Mit dem "Kinderroller" in die Halfpipe

Aus Amerika und Australien kommt der neue Trendsport "Stunt-Scootern". Mit einem kleinen Roller machen junge Sportler den Skatern und BMXern ihre Parks streitig

14.12.2012 UPDATE: 14.12.2012 13:17 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Scooter, Skateboard und BMX: Martin Siegl, Nick Ullmann, Chris Haas und Tim Stallbaum (v.l.) gemeinsam im Heidelberger Skatepark. Foto: Stefan Kresin
Von Sören Sgries

Es ist ein ungewohnter Anblick, der sich im Skatepark unter der Heidelberger Ernst-Walz-Brücke bietet. Und dabei erstaunt weniger, dass auch jetzt, bei eisigem Winterwetter, hier eine Handvoll Jugendlicher ihre Tricks übt. Überraschend sind ihre Sportgeräte. Neben Skateboard und BMX poltern nämlich auch kleine Roller über die Rampen. "Scootern" nennt sich dieser neue Sport - angeblich der kommende Trend in den Skateparks.

Martin Siegl (15) und Tim Stallbaum (16) sind zwei, die sich mit ihren Scooter-Künsten schon einen gewissen Ruf in der Szene aufgebaut haben. Fast mühelos erscheint es, wenn sie mit ihren Rollern über die Rampen springen, das Gerät in der Luft von sich strecken und dann wieder sicher auf den zwei Rollen landen. Da steckt jahrelange Übung hinter.

Als "Mischung aus BMX und Skateboard" beschreiben die beiden den Sport. Tatsächlich haben auch sie in diesen Disziplinen ihre ersten Erfahrungen gemacht. "Ich dachte mir dann, dass die BMX-Tricks bestimmt auch mit dem Scooter gehen", erinnert sich Tim. So tastete er sich dann an das ungewöhnliche Sportgerät Roller heran. "Am Anfang habe ich einfach alles einmal ausprobiert", erzählt er. Nach und nach hat er sich dann die passenden Tricks angeeignet. Von anderen abgucken konnte er sich im Skatepark ja nichts - von den älteren war niemand mit einem Roller in der Halfpipe unterwegs.

Martin fuhr zunächst Skateboard. "Aber das war mir irgendwann zu blöd", grinst er mit Blick auf die Skater, die dem Gespräch lauschen. "Skaten tut doch jeder". Also funktionierte er seinen kleinen Roller zum Stunt-Gerät um. Ein "Billo-Roller" war das, wie Martin im Rückblick sagt, der eigentlich nicht für die Belastungen gemacht war und entsprechend kurz hielt.

Denn die Stunt-Scooter haben außer der Form nur wenig gemeinsam mit den einfachen Rollern, auf denen sonst Kinder unterwegs sind. Das fängt schon bei der Bauweise an: Wo sich sonst die Lenkstange über ein Gelenk einklappen lässt, hält bei den Sportgeräten eine stabile Manschette Brett und Stange fest zusammen. Ein Gelenk würde bei den harten Sprüngen einfach brechen. Auch die Bretter sind oft zusätzlich verstärkt. Wie beim Skateboard macht "Griptape" die Oberfläche griffiger. Je nach persönlichen Vorlieben können auch die Radachsen verlängert sein, um - wie mit dem BMX - damit auf Kanten zu "grinden", also zu rutschen. Außerdem können die Lenkstangen je nach Körpergröße des Fahrers auch in der Höhe angepasst werden - wobei niedrige Stangen oft von Vorteil sind. "Da sehen die Sprünge dann einfach höher aus", verraten die Fahrer.

Die passenden Einstiegssets gibt es ab 100 Euro. "Highend"-Geräte kosten über 300 Euro. Außerdem muss man sich darauf einstellen, regelmäßig die Räder zu erneuern. Bei hohen Belastungen geben die meist zuerst den Geist auf. Zumindest um ihr Material müssen sich Tim und Martin aber erst einmal keine Sorgen machen. Als "Teamfahrer" werden sie von der "Skate Factory" in Wiesloch ausgestattet, die sich auf die Stunt-Scooter-Szene spezialisiert hat.

Doch so beeindruckend es auch aussieht, wenn die Jungs loslegen: Ihr Sport hat noch mit einem kleinen Imageproblem zu kämpfen: "Es ist halt ein Tretroller!", klagt Martin. "Im Park ist das okay, aber ich nehme ihn total ungern mit in die Schule", gesteht er. Da ist ihm sein Scooter ein bisschen zu sehr "Kinderkram", mit dem er nicht unbedingt gesehen werden möchte. Vielleicht ist auch deshalb die Szene sehr jung. Zwischen 12 und 21 sind die besten Fahrer, erzählen Martin und Tim. Kinder, die ohne mit der Wimper zu zucken auf ihrem Roller in die Halfpipe fahren und ein Salto schlagen, sind kein seltener Anblick.

In Heidelberg werden die Scooter-Fahrer aber respektiert. "Allein schon, weil man immer Angst hat, so ein Ding mal vor's Schienbein zu bekommen", scherzt Skater Nick Ullmann (20). Denn durch die Lenkstange haben die Fahrer zwar mehr Kontrolle über den Roller, brauchen aber auch mehr Platz für ihre Tricks.

Vor allem nötigt es Nick aber Respekt ab, wie anspruchsvoll das "Rollern" ist: Alles, was ihm auf dem Skateboard so leicht fällt, scheint plötzlich nicht mehr zu gelingen, als er sich selbst auf den Scooter wagt. Kleine Sprünge sind gerade noch drin, doch in der Luft den Lenker drehen, das Gerät vielleicht noch von sich strecken - keine Chance. "Es sieht so einfach aus, aber ist richtig schwer", zollt er den Scooter-Fahrern Respekt. "Kinderkram" ist es auf jeden Fall nicht, was die jungen Profis drauf haben.

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