Highland Games in Angelbachtal: Kraft allein ist nicht alles
Unser Autor Christian Beck warf beim Highland Games-Training Eisengewichte durch die Landschaft

Voller Einsatz im Schottenrock: Über 50 Disziplinen gibt es bei den Highland Games, hier sind die Jungs der Mac Maniacs Angelbachtal beim Baumstammslalom. Foto: René Gummert
Baumstämme fliegen durch die Gegend, kräftige Männer im Rock wuchten Eisen in luftige Höhen oder tragen brüllend und mit hochrotem Gesicht Steinkugeln und Fässer über den Rasen - das ist das Bild, das so mancher von den Highland Games hat. Und so falsch ist das gar nicht mal. Doch genügt viel Kraft und noch mehr Motivation, um hier etwas zu reißen? Beim Training der "Mac Maniacs", dem Verein für Highland Games in Angelbachtal, habe ich genau das probiert. Und bin dabei recht schnell an meine Grenzen gestoßen.
Nachdem meine zwei Ritte auf dem Bullen doch eher eine Angelegenheit von wenigen Sekunden waren, stand mir der Sinn beim nächsten Sportexperiment nach Kontrastprogramm: Ein wenig gemächlicher und lang anhaltender sollte es sein. Zudem möglichst ohne Verletzungen. Was die ersten beiden Aspekte angeht: Hier sind die Highland Games topp! Die Jungs und Mädels der Mac Maniacs trainieren hart, aber ohne jeglichen Stress. Wie heißt doch der alte Spruch: In der Ruhe liegt die Kraft.
Hmm, Kraft. Habe ich vielleicht ein bisschen. Gelegentliches Training in der Muckibude soll ja was bringen. Beim Blick auf die meisten meiner Trainingspartner wird mir jedoch schnell klar: Chancen habe ich keine. Stefan, der Vorsitzende des Vereins, hat ein Kreuz, dass er zum Reifenwechseln vermutlich keinen Wagenheber braucht. Und so sieht es überaus lässig aus, wenn er ein 25 Kilogramm schweres Eisengewicht über die 3,60 Meter hohe Latte wirft. "Weight for Height" nennt sich der Spaß. Zu deutsch schlicht Hochwurf, eine der über 50 möglichen Disziplinen bei den Highland Games.
Nun will auch ich mein Glück versuchen: "Du kriegst das Frauengwicht", erklärt mir Stefan. Na danke. Aber immerhin muss ich nur die Hälfte des Gewichts in die Höhe wuchten: 12,5 Kilogramm wiegt der Eisenblock samt Kette daran. So wie zuvor beobachtet, stehe ich mit gekrümmtem Rücken und angewinkelten Beinen unter der Latte. Fühle das glatte Metall in meiner Hand. Lasse die Kette vor- und zurückschwingen. Dann richte ich mich zügig auf, reiße gleichzeitig das Gewicht über meinen Kopf und versuche, im rechten Moment loszulassen. Klappt. Der Metallblock landet nicht auf meinem Kopf. Statt dessen segelt er über die Latte und landet mit einem dumpfen Schlag hinter mir auf der Erde.
Kurz nach dem ersten Erfolgserlebnis prasseln Tipps und Ratschläge auf mich ein: Beine und rechten Arm parallel strecken, rät mir Stefan. Und ich merke: Kraft allein reicht nicht. Vielmehr braucht es eine ganze Menge Technik bei den Highland Games. "Viele Mannschaften sind nicht so kräftig wie wir, sind aber trotzdem besser wegen ihrer Technik", bekräftigt auch René meinen Verdacht.
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Doch die richtige Technik muss trainiert werden. Das merke ich ganz extrem beim "Scottish Hammer". Der sieht in etwa so aus, als habe jemand eine Metallkugel an einen Besenstiel geklebt. Auch hier probiere ich mein Glück: Mit dem Rücken zur Wurfzone fasse ich den Stiel am äußersten Ende und lasse ihn über mir kreisen. Nach fast zwei Umdrehungen lasse ich los, sehe aber nicht, wohin das Ding fliegt. Der Scottish Hammer landet zumindest mal im markierten Bereich, der Wurf wäre also gültig. Die Weite? Zum Vergessen.
Doch nun packt mich der Ehrgeiz. "Komm’ Stefan, zeig’ mir, wie das geht", sage ich bestimmt. Der oberste Mac Maniac denkt nicht lange nach: "Du musst beim Schwingen Deinen ganzen Körper mitbewegen." Also wiege ich mich beim zweiten Versuch mit dem Hammer mit. Und siehe da: Er fliegt deutlich weiter.
Das ist es auch, was laut Stefan die Highland Games ausmacht: "Bei vielen Sportarten werden die anderen blöd, sobald du besser bist als sie. Aber hier gibt es keine Rivalität." So verteilten auch Konkurrenten bei Wettbewerben Tipps und Ratschläge.
Was braucht es also, um ein echter Highlander zu sein? "Ein gewisse Grundsportlichkeit", sind sich die Jungs und Mädels einig. "Neben Technik natürlich auch Kraft", fügen sie hinzu. "Und ein wenig Masse kann auch nicht schaden", geben sie zu. In der Tat, der ein oder andere aus der Trainingsgruppe trägt ein wenig Bauch vor sich her. Doch gerade bei Disziplinen mit Schwung sei das gar nicht verkehrt, erklären sie mir. So zum Beispiel bei "Weight for Distance", also dem Gewichtsweitwurf. In einer eleganten Drehung wird hier eine Eisenkugel mitsamt Kette über den Platz geworfen, die ein wenig an die Fußfesseln aus dem Wilden Westen erinnert. Bei mir sieht das weder elegant noch sportlich aus.
Schließlich habe ich mäßig viele Muskeln, kaum Bauch und noch weniger Technik. Dafür hatte ich eine Mange Spaß. Und ein Erfolgserlebnis: Beim Bogenschießen war ich Zweibester der Gruppe. "Es gibt oft eine Disziplin ohne Kraft. Damit nicht nur Brecher antreten", erklärt mir Stefan lachend.
Info: Vom morgigen Freitag bis Sonntag finden die Highland Games in Angelbachtal statt. Mehr unter www.highland-games.info. Die Mac Maniacs suchen noch Mitstreiter. Jeden Mittwoch ab 17 Uhr trainieren sie in Mühlhausen-Tairnbach. Infos unter www.mac-maniacs-angelbachtal.de oder Mac_Maniacs@yahoo.de.



