Von Annette Steininger
Hirschberg. Neben der Landtagswahl durften die Wähler in Großsachsen und Leutershausen noch ein zweites Mal ihre Stimme abgeben. Soll der Gewerbepark gebaut werden oder nicht?
2595 (47,98 Prozent) wollten die Erweiterung verhindern.
2813 (52,02 Prozent) stimmten für den Beschluss des Gemeinderates.
Bürgermeister Ralf Gänshirt brach nicht in Jubel aus, als er am Sonntag, um kurz vor 20.30 Uhr, vor die Presse trat. Dabei hatten er und seine Mitstreiter, die Befürworter der Gewerbegebietserweiterung, eigentlich Grund zur Freude: Denn nach einem spannenden Wahlkrimi – knapp lagen mal die Befürworter, mal die Gegner vorne – stand beim Bürgerentscheid fest: Die Mehrheit der Wähler will die Erweiterung des bestehenden Gewerbeparks um zehn Hektar. 52,02 Prozent hatten mit Nein gestimmt bei der Frage:
"Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderats vom 20. 7. 2020 zur Aufstellung eines Bebauungsplans zur Erweiterung des Gewerbeparks Hirschberg Süd auf heutigen Ackerflächen aufgehoben wird?"
Diejenigen, die mit Ja stimmten und somit gegen die Erweiterung sind, kamen auf 47,98 Prozent. Damit lagen die Gegner 218 Stimmen hinter den Befürwortern. "Es ist ein eindeutiges Ergebnis, auch wenn man es sich deutlicher hätte wünschen können", sagte der Bürgermeister in einer ersten Reaktion. Er zeigte sich erleichtert, "dass wir ein Votum haben". Schließlich wurde das erforderliche Quorum von 20 Prozent, das für einen gültigen Bürgerentscheid erforderlich ist, erreicht. (Weitere Stimmen zum Ausgang des Bürgerentscheids lesen Sie weiter unten.)
Die hohe Wahlbeteiligung bei Bürgerentscheid und Landtagswahl fand der Bürgermeister "toll". Er war auch erleichtert, dass das Verfahren zur Gewerbegebietserweiterung nun weitergeführt werden kann. Wie es nun zeitlich weitergeht, konnte er noch nicht sagen. Denn im Vorfeld des Bürgerentscheids hatten alle Planungen geruht.
Im Juli vergangenen Jahres hatte der Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss zur Gewerbegebietserweiterung gefasst. Es formierte sich daraufhin die Bürgerinitiative "Bürgerbegehren Hirschberg", die erfolgreich Unterschriften sammelte, weshalb es am Sonntag nun zum Bürgerentscheid gekommen war. Vertrauensperson Manfred Maurer war aufgrund des Ergebnisses nicht enttäuscht, auch wenn sich die BI einen Sieg gewünscht hätte. Vielmehr sah er darin "einen Erfolg für das Bürgerbegehren" und "einen Erfolg für die Demokratie". Sie hätten nämlich einen Austausch der Argumente und einen Dialog erreicht. Maurer hofft, dass sich die Gemeinde dies als Anstoß nimmt und bei wichtigen Entscheidungen die Bürger im Vorfeld einbezieht.
Gänshirt reagierte darauf nachdenklich und emotional: So habe man nun schon zum zweiten Mal erleben müssen, wie ein Bürgerentscheid die Menschen entzweit. Er sei kein Gegner von Bürgerentscheiden, aber man sollte die Art und Weise überdenken, fand er und wollte damit auch ein Signal gen Landesregierung senden, die das Quorum für Bürgerentscheide herabgesetzt hatte. Jetzt müssten erst mal die entstandenen Gräben wieder zugeschüttet werden, wofür sich auch der Bürgermeister einsetzen will. Seinen Worten lauschte nur ein Grüppchen auf dem Rathaus-Vorplatz, darunter die Gemeinderäte Karlheinz Treiber (GLH), Thomas Scholz (SPD) und Thomas Götz (CDU) sowie Altgemeinderätin Eva-Marie Pfefferle (SPD). Dreimal fiel dann zwischenzeitlich die Übertragung auf dem Display im Rathausfoyer aus, das von außen einsehbar war.
