Von Karin Katzenberger-Ruf
Ilvesheim. Man könnte sie einfach "Schmusebär" nennen. Die dreijährige Ella ist allerdings eine rassige Hundedame mit Stammbaum aus dem Geschlecht der "Glatthaar-Retriever" und hat überdies eine Ausbildung als Therapiehündin hinter sich. Seit einiger Zeit nimmt sie nun einmal pro Woche am Unterricht an der Staatlichen Schule für Blinde und Sehbehinderte in Ilvesheim teil.
Pamela Detrois, die an der dortigen Realschule Naturwissenschaften und Englisch unterrichtet, nimmt sie ab und zu in die eigenen Klassen mit. Aber ihre Hündin ist auch der Liebling in einer Unterrichtsstunde bei ihrem Kollegen Gunter Bratzel. Er betreut mehrfach behinderte Kinder, für die die Begegnung mit einem Vierbeiner eine besondere Herausforderung ist.
Einen Hund zu streicheln, sich dessen Spielzeugknochen apportieren zu lassen und ihn dafür mit "Leckerli" zu belohnen, bedeutet für sie oft auch eine körperliche Anstrengung. Fällt es dem 14-jährigen Lukas doch schon schwer, den Kopf aufrecht zu halten. Aber er hat für Ella gerade einen Kosenamen entdeckt, nennt sie ständig "braves Mädchen" und will unbedingt mir ihr zusammen auf der Matte liegend fotografiert werden. Matthias, 15 Jahre alt, hat eine gewisse Erfahrung mit Tieren und schmust zu Hause schon gern mal mit seinen Hühnern. Ella will er einfach "noch besser kennenlernen", wie er sagt.
Derweil ist die 14-jährige Sylvia inzwischen ganz locker, wenn sie Ella besagte "Leckerli" an die Hundeschnauze reicht. Ella, so sagt ihr Frauchen, ist eine ganz "Sanfte", wenn sich ihr Hände nähern. Spastische Lähmungen irritieren sie demnach nicht. Man kann ihr sogar das Fressen aus dem Maul nehmen, ohne dass sie aggressiv würde. Ängste abbauen, sprechen und dabei auch mal Kommandos geben, ungewohnte Bewegungen (wie das Werfen eines Hundeknochens) ausführen: Für geistig und körperlich behinderte Kinder ist es gut, wenn sie das spielerisch trainieren können.
Wenn Hündin Ella an der Staatlichen Schule für Blinde und Sehbehinderte zu Gast ist, trägt sie "Signalfarben" und ein orangefarbenes Halstuch mit der Aufschrift "Therapiehund im Einsatz." Die Kinder haben sie inzwischen richtig lieb gewonnen und kaum noch Berührungsängste. Mit einem "Tschüss, liebe Ella" verabschiedet sich Matthias von der Hündin. Er sagt sogar, er habe sie schon mal bellen hören. Das kann Gunter Bratzel so nicht bestätigen. Er kennt Ella vor allem schmatzend ... Schuld sind die Leckerli, die bei so einer Unterrichtsstunde reichlich verteilt werden. Doch Pamela Detrois hat das im Griff. Nicht dass Ella vor ihrem Schulbesuch auf Diät gesetzt würde, aber etwas weniger Futter als sonst bekommt sie vorher schon.
Schon seit etwa fünf Jahren gehen in der Schloss-Schule Ilvesheim Therapiehunde ein und aus. Schulleiterin Stephanie Liebers brachte ab 2007 Labrador Ben mit in den Unterricht für Geistigbehinderte und sah, wie positiv sich das auf die Schüler auswirkte. Im Sommer will nun auch die Schulpsychologin ihren Vierbeiner zum Therapiehund ausbilden lassen ...