Die in Neckarhausen gelegene Kläranlage hatte bislang als einzige kein Interesse bekundet, der Rhein-Neckar-Phosphor-Recycling Gesellschaft beizutreten. Jetzt hat der Gemeinderat beschlossen, dem Abwasserverband "Unterer Neckar" den Beitritt zu empfehlen. Foto: Pilz
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Bei drei Enthaltungen stimmte der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung dafür, dem Abwasserverband "Unterer Neckar" den Beitritt in die Rhein-Neckar-Phosphor-Recycling Gesellschaft zu empfehlen. Dem Verband gehören neben Edingen-Neckarhausen auch Ladenburg, Schriesheim, Heddesheim und Ilvesheim an.
Der Rat folgte damit einem gemeinsamen Antrag von UBL, SPD und den Linken. Diese Konstellation liege darin begründet, so UBL-Gemeinderat Dietrich Herold, dass alle drei Fraktionen mit jeweils einem Sitz im Kreistag vertreten sind. Man habe den Antrag gemeinsam gestellt, weil die in Neckarhausen gelegene Kläranlage bislang als einzige kein Interesse am Beitritt bekundet habe. Doch eine Bündelung der Kräfte sei bei der Klärschlammverwertung und dem Phosphor-Recycling sinnvoll. Durch die öffentliche Zusammenarbeit mit dem Rhein-Neckar-Kreis in Form einer gemeinsamen Gesellschaft erziele man bessere Preise, habe Entsorgungssicherheit und vermeide Klärschlamm-Tourismus. "Die Zusammenarbeit mit der AVR hat sich bislang für die Beteiligten immer rentiert", sagte Herold.
Eingangs hatte Thomas Brümmer von der AVR UmweltService die Hintergründe des Projekts erläutert und die Bedeutung von Phosphor betont. Ohne Phosphor funktioniere kein einziger biologischer Organismus und es drohe eine dramatische Lebensmittelkrise, weil Phosphor Hauptbestandteil von Düngemitteln sei. Klärschlamm indes ist eine der wichtigsten sekundären Quellen des endlichen Rohstoffs.
2017 beschloss der Bundestag eine Novellierung der Klärschlammverordnung, wonach eine bodenbezogene Verwertung verboten und zugleich für Kläranlagenbetreiber eine Pflicht zur Phosphor-Rückgewinnung festgeschrieben ist. Doch das bringe Probleme mit sich, so Brümmer. So reichten die Kapazitäten nicht aus, um Klärschlämme zum Beispiel in Müllverwertungsanlagen mit zu verbrennen. Zudem gebe es zu wenig geeignete Recyclinganlagen, was zu einem rasanten Preisanstieg in der Klärschlammverwertung geführt habe.
In den vergangenen zwei Jahren mussten Kläranlagenbetreiber pro Tonne Klärschlamm statt 60 rund 120 Euro ausgeben. In manchen Regionen Deutschlands spreche man bereits von einem Entsorgungsnotstand, so Brümmer weiter. Bei einem Zusammenschluss aller Kläranlagen im Rhein-Neckar-Kreis als gemeinsame Unternehmung könne man durch Bündelausschreibungen Kostenvorteile erzielen.
Die "Rhein-Neckar-Phosphor-Recycling GmbH & Co KG", deren Gründung im ersten Halbjahr 2020 vorgesehen ist, würde geschäftsführend von der AVR UmweltService Verwaltungs GmbH übernommen. Der Bau einer eigenen Recycling-Anlage ist nicht geplant. Anteile und Stimmrechte sollen nach Einwohnerzahlen gewichtet zu 99 beziehungsweise 74,9 Prozent bei den Kläranlagenbetreibern liegen.
Die Kosten für die rund 40.000 jährlich im Kreis anfallenden Tonnen Klärschlamm könnten sich zwischen 80 bis 100 Euro pro Tonne einpendeln, sagte Brümmer. Bislang hätten 15 Kläranlagen im Kreis Interesse bekundet. Elf unterzeichnete Vorverträge seien bereits eingegangen. Edingen-Neckarhausen ist bislang nicht dabei. "Sinn ist es, dass Edingen-Neckarhausen ein Signal an die anderen Kommunen aussendet, sich dem Verband anzuschließen", sagte SPD-Fraktionssprecher Thomas Zachler. Edgar Wunder (Die Linke) meinte, er sehe "keine guten Alternativen", es sei ein Risiko, sich jetzt nicht anzuschließen.
Bürgermeister Simon Michler sah diese Eile nicht. Der Verwertungsvertrag für die Verbandsanlage laufe noch bis Ende 2021. Dem Verband könne man auch später noch mit Dreiviertelmehrheit beitreten. Die anderen Bürgermeister-Kollegen seien auch nicht sehr euphorisch. "Aus den genannten Gründen. Wir gehen davon aus, dass der freie Markt das regeln wird." Auch Bernd Grabinger (CDU) zeigte sich etwas skeptisch. Bündelausschreibungen seien zwar gut, doch zeige die Erfahrung, dass man nicht immer bekomme, was man wolle. Er fand, man müsse das Thema ausgiebig mit den Verbandspartnern diskutieren, um dann ein einheitliches Bild abzugeben. Ulf Wacker (bis dahin noch Offene Grüne Liste) sprach vom Erkenntnisgewinn im Vergleich zur letzten Sitzung. Es überzeuge die OGL, dass hinter dem Zusammenschluss der Kreisräte ein "entschlossener Wille" stehe.
Michler sagte nach der Abstimmung zu, sich bei den Nachbarkommunen für den Beitritt einzusetzen.