert.
Diese Entscheidung war richtig, was sich an der Anzahl der eingereichten Werke ablesen lässt. 350 Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Installation, Skulpturen, Zeichnungen und Kurzfilme musste die Jury bewerten. Letztendlich wurden 35 Kunstschaffende zur Ausstellung in den Domhof eingeladen, um ihre Werke zu präsentieren.
Bei der Vernissage am Freitag war zu spüren, wie dankbar die aus ganz Deutschland angereisten Künstler waren, wieder einmal ausstellen zu können. "Normalerweise werden Arbeiten für unsere Jahresausstellung von Künstlern aus der Region eingereicht. Nun haben sich Kunstschaffende aus Berlin, München, Hamburg, Köln und Frankfurt interessiert, und das war auch für uns bemerkenswert", sagte Hünermann-Neuert bei der Eröffnung. Sie berichtete aber auch von einem tragischen Fall. Ein Künstler, der eine Zusage erhalten hatte, konnte nicht kommen. Er konnte seine Skulptur nicht nach Ladenburg transportieren, weil er in der letzten Woche sein Auto verkaufen musste, um zu überleben. "Es schmerzt, wenn man solche Geschichte hört", meinte die Vorsitzende.
Die RNZ sprach mit der Partnerin einer Künstlerin, die ihre Geschichte anonym erzählen wollte. Die Stimmung im Haushalt sei am Boden gewesen. Es gab in den letzten vier Monaten überhaupt kein Interesse an den Arbeiten. "Meine Partnerin war am Boden zerstört. Unser Leben geriet aus den Fugen", erzählte die Frau. Als die Zusage aus Ladenburg kam, sorgte die Nachricht für eine Stimmungsaufhellung: "Das Selbstwertgefühl kehrte wieder zurück. Auch die Lebensfreude war wieder zu spüren."
Der Bürgermeister weiß, dass auch die in Ladenburg wohnenden Vertreter aus der Kunstgilde an der Situation arg zu knabbern haben. Stefan Schmutz wollte daher ein Zeichen setzen. In Ladenburg wurde ein Fonds aufgelegt, um die einheimischen Künstler in der Krise zu unterstützen. "Finanziell können wir keinen retten, aber die Unterstützung soll ein Signal sein", betonte Schmutz. Schließlich seien die Künstler aus den unterschiedlichen Bereichen eine Bereicherung für die Stadt. Schmutz wandelte den Titel "Back to Future" in seiner Einführungsrede in den Slogan "Zurück zur Normalität" ab. Der Bürgermeister bedauert, dass seit einem halben Jahr die kulturelle Vielfalt nur sehr eingeschränkt zu sehen sei. Seit ein paar Wochen sind die Galerien wieder aktiv, und auch die Ausstellung des Kunstvereins trage dazu bei, dass die Sehnsucht nach "Kunst-Live-Erlebnissen" in Ladenburg wieder befriedigt werden kann. Schmutz lobte den Verein für die Umsetzung des Hygienekonzepts und für die "beeindruckende Auswahl hochklassiger Werke", die dafür sorgen, ein Stück weit Normalität einkehren zu lassen. "Ihr Mut, eine solche Ausstellung zu organisieren, verdient Respekt", meinte Schmutz.
Die Lobesworte hörte die Vorsitzende gerne, denn sie gab offen zu, dass die Ausstellungsvorbereitung ein richtiger Kraftakt gewesen sei. Die Vorsitzende war ebenfalls beeindruckt von den ausgewählten Werken. Ein ausgestelltes Bild hatte für Hünermann-Neuert eine besondere Strahlkraft. Ein junges Mädchen hängt Wäsche auf einer Leine aus Stacheldraht auf. Die saubere Wäsche könnte für die vermeintlich gute alte Zeit stehen, und der Stacheldraht kommt einem in den Sinn, wenn man an die Luftverschmutzung, an gerodete Regenwälder oder an die wirtschaftliche Kälte denkt, die in unserem System viele Opfer zurücklässt.
Info: Die Ausstellung "Back to Future" im Ladenburger Domhof ist bis 11. Oktober zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch von 17 bis 20 Uhr. Samstag von 14 bis 17 Uhr und Sonntag von 11 bis 17 Uhr.