In einer Besucherkabine können sich Bewohner des Seniorenzentrums und Angehörige, getrennt durch eine Plexiglasscheibe wieder aus der Nähe sehen. Fotos: Kreutzer
Von Marco Partner
Hirschberg-Großsachsen. Sie stehen unter einem besonderen Schutz: Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sind als sogenannte Hochrisikogruppe besonders von der Corona-Pandemie gefährdet. Doch die Isolation vor dem Virus geht auch mit einem Mangel an sozialen Kontakten einher. Seit vorletzter Woche ist die Besuchsbeschränkung auch im Seniorenzentrum am Turm etwas gelockert. Im Interview spricht Hausdirektor Ingo Pregartner über die neue Besucherkabine, über lang ersehnte Wiedersehen mit den Liebsten sowie Gespräche über die Straße und per Videotelefon.
Pregartner ist seit 2009 bei der Evangelischen Heimstiftung und eröffnete das Seniorenzentrum am Turm im Jahr 2012. Das Haus im Riedweg verfügt insgesamt über 49 Plätze.
Herr Pregartner, am 10. Mai war Muttertag. Wie ist dieser Ehrentag im Seniorenzentrum abgelaufen?
Natürlich nicht so wie in den anderen Jahren. Aber wir haben versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Viele Angehörige haben ihre Muttertagsgeschenke schon ein paar Tage vorher abgeliefert. Vom Haus gab es Rosen und Schokolade. Und auch die Besucherkabine wurde genutzt.
Was darf man sich unter diesen Besucherkabinen vorstellen?
Es ist eine circa zwei Meter hohe Kabine mit einer Plexiglasscheibe. Dort können die Bewohner und ihre Angehörigen seit vorletztem Freitag hineingehen und sich endlich wieder einmal aus der Nähe sehen, auch wenn sie eine durchsichtige Wand trennt. Es ist ein geschützter Raum und wird sehr gut angenommen.
Wie sind die Besuche geregelt, was gibt es zu beachten?
Mund- und Nasenschutz müssen auch in der Besucherkabine getragen werden. Zeitlich liegt der Rahmen momentan bei höchstens 30 Minuten, sonst kann man nicht allen Angehörigen einmal die Woche einen Termin anbieten.
Wie war in den letzten Wochen die Kommunikation im Seniorenzentrum möglich?
Als wir das komplette Besuchsverbot durchsetzen mussten, war die Kommunikation zwischen den Bewohnern und Angehörigen im Grunde nur noch an den Fenstern möglich. Manche haben von der Straße aus mit dem Mobiltelefon angerufen und sich dabei gesehen, andere haben direkt über die Straße kommuniziert. Wir haben auch relativ schnell per Tablet eine Videotelefonie angeboten, um den Bewohnern und Angehörigen die Möglichkeit zu geben, sich zu sehen und untereinander zu sprechen.
„Wir haben relativ schnell per Tablet eine Videotelefonie angeboten“, erzählt der Leiter des Seniorenzentrums am Turm, Ingo Pregartner.Wir wurde dieses Video-Live-Chatten von den Senioren angenommen?
Sehr unterschiedlich, teilweise ist es schwierig und viel Unterstützung vonnöten. Demente Bewohner haben es nicht so angenommen, andere können schon ganz gut damit umgehen. Daher wollen wir auch im digitalen Bereich noch etwas nachrüsten.
Wie sorgt man unter diesen erschwerten Bedingungen sonst für Ablenkung und Abwechslung im Bewohneralltag?
Wir hatten zum Beispiel den Posaunenchor und einen Musiker sowie eine Musikerin da, die uns aus Distanz – vom Garten aus – ein kleines Konzert gegeben haben. Die Bewohner konnten dann als Zuschauer von ihren Zimmern aus lauschen. Spaziergänge im Garten sind möglich, wenn auch leider nicht mit Angehörigen. Ansonsten wurden unsere hausinternen Programme in kleinere Gruppen oder Einzelaktivierung gelegt. Auch Denksportübungen oder Rommé-Kartenspielen sind in einzelnen Bereichen möglich.
Das Johanniter-Haus am Waldpark in Ladenburg ist beispielsweise von Corona-Infektionen betroffen. Wurden auch bei Ihnen Tests durchgeführt?
Das Spektrum der Erkrankungen in Pflegeheimen ist natürlich sehr groß. Wenn typische Symptome auftreten, entscheiden die Ärzte. Ab und an wird eine Testung durchgeführt. Es gab aber zum Glück noch keinen Corona-Fall.
Nicht nur Bewohner, auch das Personal muss sich gezielt schützen: Wie ist die Situation für die Pfleger, wie hat sich seit Corona der Berufsalltag gewandelt?
Da ist zum einen die Tatsache, dass keine Angehörigen mehr im Haus sind. Es ist eine große Herausforderung, mit den Bewohnern oft von der Tür aus zu kommunizieren und die Sachen von oder für Verwandte und Bekannte weiterzuleiten. Zudem haben sie sich daran gewöhnt, mit Mund- und Nasenschutz die komplette Schicht durchzuarbeiten.
Welche Fragen werden von den Bewohnern besonders häufig gestellt?
Die ganz große Frage ist: Wann kann ich meine geliebten Angehörigen wiedersehen? Wir haben viele Angehörige, die sehr regelmäßig zu Besuch gekommen sind. Das ist seit den Corona-Beschränkungen natürlich weggebrochen. Wie auch Spaziergänge über das Feld. Im April hatten wir wunderschönes Wetter, aber leider waren keine gemeinsamen Spaziergänge möglich.
Sind auch Paare voneinander getrennt?
Ja, wir haben viele Paare, bei denen der eine Partner bei uns lebt und die Frau oder der Mann zuhause. Auch sie können sich leider nur per Telefon sprechen und jetzt zumindest wieder durch die Glasscheibe sehen. Das ist ein kleiner, aber ich denke doch wichtiger Schritt. Ansonsten versuchen wir, den Alltag so natürlich wie möglich zu gestalten.