Edingen-Neckarhausen

Gemeinde diskutiert über Entlassung der "Wawuschel"-Leiterin

Außerordentliche Gemeindeversammlung mit Erklärung der Gemeindespitze: Kommunikation soll nun besser werden

17.02.2019 UPDATE: 18.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden

Die außerordentliche Gemeindeversammlung in der evangelischen Lutherkirche Neckarhausen war gestern sehr gut besucht. Hatte doch die Kündigung der langjährigen Leiterin des "Wawuschel"-Kindergartens viele Menschen bewegt und Fragen aufgeworfen. Foto: Pilz

Von Nicoline Pilz

Edingen-Neckarhausen. Dass eine Kirchengemeinde eine außerordentliche Gemeindeversammlung einberuft, ist nicht alltäglich. Wenn sie dann noch so gut besucht ist, wie am Sonntagmittag in der evangelischen Lutherkirche Neckarhausen, ist das ebenfalls außergewöhnlich. Die außerordentliche Kündigung der langjährigen Leiterin des "Wawuschel"-Kindergartens habe Fragen aufgeworfen, die wiederum zur Einberufung dieser außerordentlichen Gemeindeversammlung geführt hätten, erklärte Manfred Klass, der als Vorsitzender gemeinsam mit Stellvertreterin Ulrike Wacker durch die Veranstaltung führte. Die Initiatoren der Versammlung hatten im Vorfeld einen Fragenkatalog zu Finanzen und Leitungshandeln eingereicht.

Zum Hintergrund: Im April 2018 berichtete die RNZ darüber, dass Eltern die Art und Weise, wie der langjährigen Fachkraft fristlos gekündigt wurde, beklagten und die Informationspolitik seitens der Kirchengemeinde und des Verwaltungs- und Serviceamts (VSA) Weinheim nicht für transparent befanden. Dem VSA obliegt seit 2012 die Geschäftsführung für den Kindergarten.

Vor dem Arbeitsgericht klagte die Leiterin auf Wiedereinstellung, es kam zu einem Vergleich. Er besagt unter anderem, dass die Kirchengemeinde an dem Grund, der zur Kündigung führte - sie habe angeblich das pädagogische Fehlverhalten einer Kollegin gedeckt -, nicht länger festhalten darf.

Stellungnahmen von Dekanin Monika Lehmann-Etzelmüller, von Kai Tröger-Methling, dem stellvertretenden Leiter des Referats Recht und Rechnungsprüfung im Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe sowie von Pfarrer Andreas Pollack und Margit Wunder seitens der Gemeindeleitung und des Kirchengemeinderats beanspruchten am Sonntag zunächst eine gute Stunde der Debatte. Die zeitliche Ungleichgewichtung zulasten der eigentlichen Aussprache verärgerte einige Anwesende.

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Nachfolgend Auszüge der Stellungnahmen und Antworten: Dekanin und Oberkirchenrat bestätigten der Gemeindeleitung einen korrekten Umgang mit der Personalie. Die Kündigung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Ob sie die einzige Möglichkeit gewesen sei, darüber gebe es unterschiedliche Bewertungen. Rechtlich sei eine öffentliche Behandlung von Personalangelegenheiten untersagt.

Pfarrer Andreas Pollack und Kirchengemeinderäte stellten sich hinter ihre Entscheidung, die sie wieder so treffen würden. Sie hätten sorgsam und mehrstufig gehandelt, die Folgen der Kündigung diskutiert und bedacht.

Selbstkritisch sprachen sie aber auch von einem "Ungleichgewicht an Informationen", darüber, dass sie möglicherweise "arrogant und desinteressiert" gewirkt hätten. Das Vertrauen sei zum Teil erschüttert - als Verantwortliche bedauerten sie das zutiefst.

Eine im Juli ausgeschiedene Kirchengemeinderätin erklärte, sie sei grundsätzlich dagegen gewesen, die Leiterin zwei Jahre vor deren Ruhestand zu kündigen. Nach außen habe sie das nicht vertreten wollen. Es habe sie erschreckt, zu welchen Aussagen und Handlungen es auch im Kirchengemeinderat gekommen sei. Sie wollte nicht Teil dieses Prozesses sein. Da die Verschwiegenheitspflicht aber auch nach ihrem Ausscheiden noch gelte, könne sie nicht mehr sagen. Per Handzeichen sprach eine Mehrheit der Versammlung dem amtierenden Kirchengemeinderat später das Vertrauen aus.

Pfarrerin Antje Pollack sagte, sie habe den Vorwurf einer "Mauer des Schweigens" nicht ausgehalten. Sie sehe heute, dass ihr Versuch, den "Blick auf die Beschädigten" zu weiten, mehr Schaden angerichtet habe. Ihr war vorgehalten worden, sie habe "sehr viele Details" in der Sache erzählt. Offen blieb am Sonntag, ob das vor oder auch noch nach dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht geschah.

Woher kommt nun das Geld für die Abfindung? Aus Rücklagen der Gemeinde. Das klang problemlos, war aber Gegenstand der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht. Damals erklärte die Kirchengemeinde noch, eine Abfindung von 40.000 Euro könne sie sich nicht leisten.

Wer zahlt rückwirkend die Gehälter der Erzieherin von März bis Oktober 2018, nachdem die fristlose Kündigung aufgehoben wurde? Hier ist die politische Gemeinde über die Betriebskostenvereinbarung mit der evangelischen Kirchengemeinde mit im Boot.

Wie geht es jetzt weiter? Der Wunsch, einen Schlussstrich unter den Konflikt zu ziehen, war hörbar. Einige Gemeindemitglieder sagten, das Thema sei erledigt, man müsse in die Zukunft schauen. Die Zukunft sei ihnen auch wichtig - es gehe aber darum, dass sich so etwas nicht wiederhole, erklärte namens der anderen Seite Ulrike Ohrt.

Es gebe zwei Lager, sagte Manfred Klass. Der Kirchengemeinderat sage, alles sei in Ordnung. Andere meinten hingegen, es gab keinen Grund zur Kündigung. Was der Richter am Arbeitsgericht ebenfalls so anklingen ließ.

Ein Fazit der Versammlung: Die Kommunikation soll besser werden, eine Gemeindeberatung ist inzwischen involviert. Der Konflikt unterschiedlicher Sichtweisen wird bleiben. "Das ist in Ordnung. Deshalb muss man nicht zu Feinden werden", sagte Dekanin Monika Lehmann-Etzelmüller.

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