Hirschberger Maler

"Es hat mich immer gefunden"

Für Irmgard Mohr ist Malen "Seelenfutter".

13.09.2021 UPDATE: 14.09.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden
Irmgard Mohr variiert bei Materialien, Instrumenten und Techniken. Foto: Dorn

Von Christina Schäfer

Hirschberg-Leutershausen. Das fertige Werk, das kann man sich nicht vornehmen. "Das findet einen", ist Irmgard Mohr überzeugt. Während sie das sagt, steht sie in ihrem Atelier im Keller ihres Hauses. Hier stehen, hängen und liegen sie, die Werke, die sie gefunden haben. "Nicht gänzlich ungegenständlich", beschreibt Mohr die darauf zu sehenden Motive. Mal ist es nur in seiner Abstraktion, mal in einer verschwommenen Deutlichkeit dargestellt. Während sich andere Künstler nach Phasen des Experimentierens gerne in einem Stil einfinden, ist bei Mohr der werkelnden Hand keine Grenze gesetzt. Das gilt für alles. Von Erdfarbe bis zum Knallton, vom Papier bis zur Leinwand, vom Großformat bis zur Postkarte, vom Spachtel bis zum Pinsel – auf ihren Tischen mischen sich Instrumente wie Materialien. "Es ist der Moment, der entscheidet", beschreibt es Mohr.

Für sie ist es ein Gefühl, der den Prozess in Gang setzt. "Es gibt eine Künstlerin, die hat mal gesagt: ,Es malt mich’". Sie hat es sich gemerkt, weil dieser Satz auch für sie selbst gilt. Zu Beginn, wenn sie die Arbeit aufnimmt, wisse sie nicht, was entsteht. Und wenn es ihr am Ende nicht gefällt, sei das kein Problem: "Dann stelle ich es weg. Irgendwann hole ich es raus und denke: Aus dir mache ich was."Etwas aus etwas machen, Schönes entstehen lassen. Für Mohr ist das die Maxime für sich wie für ihren Werdegang.

Lange Zeit lebt sie zu Hause, hilft im elterlichen Haushalt, bis der Vater der schon weit über 20-Jährigen endlich den Besuch der Handelsschule erlaubt. Sie lernt einen Beruf, wird flügge, heiratet, wird Mutter, baut zusammen mit dem Ehemann ein Haus. Und sie beginnt, Möbel aufzuarbeiten. "Da hat es mich infiziert", beschreibt es Mohr. Die "Infektion" bringt sie in die Selbstständigkeit. Sie eröffnet einen Antiquitätenladen in Hirschberg. Mit dem Geschäft, den von ihr aufgearbeiteten Möbeln verschafft sie sich Renommee. Genug, um zu wachsen und ein größeres Ladengeschäft zu beziehen. Sie sagt auch, es sei ihr im Blut, vieles mutig anzugehen. Diesen Mut paart sie mit Schönheitssinn. Als sie ihr Geschäft, das sich nach mehreren Vergrößerungen am Ende über lange Jahre in Schriesheim befindet, 2007 aufgibt, überträgt sie Schönheit und Ästhetik auf ihren Garten. Sie besucht die Gartenakademie, legt selbst Hand an, lässt gestalten nach ihren Ideen – und öffnet die Pracht zu besonderen Anlässen für die Öffentlichkeit.

Auch an diesem Morgen streift die Künstlerin durch die grünen Flächen, zeigt das kleine Gartenhäuschen, das für sie ein Rückzugsort von der lauten Welt ist. Wenn sie heute malt, findet sie in diesem Garten eine Erholungspause. Auch dann, wenn sie parallel an verschiedenen Werken malt. "Frust und Freude", nennt Mohr zwei Tasten der Gefühlsklaviatur – sie malt sie sich von der Seele; und alle anderen auch. "Es ist Therapie", sagt sie.

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HIRSCHBERGER MALER

Eine Therapie, die schon in Kindheitstagen beginnt. Auf dem Speicher des elterlichen Hauses richtet sie sich ein Atelier ein, in dem sie malt. Sie nennt es ihre "Fluchtburg". Doch erst im hohen Alter findet sie zurück zu dieser Art der Kreativität. Den Ausschlag gibt 2011 ein Krankenhausaufenthalt. "In der Klinik gab es eine Ausstellung", erinnert sich Irmgard Mohr. Wieder zu Hause, probiert sie sich aus an den gesehenen Motiven – und beginnt ihren eigenen Stil zu finden. Sie belegt Kurse auf der Akademie Rotenfels und schwärmt von ihrem letzten bei Robert Zielasco. Hier sind auch die Bilder entstanden, die sie zur Ausstellung "Hoffnung" beisteuert. Die Motive seien ihr zugefallen, sagt Mohr. Eines davon zeigt ein Frauengesicht "wie eine Madonna", beschreibt es die Künstlerin. Das Gesicht wird durchströmt von einem goldenen Strahl, der von oben kommt.

Mohr will das nicht zwangsläufig in einen christlichen Bezug setzen. Glaube hat für sie nichts mit Kirche zu tun. Aber doch zeigt sich hier, dass freier Glaube und kirchliche Deutung durchaus deckungsgleich sein können. Frei – auch das ist eine Vokabel, die Mohr nutzt, um ihre Kunst zu beschreiben. Kunst muss für sie frei sein. Deswegen zwängt sie sich nicht in ein Korsett von Farben und Materialien. Für sie ist Malen "Seelenfutter".

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