Jeff Goldblum: "Ich bin ein gewissenhafter Schauspieler"
US-Schauspieler Jeff Goldblum ist gerne Teil eines Ganzen. Im RNZ-Gespräch spricht er über seinen neuen Film und die Fortsetzungen von "Independence Day" und "Jurassic Park".

Herr Goldblum, worin besteht für Sie der Unterschied zwischen der Arbeit mit Wes Anderson und anderen Regisseuren? Wenn man sich "Grand Budapest Hotel" anschaut, könnte man meinen, es verläuft etwas steif.
Ich würde es nicht als steif bezeichnen, sondern als speziell. Dieses Wort gehört zu den wichtigsten in der Theatersprache. Es meint das, was genau man als Schauspieler und Geschichten-Erzähler auf der Bühne machen will. Aber ich verstehe, was Sie meinen. Ich halte Wes für einen der brillantesten, wichtigsten und ernsthaftesten Filmemacher. Er hat früh seine Handschrift entdeckt und diese konsequent weiterentwickelt. Zurzeit befindet er sich auf seinem künstlerischen Gipfel. Seine Ästhetik ist klar und sehr spezifisch und sehr erkennbar. Ich finde es sehr inspirierend, Teil dieses Prozesses zu sein. Es gibt aber noch etwas anderes, das seine Arbeit auszeichnet, das aber schwieriger zu beschreiben ist. Wes ist ein Freigeist.
Wie ist seine Beziehung zu Schauspielern?
Er vertraut und liebt Schauspieler. Wegen seiner besonderen Theater-Ästhetik möchte er, dass die Schauspieler seine Charaktere auf eine ehrliche, realistische, wahrhaftige und tiefe Weise darstellen. Als Schauspieler fühlt man sich bei ihm keinesfalls wie eine Marionette. Man bekommt eine Plattform, auf der man sich entfalten kann. Ganz nach dem Motto: ,Hey, das ist eine großartige Möglichkeit, mich auf eine Weise zu öffnen, wie ich es zuvor noch nie getan habe. Mal schauen, was ich einbringen kann, um den Charakter auszufüllen.' Schauen Sie sich zum Beispiel meine Figur in "Grand Budapest Hotel" an: Es gibt Leben unter der Oberfläche, Heldentum, Gewissen!
Die Dialoge des Films sind großartig und es sieht ganz danach aus, als hätten Sie Spaß daran gehabt.
Ich mag seine Wortkunst. Sie ist einzigartig, sehr klar, unverwechselbar und zudem sehr musikalisch. Überhaupt mag ich seine Musikalität. Ich wurde in der Technik der Improvisation ausgebildet und habe bereits einige improvisierte Filme gemacht. Oft heißt es: ,Tue genau das, aber sage es auf eine andere Weise.' Ich spielte auch in einigen Theaterstücken mit. Zuletzt wirkte ich in einigen Stücken mit, bei denen andere Regeln herrschten. Auf der Bühne muss man genau das sagen, was das Stück vorgibt. Es gibt viele Filmemacher, bei denen es ähnlich ist. Ich habe zum Beispiel nie mit den Coen-Brüdern zusammengearbeitet, aber es heißt, dass sie immer sehr nah am Drehbuch inszenieren. Zu den Aufgaben des Schauspielers gehört es, so zu spielen, als wäre der Text improvisiert. Das mag ich sehr. Ich arbeite sehr gewissenhaft, lerne meinen Text und arbeite dann damit.
Könnte man sagen, dass Wes Anderson ähnlich wie ein Theater-Regisseur arbeitet?
Wie bei Robert Altman sind auch bei Wes schon die Dreharbeiten ein Kunstwerk, weil er ein Humanist und Existenzialist ist. Er mag es, wenn ein Haufen Menschen an einem Film im Geiste der Brüderlichkeit arbeiten. Er genießt das und sorgt immer für die entsprechende Atmosphäre. Insofern ist diese Arbeitsweise tatsächlich dem Theater näher als dem Film, wo sich die Menschen kaum begegnen und nach der Arbeit in ihre Wohnwagen verschwinden. Das wollte er nicht. Bei ihm traf man sich jeden Tag zum Abendessen, das ein Koch zubereitet hat, was diese theaterähnliche Atmosphäre generiert.
"Grand Budapest Hotel" spielt in einem fiktiven Staat kurz vor Kriegsbeginn. Würden Sie Ihren Charakter vor diesem Hintergrund als naiv-optimistisch bezeichnen?
Der Film "Ein Leben für ein Leben - Adam Resurrected" zeigt, dass es Menschen in Deutschland gab, die dachten: ,So etwas kann hier nicht geschehen. Das ist einfach eine dunkle Macht. Das betrifft mich aber nicht.' Man kann natürlich sagen, dass das naiv war oder einfach der Logik der damaligen Zeit entsprach. Niemand konnte damals vorhersagen, was passieren und welche Ausmaße es haben wird. Auch "Grand Budapest Hotel" handelt davon. Mein Charakter hätte sich noch viel weiter gegenüber allem verschließen können, was um ihn herum passiert. Er hätte sich fragen können, was er machen kann, ohne sein Leben zu riskieren. Am Ende erkennt er aber, dass er alles riskieren muss.
Es heißt, Anderson ließ sich für den Film von Stefan Zweig inspirieren. War Ihnen dieser Autor bekannt?
Nein, das war er nicht, aber ich bin froh, dass ich so auf ihn aufmerksam wurde. Ich wollte wissen, inwiefern sich Wes' Denken mit dem von Zweig überschnitt. Er hatte einen Haufen alter Bücher über alte Hotels, die Epoche der Filmhandlung und möglicher Schauplätze. Außerdem hat er Filme mitgebracht, die ihn sehr inspirierten. Viele hatte ich noch nicht gesehen, so auch Ernst Lubitschs "Sein oder nicht sein", "Menschen im Hotel", "Rendezvous nach Ladenschluss", "Tödlicher Sturm" und Ingmar Bergmans "Das Schweigen", der eine surreale Geschichte in einem Hotel erzählt. Wir hatten DVD-Player in unseren Zimmern und so habe ich mir alle diese Filme angeschaut.
Was halten Sie davon, dass "Independence Day" und das "Jurassic Park"-Franchise fortgesetzt werden.
Ich war froh, dass ich mich zum Abendessen mit Dean Devlin [Produzent und Drehbuchautor von "Independence Day"; Red.] und Roland Emerich [Regisseur des Films] treffen konnte. Es war großartig, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie glauben, dass sie einige gute Ideen für die geplanten Fortsetzungen haben. Es klang für mich sehr interessant. Ich weiß nicht, was daraus wird. Niemand kann wissen, was das Publikum mag.
Soll die Fortsetzung dem ersten Teil ästhetisch verpflichtet sein oder neue Wege erschließen?
Ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht. Wir werden sehen. Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Es gibt ja nicht viele gelungene Film-Fortsetzungen. Ich mochte "Der Pate 2" (lacht). Wie schon gesagt, wir werden sehen, was passiert.