Am Schluss aber funktionierte es, und die Kommunalpolitiker konnten entweder den Befürwortern aus Freien Wählern, CDU und FDP frohe Kunde überbringen oder mussten den Gegnern aus GLH und SPD erklären, dass die Gewerbegebietserweiterung nun doch kommt. Wobei die meisten eh vor dem heimischen Computer das Ergebnis verfolgten.
Was sagt die Kommunalpolitik zum Votum der Bürger? Erste Stellungnahmen zum Ausgang des Bürgerentscheids aus den Gemeinderatsfraktionen gab es noch am Wahlabend.
> Monika Maul-Vogt (GLH): "Wir hätten uns natürlich ein anderes Ergebnis gewünscht", sagte die GLH-Fraktionsvorsitzende. Von einer "Niederlage" wollte sie allerdings nicht sprechen, da die Entscheidung denkbar knapp ausgefallen sei. Das Ergebnis werde man respektieren und zur Grundlage der weiteren Arbeit machen. Jedoch solle das knappe Resultat nachdenklich stimmen. Für Bürgermeister Ralf Gänshirt stelle es zugleich eine Herausforderung dar, hier für einen Ausgleich zu sorgen. Mit dem Bürgerbegehren habe sich klar gezeigt, dass die Bürger bei wichtigen Entscheidungen mitbestimmen wollen.
> Werner Volk (Freie Wähler): "Ich bin glücklich, dass wir diese einmalige Chance nutzen können", war der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler froh über den Ausgang. Nun müsse man nicht über alternative Einnahmequellen für die Gemeinde nachdenken, wie etwa eine Erhöhung der Grundsteuer. Zukünftig gelte es, zumindest einen Großteil der Gegner einer Gewerbegebietserweiterung davon zu überzeugen, dass Hirschberg den richtigen Weg einschlägt. Erleichtert zeigte sich Volk ebenso darüber, dass trotz der teils "verzerrten Fakten" in den Diskussionen viele Wähler verstanden hätten, wie wichtig eine Gewerbegebietserweiterung für Hirschberg sei.
> Christian Würz (CDU): "Für die Gemeinde Hirschberg" freute sich der CDU-Fraktionsvorsitzende über das Ergebnis: "Wir können nun den Gewerbetreibenden, die zu uns kommen oder ihren Betrieb erweitern wollen, entsprechende Möglichkeiten geben." Es gelte jedoch, die verlorene Zeit wieder hereinzuholen und zügig etwa die Kriterien für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben sowie den Bebauungsplan festzulegen. Gleichzeitig betonte er, dass es keinesfalls eine Zufahrt zum Gewerbegebiet über die Heddesheimer Straße geben werde. Hier solle nur der Radweg ausgebaut werden und eine Notzufahrt entstehen.
> Thomas Scholz (SPD): "Mit unserem Ziel, die Erweiterung des Gewerbegebiets zu verhindern, waren wir nicht erfolgreich", gestand der SPD-Fraktionsvorsitzende ein – und gratulierte den Befürwortern der Erweiterung. Jedoch habe das Bürgerbegehren gezeigt, dass die Bevölkerung an Entscheidungen dieser Tragweite beteiligt werden wolle: "Dazu haben wir auch viel positives Feedback bekommen." Nun gelte es, aufgebrochene Gräben zu schließen.
> Oliver Reisig (FDP): Froh und erleichtert zeigte sich Reisig über den Ausgang. Die FDP habe für dieses Ergebnis gekämpft, wobei die Sachargumente die Wähler überzeugt hätten. Nun gelte es, viele Befürchtungen zur Gewebegebietserweiterung zu zerstreuen. "Wir müssen uns Gedanken machen, welche Betriebe wir im Gewerbegebiet haben wollen", blickte der FDP-Fraktionsvorsitzende auf die zukünftigen Aufgaben des Gemeinderats. (ze)
Update: Montag, 15. März 2021, 10.30 Uhr