Sven Holland in der Weinheimer Radiostation in der Hauptstraße. Foto: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim. Als die RNZ am Freitag das Woinachtsradio einschaltet, geht es flott zur Sache. Es läuft der Abba-Titel "Voulez-vous". Klar wollen wir. Und die Hörer offenbar auch. Bei den Radiomachern um Sven Holland laufen seit Anfang des Monats E-Mails mit Musikwünschen ein, oft verbunden mit einem Dankeschön. Noch bis zum Neujahrstag ist das lokale Radioprogramm auf Sendung. Es soll denjenigen eine Freude machen, denen im Verlauf der diesjährigen Corona-Weihnacht das Maximum an Isolation droht: den Älteren. Und es bietet viel mehr als Musik.
Ideengeber und Anschubfinanziers sind die Aktiven der Alwine-Stiftung um Martina Schildhauer. "Die Idee war, ein Programm anzubieten, das speziell Menschen im Alter ab 75 Jahren erreicht", erklärt Sven Holland. Gebraucht wurde ein Medium, das diese Generation durchweg beherrscht: das Radio. Holland ist eigentlich als Kopf der Weinheimer Jugendmedien bekannt. Mit Seniorenthematiken ist er über ein Projekt befasst, das Ältere mit dem Internet vertraut macht – wobei Weinheims Jugend aktiv Hilfestellung leistet. Dieses Projekt läuft über den Stadtseniorenrat, der über einen Mittelsmann den Kontakt zu "Alwine" vermittelte.
Die Arbeit ging indes erst so richtig los, als das Woinachtsradio zumindest als Idee aus der Taufe gehoben war. Medienmacher Holland, ein Mitarbeiter sowie eine Profijournalistin steckten die Köpfe zusammen, auch Hollands Frau unterstützte sie. Gleichzeitig bekamen die Akteure der Weinheimer Seniorenarbeit Post, ebenso wie die Repräsentanten der künstlerischen Szene. Herausgekommen ist ein Programm, das praktisch ohne Wiederholungen auskommt. Die wenigen, die es gibt, sind Absicht: weihnachtliche Lesungen, unter anderem mit Starautorin Ingrid Noll.
Das Programm läuft täglich von 6 bis 22 Uhr, nur dienstags ist Sendepause. Das liegt daran, dass die Lizenz der Bundesnetzagentur sonst nicht für den ganzen Monat ausreichen würde. Einer der ersten inhaltlichen Punkte im Morgenprogramm ist der Frühsport mit Christine Noe-Knost, Trainerin bei der TSG Weinheim. Der Verein hat sich ins Zeug gelegt: So hat die TSG für jeden Sendetag eine Sportausgabe vorproduziert. Auch die Gastronomie macht mit, es gibt Radiobeiträge aus Weinheims Küchen.
Den Radionachmittag gestalten Autoren, wobei Weinheims Edel-Federn besondere Berücksichtigung erfahren. Außerdem kommen die Stadtführer, die Stadtbücherei und die Polizei zu Wort. Auch Gespräche über Gesundheitsthemen sowie Gedächtnistrainings rauschen über den Äther. Zur Teestunde ist das "kreative" Weinheim an der Reihe: Kunstschaffende haben ihre Arbeiten großzügig zur Verfügung gestellt. Abends sind die Kirchen dran, die auch morgens geistliche Impulse beisteuern. Auch OB Manuel Just kommt ins Radio, seine Weihnachtsrede wird dieses Jahr gesendet. Und selbstverständlich laufen auch Weihnachtsgottesdienste (siehe Artikel unten). Trotz des vielen freiwilligen Engagements ist so ein Radiobetrieb nicht zum Nulltarif möglich. Man denke nur an die Gebühren für die Rechteverwalter der Musiker und Autoren. Neben dem Anschub der Alwine-Stiftung gab es Gelder von der Stadt, vom Förderverein "Leben mit Demenz", vom Serviceclub "Round Table" und der Bürgerstiftung. Eine weitere Spende aus der Parteienlandschaft ist zugesagt.
Es lohnt sich. "Was wir zurückbekommen, ist ausschließlich positiv." Einige Hörer fühlen sich bei der Musikauswahl (Vierziger bis Siebziger) an ihre Kindheit erinnert, so Sven Holland. Tatsächlich laufen auch viele Hits in deutscher Sprache, etwa "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen" (Zarah Leander), aber auch weihnachtlicher Chorgesang. Und dann sagt eine freundliche Stimme, die der Journalistin gehören könnte, eine halbe Stunde Musik aus den 1960er Jahren an.
Info: Das Woinachtsradio ist in Weinheim über die Frequenzen 92,4 und 94,6 (MHz) zu hören. Und im Netz unter www.radio-weinheim.de. Dort gibt es auch das Programm.